- Bundestagsanalysen
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir Christdemokraten glauben daran, dass es nicht der Staat ist, der für alles eine Lösung bereitstellen muss. Wir glauben an die Problemlösungskräfte unserer Gesellschaft und daran, dass die besten Lösungen dann entstehen, wenn Staat, Wirtschaft und Gesellschaft gut zusammenwirken. Wir glauben, dass es nicht sinnvoll ist, eine Lösung von oben vorzugeben, sondern wir denken den Staat von unten nach oben, nach dem Subsidiaritätsprinzip. Wir glauben, dass die beste Lösung die ist, die vor Ort entwickelt wird.
Beifall bei der CDU/CSU)
Wir sind der Meinung, dass der Zusammenhalt in unserer Gesellschaft nicht einfach da ist, sondern dann entsteht, wenn sich Menschen engagieren – jeden Tag. Wir glauben an die Kraft der Innovation, dass Neues und Besseres entsteht, wenn man Kreativität und Leistungsbereitschaft verbindet und wenn man den Mut hat, Neues auf den Weg zu bringen. Um all das geht es beim Thema „Soziale Innovationen“, das wir heute in der Primetime des Deutschen Bundestags diskutieren.
Soziale Innovationen sind wertvoll – wie wertvoll, das haben wir in den letzten Jahren vielfach gesehen: in der Coronakrise, in den Flüchtlingskrisen. Große Krisen bringen sehr schnell neue Probleme auf die Bildfläche oder verstärken alte. Darauf braucht es schnelle Antworten und konkrete Lösungen. Soziale Innovationen nehmen auch die großen gesellschaftlichen Herausforderungen in den Blick: den Bildungs- und den Pflegenotstand, den Kampf gegen häusliche Gewalt, die Bekämpfung des Klimawandels und seiner Folgen.
Das Internet, die digitale Vernetzung, macht es möglich, dass Lösungsfinder schnell zusammenkommen und gemeinsam Lösungen entwickeln können. So sind in der Coronakrise, vor allem auch im Rahmen der beiden größten Hackathons der Welt, die wir hier in Deutschland veranstaltet haben, nämlich WirVsVirus und Update Deutschland, Lösungen entstanden, die tatsächlich schnell Probleme gelöst haben: etwa „krisenchat.de“, ein Onlineportal, bei dem vor allem jungen Menschen mit psychischen Problemen geholfen wird, oder die Corona School, die Lehramtsstudenten und Schüler verknüpft hat und so vieles aufgefangen hat, was in den Elternhäusern nicht geleistet werden konnte. Es gibt Social-Start-ups, die innovative Möglichkeiten finden, Plastik aus dem Meer zu fischen oder Ersthelfer bei Unfällen zu alarmieren.
Und Frau Weidel, ich habe eben Ihre Zwischenkommentare gehört, dass immer etwas Monetäres dabei herauskommen muss: Nicht für alles gibt es eine Lösung, mit der man Geld verdienen kann, aber diese Lösungen tragen dazu bei, dass konkrete Probleme gelöst werden, was auch volkswirtschaftliche Effekte hat, und deshalb sind sie so wertvoll.
Beifall bei der CDU/CSU)
„Nicht meckern, sondern machen“, das ist das Credo vieler unglaublich toller Menschen, die mit ihren Ideen, ihrem Engagement ganz wertvolle Dinge auf die Beine stellen. Deshalb möchte ich an dieser Stelle Danke sagen den vielen innovativen Kräften in unserem Land für ihre Kreativität und ihren Mut, Dinge anzupacken und besser zu machen.
Beifall bei der CDU/CSU)
Aber mit Dank und Lob ist es eben nicht getan. Wenn wir wollen, dass sich in Deutschland noch mehr Social Entrepreneurs auf den Weg machen, dass ein solches Engagement nicht verpufft, dass aus einer guten Idee eine Innovation wird, diese Innovation skaliert wird und schließlich eine gesamtgesellschaftliche Innovation erzeugt wird, dann braucht es ein Gesamtkonzept, ein Ökosystem, eine Wirkungsorientierung und auch eine Wirkungsmessung. Es braucht Vernetzung und Transfer. Es braucht den Staat als Ankerkunden und als Türöffner. Damit habe ich einige Stichworte genannt, die diese Strategie enthält und die ich durchaus positiv sehe.
Ich habe allerdings auch ein paar Fragezeichen bei der Strategie. Ich finde in diesem Papier viele Absichtserklärungen und viele Prüfaufträge,
Nur prüfen, prüfen, prüfen!)
und ich frage mich: Warum? Warum nicht mehr Mut? Schon wieder fehlen Kennziffern, die das ganze überprüfbar machen.
Beifall bei der CDU/CSU)
Das ist bei jeder Ihrer Strategien so. Die meisten dieser Vorschläge sind auch nicht im nächsten Haushalt und auch nicht in den nächsten Jahren unterlegt. Oder haben Sie das mit Ihrem Finanzminister vielleicht schon besprochen? Dann würden wir das gerne sehen.
Die Player, die Sie einbeziehen wollen, nennen Sie. Sie sprechen von Bund-Länder-Vereinbarungen, von KfW-Programmen, von Bürgschaftsprogrammen. Haben Sie mit den Akteuren gesprochen? Ist das auf dem Weg, oder ist das nur mal reingeschrieben worden?
Der „Social Impact Fonds“ ist eine Superidee, aber die Idee ist nicht neu.
Ah! Ein Fonds!)
Von den G-7-Staaten haben ihn alle außer Deutschland. Das ist ein Fonds, bei dem die Vermögenswerte, die sich auf verwaisten Konten befinden – das sind Konten, deren Inhaber zum Beispiel gestorben sind, die keine Familie haben –, gesammelt werden. Das wird in einem Fonds gesammelt. Daraus kann man etwas machen. Das haben Sie vor zwei Jahren in Ihrem Koalitionsvertrag angekündigt. Warum machen Sie das nicht einfach? Es hindert Sie doch niemand daran.
Beifall bei der CDU/CSU
Zuruf der Abg. Sabine Poschmann [SPD])
Ich stimme Ihnen zu, dass es viele bürokratische Hindernisse gibt für Start-ups insgesamt, aber eben auch für Social-Start-ups. Denen können Sie doch begegnen. Machen Sie endlich das Reallabore-Gesetz. Nutzen Sie die Kompetenz des GovTech Campus, um auch das Thema Vergabe anzupacken, das Sie ja richtigerweise in der Strategie adressieren.
Zum Schluss habe ich noch eine große Bitte. Wir haben eine Beauftragte für Soziale Innovationen bei der Bundesregierung.
Echt?)
Das finde ich super. Sie ist allerdings im BMBF angesiedelt. Die Strategie läuft heute federführend im BMWK. Aber, so what, wenn das gut zusammengeht, dann finde ich das total richtig. Das ist aber auch der Knackpunkt. Das Problem, dass wir neue Lösungen finden müssen, dass wir Wirkungskontrolle brauchen für neue Lösungen, dass wir das skalieren müssen, das haben wir ja in allen Bereichen: von der Sozialpolitik bis zur Bildungspolitik. Deshalb habe ich die große Bitte, dass Sie in diesem Punkt wirklich mal mit allen Häusern zusammenarbeiten,
Beifall bei der CDU/CSU)
dass Sie nicht in Silos denken, sondern es ganzheitlich angehen.
Wir müssen Wege finden, das, was funktioniert, groß zu machen, in die Systeme, ins Bildungssystem, in die Sozialsysteme, in die Arbeit der Wohlfahrtsverbände und Leistungserbringer zu integrieren. Nur dann verändert sich wirklich etwas, und das ist es doch, was soziale Innovationen wollen, nämlich etwas Großes bewirken.
Beifall bei der CDU/CSU)
Nächste Rednerin: für die SPD-Fraktion Sabine Poschmann.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)