Zwischenrufe:
0
Beifall:
11
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer! Niemand gibt leichter Hand seine Freiheit auf. Ein selbstbestimmtes Leben zu führen, ist für Menschen ein wesentlicher Teil ihrer Identität. Aber ein Unfall oder eine Krankheit können sehr schnell dazu führen, dass wir auf einmal unsere rechtlichen Angelegenheiten nicht mehr selber regeln können. Dann brauchen wir die Hilfe anderer.
Betreuerinnen und Betreuer und die Betreuungsvereine leisten diese Hilfe, auf die viele Menschen in Deutschland jeden Tag angewiesen sind. Ich möchte an dieser Stelle all jenen danken, die ihren Mitmenschen auf diese Weise zur Seite stehen. Sie leisten einen wertvollen Beitrag zum Gelingen unseres Gemeinwesens.
Beifall bei der FDP, der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Nun befinden wir uns aber in einer Situation, in der diejenigen, die helfen, selbst auf Hilfe angewiesen sind. Denn durch inflationsbedingte Kostensteigerungen kommt es aktuell bei den Betreuungsvereinen, aber auch bei Berufsbetreuern zu wirtschaftlichen Notlagen. Zum Teil ist ihre Existenz bedroht. Besonders bedrohlich ist die Lage bei den Betreuungsvereinen. Sie bezahlen ihren Berufsbetreuerinnen und Berufsbetreuern überwiegend Tarifgehälter. Das bedeutet, dass sie in den nächsten zwei Jahren eine Gehaltssteigerung von durchschnittlich über 7 Prozent stemmen müssen. Eine solche Kostensteigerung ist für viele Vereine existenzgefährdend.
Die Betreuungsvereine leisten Unverzichtbares. Sie gewinnen ehrenamtliche Betreuerinnen und Betreuer, sie beraten sie fachlich, und sie unterstützen sie. Das Betreuungssystem steht vor allem im ländlichen Raum vor existenziellen Problemen, wenn diese Vereine wegbrechen würden. Ein Vereinssterben hätte auch deshalb negative Folgen, weil man Dinge, die einmal weggebrochen sind, nicht so ohne Weiteres wiederherstellen kann.
Aber auch selbstständige Berufsbetreuerinnen und -betreuer sind betroffen. Wenn sie wegen der Kostensteigerung ihre Tätigkeit aufgeben, verschärft sich der Betreuermangel, den wir ohnehin schon haben. Unterstützungsbedürftige Bürger hätten es dann noch schwerer, die Unterstützung zu erhalten, die ihnen zusteht. Hier möchten wir gegensteuern.
Eine Überprüfung der Vergütung für berufliche Betreuer ist erst für Ende 2024 vorgesehen. Die Situation ist die, dass etwa 90 Prozent der Betreuungsvergütung aus den Landesjustizhaushalten gezahlt werden, weil die Betreuten mittellos sind. Das ist uns allen durchaus bewusst, und deshalb wollen wir nicht einfach jetzt schon die Vergütung dauerhaft erhöhen.
Deshalb werbe ich für eine ganz pragmatische Lösung,
Beifall bei Abgeordneten der SPD)
die, wie ich glaube, allen Interessen hier Rechnung trägt, und zwar für einen kurzfristig wirkenden Inflationsausgleich als Sonderzahlung von 7,50 Euro pro Monat und geführter Betreuung. Das ist leistungsgerecht, einfach und transparent, und damit federn wir die Inflation ein Stück weit ab.
Antrag und Auszahlung der Gelder wären unbürokratisch. Man würde kein neues, kompliziertes Verfahren dafür brauchen. Die Evaluierung Ende kommenden Jahres wird dadurch nicht vorweggenommen. Die Zahlung erfolgt lediglich für einen Übergangszeitraum von zwei Jahren bis Ende 2025. Und danach kann dann eine echte Reform der Betreuervergütung in Kraft treten, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Auch die ehrenamtlichen Betreuerinnen und Betreuer vergessen wir nicht. Sie sollen nach dem Entwurf als Inflationsausgleich pro Jahr und Fall 24 Euro bekommen. Bevor jetzt gesagt wird: „Das ist ja nur symbolisch“, möchte ich sagen: Es kann nicht sein, dass diese Menschen auf gesteigerten Fahrtkosten oder Sachkosten sitzen bleiben. Ich glaube, es ist auch eine Frage des Respekts und der Anerkennung, die wir diesen Menschen schulden, meine sehr geehrten Damen.
Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Es besteht also dringender Handlungsbedarf. Ein pragmatischer Vorschlag liegt auf dem Tisch. Der Betreuerinflationsausgleich ist eine effektive und kostenbewusste Übergangslösung. Wir sichern so zuverlässig die Funktionsfähigkeit des Betreuungswesens in den nächsten zwei Jahren. Ich hoffe deshalb auf wohlwollende Beratung.
Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Das Wort geht an Wilfried Oellers für die CDU/CSU-Fraktion
Beifall bei der CDU/CSU)