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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, die Debatte und auch der Antrag zeigen doch zwei Dinge: Zunächst einmal kriegen wir alle sehr schön das Prinzip AfD vor Augen geführt. Die AfD pickt sich ein Problem raus,
Ja, das ist auch unsere Aufgabe!)
das es auch durchaus gibt, macht es dann aber mindestens 50-mal größer, als es ist,
und garniert es am Ende mit dem kernigen Satz: „Wir sind die Einzigen, die sich darum kümmern“,
Genau! Von Ihnen wird es abgestritten!)
was im Übrigen auch falsch ist.
Das Zweite, was allerdings auch sichtbar wird – das will ich schon auch sagen –, ist die einsilbige Rhetorik der Ampel, die an mancher Stelle eigentlich nur noch darum ringt, die Tatenlosigkeit im Bereich der Migration zu kaschieren, indem zu schnell der Mechanismus kommt: Das ist alles populistisch, es gibt kein Problem, und wer dieses Problem anspricht, der macht die AfD stark.
Ich sage Ihnen: Beide Haltungen haben eine große Gemeinsamkeit, weil wir mit beiden Haltungen die Probleme und Fragestellungen rund um das Thema Migration in diesem Land nicht lösen werden.
Beifall bei der CDU/CSU
Abg. Nina Stahr [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] meldet sich zu einer Zwischenfrage)
– Frau Präsidentin, ich glaube, da gibt es eine Kollegin, die es nach einer Frage drängt.
Dann frage ich Sie, ob Sie eine Zwischenfrage zulassen.
Ja, das würde ich sehr gerne.
Dann danke ich, dass Sie mich darauf aufmerksam gemacht haben.
Danke, das ist sehr nett. Ich finde es großartig, dass wir als demokratische Parteien hier so gut in den Austausch kommen. Vielen Dank, Frau Präsidentin.
Ich habe tatsächlich großes Verständnis für vorher geschriebene Reden. Ich musste meine gerade auch ein bisschen umschreiben, weil Ihre beiden Kolleginnen da wirklich unfassbar konstruktiv unterwegs waren.
Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)
Dass wir hier als demokratische Parteien gemeinsam aufgetreten sind, um antimuslimischen Ressentiments entgegenzutreten, fand ich sehr gut.
Ich wollte jetzt aber doch noch einmal leicht kritisch nachfragen, ob Sie eigentlich meiner Kollegin und mir und auch den Kolleginnen und Kollegen von FDP und SPD zugehört haben. Wir sagen natürlich: Wir sehen das Problem, und wir müssen diesem Problem dringend begegnen, wenn in Einzelfällen – in Einzelfällen! – Eltern junge Kinder zwingen, das Kopftuch zu tragen. Wir haben gesagt, dem müssen wir mit Bildungsarbeit begegnen, dem müssen wir mit der Stärkung der Kinderrechte begegnen. Da wollte ich einfach einmal wissen: Haben Sie das gehört? Haben Sie Ihre Rede jetzt nicht schnell genug umschreiben können? Ich würde mich wirklich freuen, wenn wir als demokratische Parteien hier gemeinsam agieren.
Frau Kollegin, ich kann Sie beruhigen: Die Rede ist gar nicht vorformuliert,
Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
sondern ich mache mir immer Notizen, um die Debatte, ich sage jetzt mal, zusammenzufassen. Und ganz so eindeutig, wie Sie es gerade gesagt haben, war es ja eben nicht. Im Übrigen will ich Ihnen sagen: Ich stehe total auf den Kampf gegen antimuslimische Ressentiments, weil meine Frau Muslimin ist und meine Tochter im Übrigen auch.
Das überrascht jetzt, was?)
Deswegen ist mir diese Unterscheidung wichtig. Das Problem an der Debatte ist, dass Sie immer versuchen – das haben Sie gerade auch wieder getan –, jemanden mit Sätzen in die Enge zu treiben, die sich gut anhören,
aber am Ende des Tages dazu führen, dass wir anfangen, bestimmte Themen in dieser Debatte zu tabuisieren.
Das tun wir doch gar nicht!)
– Dazu komme ich gleich noch. – Deswegen: Überlegen Sie sich vielleicht das nächste Mal – bei aller Sympathie füreinander und auch für Ihre Wortmeldung – einen anderen Einstieg.
Beifall bei der CDU/CSU)
Ich glaube, wir brauchen eine Migrationspolitik der Mitte, eine Migrationspolitik mit Haltung und vor allem eine Migrationspolitik mit einem breiten gesellschaftspolitischen Konsens, weil wir nur dann die Kraft für eine grundlegende Neuausrichtung unserer Migrationspolitik haben werden. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das wird doch hier niemand mehr bestreiten können: Wenn wir heute ins Land schauen, wenn wir die Stimmung im Land aufnehmen und die Sorgen der Menschen ernst nehmen, dann ist das, was wir brauchen, eine Neuausrichtung der Migrationspolitik in diesem Land.
Das werden wir ohne gesellschaftspolitischen Konsens, den Sie mit ihrer Spaltung – –
Abg. Martin Reichardt [AfD] meldet sich zu einer Zwischenfrage)
– Herr Reichardt, Sie brauchen sich gar nicht zu melden. Vergessen Sie es doch!
Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Wahnsinn! Glauben Sie echt, dass ich von Ihnen eine Zwischenfrage zulasse?
Sie sind einfach ein ungehobelter Klotz, der hier nicht reingehört.
Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP und der Abg. Gökay Akbulut [DIE LINKE])
Meine Damen, meine Herren, diese Kraft werden wir nur mit einem breiten gesellschaftspolitischen Konsens aufbringen.
Wenn wir die Themen wie Kopftuch und Mehrfachehen durchexerzieren, dann muss man doch einfach mal sagen, dass es in der Vergangenheit doch nicht an den politischen Positionen dazu gefehlt hat, sondern es hat an der politischen Mehrheit dazu gefehlt. Dazu kam dann auch noch das, Frau Kollegin, was ich vorhin angesprochen habe, mit Verlaub: dass es natürlich so war, dass im Bereich Migration kritische Nachfragen immer wieder auch tabuisiert worden sind.
Zuruf der Abg. Lamya Kaddor [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Das Ganze ist an mancher Stelle im Übrigen einhergegangen mit einer, ich sage jetzt mal, regelrechten Ächtung von bestimmten Nachfragen. Und Entschuldigung, das haben auch die Medien bei uns im Land zum Teil betrieben. Das führte im Ergebnis dazu – auch das ist keine Neuerung –, dass wir bis 2016 gesellschaftspolitisch um das Thema Migration herum doch eine völlig andere Stimmungslage hatten, als wir sie nach dem Jahr 2016 und heute feststellen.
Ich will Ihnen dazu auch ein Beispiel nennen: mein Lieblingsthema in diesen Tagen, nämlich die Debatte um die deutsche Leitkultur, von der Union angestoßen 2004, von Horst Seehofer vor einigen Jahren wiederholt. Da haben wir doch genau diese Mechanismen erlebt. Das Ganze ist als rassistische Kampagne verunglimpft worden. Wir sind ja gar nicht in die Lage versetzt worden, mal zu erklären, was wir alles darunter subsumieren würden.
Heute in der Rückschau müssen wir sagen, dass der Ansatz eigentlich genau der Richtige war. Was soll denn eine deutsche Leitkultur anderes beinhalten als zum Beispiel das Existenzrecht Israels, kein Antisemitismus auf unseren Straßen, keine Mehrfachehen, keine Kinderehen, deutsche Predigten in den Moscheen und die Überzeugung, dass ein Asylbewerber, der ein Problem mit einer Integrationsberaterin hat, weil sie eine Frau ist, sich offensichtlich das falsche Land ausgesucht hat?
Beifall bei der CDU/CSU)
Ich würde mir wünschen, dass wir uns bei diesen Fragestellungen um das große Ganze kümmern. Ob Ihnen der Begriff der deutschen Leitkultur gefällt oder nicht,
Der ist irreführend, Herr Kollege! Der Begriff ist irreführend!)
er hat eins für sich: Er hat das große Ganze im Blick.
Das ist eben auch die tragische Nachricht für die AfD: Angestoßen wurde das von der Union 2004. Die Wahrheit ist also: Wir haben schon gewusst, wie es geht, da hat es Sie noch gar nicht gegeben.
Uns gibt es nur deshalb, weil Sie versagt haben! Hätten Sie es durchgezogen, gäbe es uns gar nicht!)
Wir haben dann, weil wir diese breite Ausrichtung mangels politischer Mehrheiten nicht hinbekommen haben, immer wieder versucht, einzelne Bausteine zu realisieren. Meine Kolleginnen und Kollegen, da sieht es insgesamt auch gar nicht so schlecht aus. Sie müssen mal sehen: Wir haben die erleichterte Ausweisung bei Sexualstraftaten umgesetzt. Wir haben die Nichtigkeit von Kinderehen durchgesetzt, obwohl der SPD-Bundesjustizminister Heiko Maas das anders gesehen hat und – Entschuldigung – auch die Grünen. Das Verbrennen von Flaggen haben wir in der letzten Legislaturperiode unter Strafe gestellt. Die FDP und die Grünen haben leider dagegengestimmt. Und wir haben nach den Erkenntnissen der Kölner Silvesternacht einen neuen Straftatbestand geschaffen: Übergriffe aus Gruppen. Wir als Union waren alles andere als untätig.
Wir würden uns mit Ihnen gemeinsam einen breiten Ansatz wünschen. Vielleicht haben wir in den nächsten Wochen und Monaten die Möglichkeit, das zu vertiefen.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Beifall bei der CDU/CSU
Die Reden Ihrer Kolleginnen waren konstruktiver!)
Zu einer persönlichen Erklärung erteile ich das Wort Martin Reichardt.
Der hat doch schon genug geredet!)