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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Gäste auf den Tribünen! In der Paketbranche besteht Handlungsbedarf; da sind wir uns einig. Fast alle Paketdienstleister setzen auf Subunternehmen oder Subunternehmerketten, vor allem die großen der Branche, wie wir gerade gehört haben. Manche Subunternehmen gründen sich alle paar Wochen neu, um sich Kontrollen zu entziehen. Als Firmensitz dient oftmals einfach eine Garage. Teils wissen die Beschäftigten gar nicht, wer eigentlich ihr juristischer Arbeitgeber ist. Die Paketdienste sind in Klein- und Kleinstunternehmen zerklüftet wie wenige andere Branchen. Verstöße gegen das Arbeitsrecht gelten bei den Paketzustellern inzwischen als chronisch.
Aber warum herrscht bei den Zulieferern so großer Druck? Der Onlinehandel boomt doch und gewinnt immer mehr an Bedeutung. Das Schlagwort lautet: die letzte Meile. Auf der letzten Meile, also bei der unmittelbaren Zulieferung der Pakete an die Verbraucher, verdichtet sich der Arbeits- und Leistungsdruck. Hier entscheidet sich: Verdienst du Geld, oder verlierst du Geld? – Die letzte Meile ist der kostenintensivste Schritt in der Lieferkette der Pakete, sie macht drei Viertel der Investitionen aus. Deshalb wird die Zulieferung an Subunternehmerketten oder Scheinselbstständige ausgelagert. Den Kostendruck tragen somit die Paketboten, und zwar im doppelten Sinne: Zum einen tragen sie die Pakete auf ihren Schultern, und zum anderen sind sie für den Gewinn der Unternehmen zuständig.
Meine Damen und Herren, Berichte der Finanzkontrolle Schwarzarbeit zeigen uns Verstöße gegen den gesetzlichen Mindestlohn, die Einhaltung von Pausenzeiten oder die Missachtung der Höchstarbeitszeit. Es ist also nicht unwahrscheinlich, dass einige gerade jetzt erst ihre Arbeitszeit beenden.
Ich kann Ihnen sagen: Mit dieser Form der Ausbeutung wird es so nicht weitergehen!
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Das Ministerium für Arbeit und das Ministerium für Wirtschaft wollen mit dem geplanten Postgesetz eine Arbeitsschutzverordnung erlassen, die die Schwere der Pakete begrenzt. Ab 20 Kilo Gewicht müssen dann künftig zwei Leute ran, und das ist gut so.
Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN
Zuruf von der SPD: Richtig!)
Zudem muss es künftig möglich sein, über die Bundesnetzagentur Lizenzen für Paketdienste zu vergeben – wie dies bereits bei der Briefpost üblich ist. Damit hätten wir eine Handhabe, Unternehmen, die sich nicht an geltendes Arbeitsrecht halten, Lizenzen zu entziehen.
Natürlich wäre ein Verbot von Werkverträgen bei der Zustellung von Paketen das schärfste und effektivste Schwert, um die Paketbotinnen und Paketboten vor Ausbeutung zu schützen. Viele würden sich freuen, zur Stammbelegschaft ihres Unternehmens dazuzugehören und nicht mit einem Stundenlohn abgespeist zu werden, der seit 2019 gerade mal um 1 Cent gestiegen ist, von 17,12 Euro auf 17,13 Euro. Und da bin ich mir auch nicht sicher, ob den jeder auch tatsächlich erhält.
Deshalb habe ich mich über die Entschließung des Bundesrates gefreut, die die Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Paketbranche fordert, und ich kenne auch das Arbeitspapier des Hugo-Sinzheimer-Instituts für Arbeits- und Sozialrecht der Hans-Böckler-Stiftung. Die Autoren kommen darin zum Schluss, dass ein Direktanstellungsgebot in der Paketzustellung verfassungs- und unionsrechtskonform ist. Nun wissen wir alle darum, dass Gutachten zu unterschiedlichen Einschätzungen kommen können. Deshalb sind mir weitere Einschätzungen wichtig.
Aber uns muss auch der Kampf um mehr Tarifbindung in diesem Land umtreiben. Gerade in einer stark wachsenden Branche wie der der Paketdienste wäre betriebliche Mitbestimmung nicht nur für den besseren Arbeits- und Gesundheitsschutz der Paketzustellerinnen und -zusteller hilfreich, sondern auch für die Unternehmen selbst und deren Wettbewerbsfähigkeit.
Herzlichen Dank. Glück auf!
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Vielen Dank, Herr Kollege Gerdes. – Und nun erneut für die CDU/CSU-Fraktion der Kollege Wilfried Oellers.
Beifall bei der CDU/CSU)