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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal: Ich stehe hier anstelle des Kollegen Fritz Güntzler, der erkrankt ist, und ich wünsche ihm von dieser Stelle gute Besserung.
Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der FDP und der LINKEN)
Wir setzen heute die Mindestbesteuerungsrichtlinie der Europäischen Union in nationales Recht um. Das Ganze hat eine zehn Jahre lange Vorgeschichte. Damals hat man auf OECD- und G-20-Ebene verabredet, 15 sogenannte Punkte gegen Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung zu verabschieden. Wir haben 2017 bereits völkerrechtliche Verträge dazu unterzeichnet, dass wir das auch national umsetzen wollen. Das BEPS-Projekt ist 2019 mit zwei Säulen gestartet. Die Säule zwei ist die Mindestbesteuerung, über die wir heute hier reden. Insofern, glaube ich, ist es ein bisschen kleinteilig, wenn man hier parteipolitische Diskussionen führt. Es geht um die Frage: Wie bringen wir unseren Wirtschaftsstandort an der Stelle in eine vernünftige Position?
Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Katharina Beck [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Wir unterstützen dieses Projekt, das BEPS-Projekt insgesamt und wollen deshalb weltweit ein Mindestbesteuerungsniveau von 15 Prozent durchsetzen. An der Stelle will ich gleich die Bemerkung machen: Zwei Drittel der Staaten machen mit. Da ist weltweit noch einiges zu tun. Deshalb rufe ich uns dazu auf, dass wir das anpacken. Da geht es insbesondere um die Vereinigten Staaten von Amerika; denn wenn die Vereinigten Staaten nicht mitmachen, ist es ziemlich wenig wert, was wir hier heute tun. Also, das ist ein Punkt, den wir dringend anpacken sollten.
Beifall bei der CDU/CSU)
Wir werden, Herr Mordhorst, dem Gesetz zustimmen. Wir hätten uns allerdings an der einen oder anderen Stelle mehr gewünscht; das will ich deutlich sagen.
Ich fange mal an beim Thema Bürokratie. Einmaliger Erfüllungsaufwand: 322 Millionen Euro für die Unternehmen; laufender Erfüllungsaufwand: 40 Millionen Euro. An der Baustelle hätte man Bürokratie deutlich reduzieren und trotzdem die Mindestbesteuerung einführen können.
Ich will Ihnen Beispiele dazu nennen.
Zum Thema „White List“ in der Europäischen Union. Wir haben einen Durchschnittssatz von 21,3 Prozent bei den Unternehmensteuern. Es ist nicht nachvollziehbar, dass wir bei Staaten, die deutlich höhere Steuersätze haben, auch diese Kontrollmaßnahmen durchführen. Ich nenne das Thema Safe-Harbor-Regelung. Warum haben wir nicht die OECD-Regelungen vollständig in unser nationales Recht übernommen? Also, man hätte sehr wohl Bürokratie zurückführen können und trotzdem diese Mindeststeuer hier in Deutschland zur Umsetzung bringen können.
Beifall bei der CDU/CSU)
Ich will zum Verfahren sagen: Ich finde es als Demokrat und gewählter Parlamentarier schon ein bisschen merkwürdig, wie das Ganze hier läuft. Ausgangspunkt ist die OECD. Die OECD ist ein Verein, und dieser Verein hat Vorschläge gemacht. Da sitzen keine gewählten Parlamentarier. Das ist der erste Punkt. Der zweite Punkt: Dann kommt die Europäische Kommission bzw. die EU, die im Bereich der direkten Steuern keinerlei Kompetenz hat, und maßt sich an, ohne Kompetenzgrundlage eine Richtlinie zu verabschieden. Ich bin sehr gespannt, wie das von Menschen, die sich in der Juristerei auskennen, irgendwann mal bewertet werden wird. Auch das hochgradig fragwürdig.
Durch diesen Weg zementieren wir uns allerdings als nationaler Gesetzgeber; denn diese Richtlinie ist in der Zukunft nur einstimmig zu ändern. Das heißt, wenn wir Anpassungsbedarf haben, dann müssen wir alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union von diesem Anpassungsbedarf überzeugen. Deshalb sage ich mal: Man hätte hier auch einen anderen Weg gehen können. Warum haben wir nicht das Selbstbewusstsein, als Deutscher Bundestag zu sagen: „Wir setzen das alleine um. Wir brauchen dazu keine EU-Richtlinie“? Ich kann mir das an dieser Stelle nicht erschließen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Beifall bei der CDU/CSU)
Es gibt einige Punkte, bei denen man deutlich besser hätte werden können. Wir haben die Sondersituation der Personengesellschaften in Deutschland. Ich bin der Meinung: Auch da hätte man bessere Regelungen für diese deutsche Besonderheit finden können. Bei der Frage, inwieweit die technischen Anforderungen bei der Datenübermittlung präzise genug sind, gibt es Optimierungsbedarf, und auch bei der Frage „Wie gehen wir denn mit latenten Steuern um?“ hätte es noch Verbesserungsbedarf gegeben. Das heißt, es ist schön, dass wir das umsetzen. Aber aus meiner Sicht gibt es durchaus die Möglichkeit, besser zu werden.
Ich höre hier diese Zahlen dazu, welchen Steuermissbrauch wir durch dieses Gesetz beseitigen. Ich finde es phänomenal, wenn dann im Gesetzentwurf steht: Steuermehreinnahmen 20 Millionen Euro. Im Vergleich zu den 30 Milliarden Euro, die genannt worden sind: ziemlich bescheiden. Wenn man dann noch genauer liest, dass Bund und Länder 160 Millionen Euro Mehreinnahmen haben, dann fragt man sich: Wo kommen die eigentlich her, –
– wenn es insgesamt nur 20 Millionen Euro sind? Man greift den Kommunen in die Tasche. Ich muss sagen: Das kann ich an der Stelle nicht ganz nachvollziehen.
Es hätte besser sein können. Insofern: Fahren Sie den Jubel etwas zurück! Schön, dass wir die Mindestbesteuerung haben. Aber der Jubel ist, glaube ich, ein bisschen überzogen.
Beifall bei der CDU/CSU)
Danke sehr. – Ich komme noch einmal kurz zu Tagesordnungspunkt 29 b zurück. Die Zeit der namentlichen Abstimmung ist gleich vorbei. Ist ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine Stimme noch nicht abgeben konnte? – Ich sehe Abgeordnete rennen. So eilig war es noch gar nicht.
Ich gebe jetzt das Wort der Kollegin Deborah Düring für Bündnis 90/Die Grünen.
Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)