- Bundestagsanalysen
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir von der Union erkennen an, dass es für transgeschlechtliche Personen Rechtssicherheit und auch einen vereinfachten Weg zur Personenstandsänderung braucht.
Beifall des Abg. Falko Droßmann [SPD])
Die Haltung dieser Regierung allerdings, dass die Änderung des Vornamens und des Geschlechtseintrages vollkommen voraussetzungslos geschehen soll, teilen wir als Union ausdrücklich nicht.
Beifall bei der CDU/CSU)
Denn Ihr Gesetz, sehr geehrte Frau Paus, schafft mehr Unsicherheiten als Klarheiten. Es blendet die Folgewirkungen systematisch aus. Das betrifft den Sport, das Thema Identitätsverschleierung – es wurde schon angesprochen – oder die Frage der Frauenquoten. Und was besonders schwer wiegt: Es vernachlässigt die Schutzfunktion des Staates, insbesondere gegenüber Kindern und Jugendlichen.
Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD und des Abg. Robert Farle [fraktionslos])
Sehr geehrte Frau Paus, das Gesetz, das Sie hier als gesellschaftlichen Fortschritt anpreisen, lässt viele Menschen mit Kopfschütteln und mit Fragezeichen zurück. Das beginnt mit dem gesellschaftspolitischen Signal, das ihr Gesetz aussendet. Aus unserer Sicht ist Geschlecht nicht selbstbestimmt, sondern Schicksal, und das gilt insbesondere für transgeschlechtliche Menschen. Dass transgeschlechtliche Menschen nach Jahren einer verfassungswidrigen Praxis Selbstbestimmung gegenüber dem Staat einfordern, ist nachvollziehbar. Ihr Vorschlag jedoch versteht Geschlecht als etwas jenseits jeglicher biologischen Fundierung, und dieses Verständnis teilen wir ausdrücklich nicht.
Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD und des Abg. Robert Farle [fraktionslos])
Geschlecht ist immer biologisch fundiert und gerade nicht frei wählbar. Dass geschlechtliche Identität vom biologischen Geschlecht abweicht, war und ist für eine kleine Anzahl von Menschen schon immer Realität und häufig ein schweres Schicksal. Beiden Tatsachen muss der Gesetzgeber mit Ernsthaftigkeit gerecht werden. Er muss abwägen zwischen den legitimen Interessen der Betroffenen an Selbstbestimmung und den legitimen Interessen des Staates und der Gesellschaft an Verlässlichkeit des rechtlichen Geschlechts. Das Geschlecht stattdessen einseitig als selbstbestimmt zu deklarieren und den Rest dem freien Spiel der Kräfte zu überlassen, hat mit ausgewogener Politik wenig zu tun, Frau Paus.
Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD und des Abg. Robert Farle [fraktionslos]
In Zeiten der Gleichberechtigung!)
Daher appelliere ich an die bürgerlichen Vertreter in der SPD und auch in der FDP:
Gibt es da noch welche?)
Setzen Sie sich dafür ein, dass es eine staatliche Voraussetzung für die Ernsthaftigkeit und Dauerhaftigkeit der Personenstandsänderung und der Vornamensänderung gibt,
Das können Sie besser!)
dass es einen wirksamen Übereilungsschutz bei Kindern und Jugendlichen gibt. Sorgen Sie dafür, dass Familiengerichte einer Personenstandsänderung nur zustimmen, wenn dies dem Kindeswohl eindeutig am besten entspricht.
Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Robert Farle [fraktionslos])
Kollegin Wulf, gestatten Sie eine Frage oder Bemerkung aus der FDP-Fraktion?
Bitte.
Frau Kollegin Wulf, zunächst einmal vielen Dank für die wirklich ausgewogene Darstellung. Wir haben es heute schon anders gehört, und ich finde eine sachliche Auseinandersetzung hier sehr wohltuend.
Meine Frage bezieht sich darauf, dass Sie gesagt haben: Das rechtliche Geschlecht muss doch einen Unterschied machen. – Jetzt bin ich schon lange in der Politik, und ich arbeite so sehr für Gleichberechtigung, dass ich von Ihnen gerne erfahren würde, wo dieses jetzt neu bestimmte Kreuz, das man setzen kann, einen rechtlichen Unterschied macht, wo die Menschen anders bewertet werden als andere, wo sie vielleicht Vorteile haben. Denn so wie ich das sehe, ist dieses neue Gesetz nur ein Vorteil für diejenigen, die betroffen sind, und für alle anderen kein Nachteil.
Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Deswegen würde ich gerne die Erklärung von Ihnen hören, inwieweit ein rechtliches Geschlecht im Jahr 2023 Unterschiede macht.
Vielen Dank, Frau Kollegin, für die Frage. – Ich glaube, Sie haben nicht ganz genau zugehört. Mein Appell war: Ich glaube, es ist wichtig, dass der Staat die Dauerhaftigkeit und die Ernsthaftigkeit der Entscheidung desjenigen, der zum Standesamt geht und dort einen anderen Geschlechtseintrag verlangt, noch einmal prüft. Die rechtlichen Folgewirkungen dessen – wir werden das im Ausschuss ja noch diskutieren – sind vielfältig. Denken Sie nur alleine an den Bereich des Sports, an die Wettbewerbssystematiken, die dadurch betroffen sind.
Das stimmt einfach nicht!)
Wir haben auch mit den Sportverbänden darüber gesprochen. Auch dort gibt es eine ganze Menge Folgewirkungen.
Beifall bei der CDU/CSU und der AfD
Das ist einfach falsch!)
– Bitte schütteln Sie nicht den Kopf, sondern lassen Sie uns das ernst nehmen, und lassen Sie uns wirklich jeden Bereich einmal genau angucken. Es gibt diese Folgewirkungen – ich glaube, es ist auch gerade Ihre Verantwortung als regierungstragende Fraktion, diese wirklich ernst zu nehmen –, sonst würden wir nicht so vielfach darauf angesprochen. Diese Unterschiede sind weiterhin da, und sie spielen auch weiterhin eine Rolle. Deshalb müssen sie auch bei einem solchen Gesetz berücksichtigt werden.
Beifall bei der CDU/CSU
Genau im Sport, genau bei den Frauenhäusern
überall macht das eben keinen Unterschied! Und wir haben uns eben vorher damit auseinandergesetzt!)
– Frau Kollegin, wir haben uns auch damit auseinandergesetzt. Selbstverständlich macht das einen Unterschied. Aber es gibt ja auch noch andere Bereiche.
Rechtlich! Es geht um das Rechtliche!)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich würde zum Schluss meiner Rede – ich freue mich auf die Auseinandersetzung im Ausschuss, auch mit Ihnen, Frau Kollegin – gerne noch einige persönliche Worte loswerden. Ich glaube, wir sollten uns gemeinsam schützend vor all diejenigen stellen, die jetzt – vielleicht auch aufgrund dieser Debatte – und in den kommenden Tagen Ziel von billiger Häme und von Hass werden. Die Verunglimpfungen, die wir auch heute wieder aus den Reihen der AfD-Fraktion gehört haben, lehnen wir zutiefst ab.
Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der FDP und der LINKEN
Zuruf des Abg. Martin Reichardt [AfD])
Es muss unser aller Ziel sein, dass auch transgeschlechtliche Menschen Teil dieser Gesellschaft sein können, ohne dass ihr Schicksal zu Ausgrenzung und zu Hass führt. Dafür braucht es eine breite gesellschaftliche Anerkennung für ihre Situation. Auch daran sollten Sie Ihr Gesetz messen lassen.
Vielen Dank.
Beifall bei der CDU/CSU)
Für die SPD-Fraktion hat nun der Kollege Jan Plobner das Wort.
Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)