Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir von der Union erkennen an, dass es für transgeschlechtliche Personen Rechtssicherheit und auch einen vereinfachten Weg zur Personenstandsänderung braucht. Die Haltung dieser Regierung allerdings, dass die Änderung des Vornamens und des Geschlechtseintrages vollkommen voraussetzungslos geschehen soll, teilen wir als Union ausdrücklich nicht. Denn Ihr Gesetz, sehr geehrte Frau Paus, schafft mehr Unsicherheiten als Klarheiten. Es blendet die Folgewirkungen systematisch aus. Das betrifft den Sport, das Thema Identitätsverschleierung – es wurde schon angesprochen – oder die Frage der Frauenquoten. Und was besonders schwer wiegt: Es vernachlässigt die Schutzfunktion des Staates, insbesondere gegenüber Kindern und Jugendlichen. Sehr geehrte Frau Paus, das Gesetz, das Sie hier als gesellschaftlichen Fortschritt anpreisen, lässt viele Menschen mit Kopfschütteln und mit Fragezeichen zurück. Das beginnt mit dem gesellschaftspolitischen Signal, das ihr Gesetz aussendet. Aus unserer Sicht ist Geschlecht nicht selbstbestimmt, sondern Schicksal, und das gilt insbesondere für transgeschlechtliche Menschen. Dass transgeschlechtliche Menschen nach Jahren einer verfassungswidrigen Praxis Selbstbestimmung gegenüber dem Staat einfordern, ist nachvollziehbar. Ihr Vorschlag jedoch versteht Geschlecht als etwas jenseits jeglicher biologischen Fundierung, und dieses Verständnis teilen wir ausdrücklich nicht. Geschlecht ist immer biologisch fundiert und gerade nicht frei wählbar. Dass geschlechtliche Identität vom biologischen Geschlecht abweicht, war und ist für eine kleine Anzahl von Menschen schon immer Realität und häufig ein schweres Schicksal. Beiden Tatsachen muss der Gesetzgeber mit Ernsthaftigkeit gerecht werden. Er muss abwägen zwischen den legitimen Interessen der Betroffenen an Selbstbestimmung und den legitimen Interessen des Staates und der Gesellschaft an Verlässlichkeit des rechtlichen Geschlechts. Das Geschlecht stattdessen einseitig als selbstbestimmt zu deklarieren und den Rest dem freien Spiel der Kräfte zu überlassen, hat mit ausgewogener Politik wenig zu tun, Frau Paus. Daher appelliere ich an die bürgerlichen Vertreter in der SPD und auch in der FDP: Setzen Sie sich dafür ein, dass es eine staatliche Voraussetzung für die Ernsthaftigkeit und Dauerhaftigkeit der Personenstandsänderung und der Vornamensänderung gibt, dass es einen wirksamen Übereilungsschutz bei Kindern und Jugendlichen gibt. Sorgen Sie dafür, dass Familiengerichte einer Personenstandsänderung nur zustimmen, wenn dies dem Kindeswohl eindeutig am besten entspricht. Bitte. Vielen Dank, Frau Kollegin, für die Frage. – Ich glaube, Sie haben nicht ganz genau zugehört. Mein Appell war: Ich glaube, es ist wichtig, dass der Staat die Dauerhaftigkeit und die Ernsthaftigkeit der Entscheidung desjenigen, der zum Standesamt geht und dort einen anderen Geschlechtseintrag verlangt, noch einmal prüft. Die rechtlichen Folgewirkungen dessen – wir werden das im Ausschuss ja noch diskutieren – sind vielfältig. Denken Sie nur alleine an den Bereich des Sports, an die Wettbewerbssystematiken, die dadurch betroffen sind. Wir haben auch mit den Sportverbänden darüber gesprochen. Auch dort gibt es eine ganze Menge Folgewirkungen. – Bitte schütteln Sie nicht den Kopf, sondern lassen Sie uns das ernst nehmen, und lassen Sie uns wirklich jeden Bereich einmal genau angucken. Es gibt diese Folgewirkungen – ich glaube, es ist auch gerade Ihre Verantwortung als regierungstragende Fraktion, diese wirklich ernst zu nehmen –, sonst würden wir nicht so vielfach darauf angesprochen. Diese Unterschiede sind weiterhin da, und sie spielen auch weiterhin eine Rolle. Deshalb müssen sie auch bei einem solchen Gesetz berücksichtigt werden. – Frau Kollegin, wir haben uns auch damit auseinandergesetzt. Selbstverständlich macht das einen Unterschied. Aber es gibt ja auch noch andere Bereiche. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich würde zum Schluss meiner Rede – ich freue mich auf die Auseinandersetzung im Ausschuss, auch mit Ihnen, Frau Kollegin – gerne noch einige persönliche Worte loswerden. Ich glaube, wir sollten uns gemeinsam schützend vor all diejenigen stellen, die jetzt – vielleicht auch aufgrund dieser Debatte – und in den kommenden Tagen Ziel von billiger Häme und von Hass werden. Die Verunglimpfungen, die wir auch heute wieder aus den Reihen der AfD-Fraktion gehört haben, lehnen wir zutiefst ab. Es muss unser aller Ziel sein, dass auch transgeschlechtliche Menschen Teil dieser Gesellschaft sein können, ohne dass ihr Schicksal zu Ausgrenzung und zu Hass führt. Dafür braucht es eine breite gesellschaftliche Anerkennung für ihre Situation. Auch daran sollten Sie Ihr Gesetz messen lassen. Vielen Dank.