- Bundestagsanalysen
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Es ist mir heute eine besondere Freude und Ehre, hier zu diesem wichtigen Thema sprechen zu dürfen. Auch dir, liebe Monika Grütters, herzlichen Dank für diese großartige Rede, die du quasi als meine Nachfolgerin im UN-Bereich gehalten hast, nachdem ich vier Jahre dem schönsten Unterausschuss, den das Haus hat, nämlich dem Unterausschuss Vereinte Nationen, vorstehen durfte. Umso mehr ist es mir eine große Freude, dass die Ampel sich auf diesen gemeinsamen Antrag heute hat einigen können – quasi nach sechs Jahren eine Krönung der Arbeit, die auch ich hier im Haus leisten durfte und hoffentlich auch noch weiterhin leisten darf.
Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Vor 50 Jahren, am 18. September 1973, traten die beiden deutschen Staaten gemeinsam den Vereinten Nationen bei – beide deutschen Staaten! Der ehemalige Bundespräsident und damalige Bundesaußenminister Walter Scheel von der FDP war damals der erste deutsche Politiker, der vor der UN-Generalversammlung sprechen durfte. In seiner Rede würdigte er die Errungenschaften der Vereinten Nationen. So bekennen sich mit der UN-Charta alle Mitgliedstaaten zu universellen Werten wie den Menschenrechten und dem Verbot des Angriffskriegs.
Die Umsetzung dieses Bekenntnisses ließ natürlich damals wie heute noch zu wünschen übrig. Das hat Walter Scheel bereits 1973 angesprochen, und das sehen wir auch heute, wenn wir uns das Weltgeschehen ansehen; da sehen wir beispielsweise den völkerrechtswidrigen russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine, und wir sehen systematische Menschenrechtsverletzungen in der chinesischen Provinz Xinjiang.
Gerade diese Beispiele sind äußerst schwerwiegend, weil China und Russland durch ihr Vetorecht im UN-Sicherheitsrat ein besonderes Gewicht in den Vereinten Nationen haben. Durch diese Sonderstellung kann keine UN-Blauhelmmission in diesen Ländern eingreifen, ohne dass diese Länder dem selbst zugestimmt hätten. Das ist eine realpolitische Komponente in der Verfassung der Vereinten Nationen, die widerspiegelt, dass die UNO eine Weltorganisation ist, aber keine Weltregierung.
Grundlage einer guten Politik in den Vereinten Nationen und anderen internationalen Organisationen muss ein gutes Verständnis für die Stärken und Schwächen der jeweiligen Organisation sein. Und dann gilt es, Stärken zu stärken und Schwächen zu schwächen.
Die Vereinten Nationen sind dort besonders stark, wo man der Organisation viel Handlungsspielraum gibt. Dort, wo die Staaten ein Ziel vorgeben und sich nicht in das Mikromanagement einmischen, können die Vereinten Nationen hervorragende Arbeit leisten. Das zeigt sich exemplarisch am UN-Welternährungsprogramm, das 2020 mit dem Friedensnobelpreis geehrt wurde, und beim UN-Flüchtlingshilfswerk, das für seine überlebenswichtige Arbeit diesen Preis bereits 1954 und 1981 erhielt.
Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Schwach sind die Vereinten Nationen hingegen, wo sie zum Spielball einzelstaatlicher Interessen werden; wenn sie herausgefordert sind, unvereinbare und damit unerfüllbare Erwartungen zu erfüllen. Das sehen wir regelmäßig bei Blockaden im Sicherheitsrat.
Trotz dieser Unzulänglichkeiten ist die Welt mit den Vereinten Nationen eine bessere Welt als ohne sie. Die UN-Charta bildet die Verfassung der Staatengemeinschaft und ist das Fundament unserer regelbasierten, multilateralen Weltordnung. Durch sie können wir Missstände wie in Russland und China völlig zu Recht objektiv als Völkerrechtsbrüche anprangern.
Die UN-Charta ist ein wesentlicher Eckpfeiler der regelbasierten, liberalen Weltordnung. Viele UN-Mitgliedstaaten mögen zwar illiberal sein, aber die Institution selbst hat sich durch ihre Statuten liberalen Zielen wie den Menschenrechten verpflichtet.
Deshalb ist für uns Liberale die Stärkung der Vereinten Nationen ein Kernanliegen, und deshalb haben wir diesen Punkt auch innerhalb der Ampel vorangetrieben, um letztlich zu diesem Antrag zu kommen, der Ihnen nun vorliegt. Darin finden Sie eine Vielzahl an Maßnahmen, mit denen wir die Vereinten Nationen und die regelbasierte, multilaterale Weltordnung stärken wollen.
Beispielsweise wollen wir die Handlungsfähigkeit der vielen guten UN-Organisationen endlich auf eine solide finanzielle Grundlage stellen. Internationale Geldgeber müssen dem Haushalt von Welternährungsprogramm, Flüchtlingshilfswerk, Kinderhilfswerk UNICEF und der Weltgesundheitsorganisation einen höheren Anteil ihrer Beiträge als frei verfügbare Mittel zur Verfügung stellen. So wird die unwürdige Praxis verspäteter Zuschüsse als gebundene Projektmittel abgewendet, die häufig nur den eigenen nationalstaatlichen Interessen dient und den multilateralen Charakter dieser Organisationen untergräbt.
Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Um dieses Ziel zu erreichen, bekennen wir uns nicht nur im Koalitionsvertrag, sondern auch bereits im Haushalt sowohl zum Grand Bargain vom Weltgipfel für humanitäre Hilfe 2016 in Istanbul als auch zum UN Funding Compact von 2019. Mein Dank an die Haushälter für die jahrelange Unterstützung der internationalen Organisationen, vor allem im humanitären Bereich!
Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Kanzler Olaf Scholz war in zwei Jahren schon zweimal bei der UN-Generalversammlung. Außenministerin Baerbock unterstützt die UN auf allen Ebenen, ebenso Entwicklungsministerin Svenja Schulze. Dafür danke ich Kanzler Scholz und der gesamten Bundesregierung.
Vielen Dank.
Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)