Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Patientinnen und Patienten und Beschäftigte im Maßregelvollzug! Wer kriminell ist und eine Straftat begeht, gehört ins Gefängnis. Wer krank ist, braucht einen Therapieplatz. Heute ist ein guter Tag für die forensische Psychiatrie, also für den Therapiebereich, in dem psychisch kranke oder von Suchtmitteln abhängige Straftäter behandelt werden. Denn heute gehen wir mit dem vorliegenden Gesetz einen wichtigen Schritt in der Reform des § 64 im Strafgesetzbuch: Wir schärfen den Begriff der Abhängigkeitserkrankung, und wir verhindern Fehlanreize.
Übervoll sind die Stationen in den Fachkliniken für Entwöhnungsbehandlung, unter anderem durch Fehleinweisungen von Personen, die gar nicht abhängigkeitskrank sind, die sich in der Therapie im Maßregelvollzug ein „Gefängnis light“ erhoffen oder es schlicht bei langen Begleitstrafen über das Privileg der Halbstrafenaussetzung auf eine frühere Entlassung anlegen. Therapieunwillige und nicht zur Therapie geeignete Personen belegen Therapieplätze, die wirklich Kranke dringend benötigen. Und sie stören die Behandlung auf den Stationen.
Dieser Personenkreis bestimmt darüber hinaus hauptsächlich die Zahl der Entweichungen aus den Psychiatrien, nämlich dann, wenn sich im Verlauf der Behandlung herausstellt, dass die Therapie keine Aussicht auf Erfolg hat, zum Beispiel weil die betreffende Person gar nicht krank ist. Dann versuchen diese „Patienten“, sich der anstehenden Verlegung in den Strafvollzug zu entziehen.
Seit mehr als zehn Jahren setze ich mich – früher als Mitarbeiterin einer psychiatrischen Facheinrichtung und jetzt als Mitglied im Gesundheitsausschuss – dafür ein, dass dieser Zustand geändert wird. Deshalb freue ich mich auch persönlich, dass meine Bemühungen nun zum Erfolg geführt haben. Mehr noch freue ich mich aber für die Patientinnen und Patienten in den Kliniken, die künftig wieder bessere Therapiebedingungen vorfinden, und für die Beschäftigten im Maßregelvollzug, die wieder ihrem Auftrag nachgehen können: der Behandlung.
Eine weitere Aufgabe bleibt uns: Auch auf den Stationen im Maßregelvollzug, auf denen psychisch kranke Rechtsbrecher/-innen behandelt werden, weil sie zum Zeitpunkt der Tat vermindert schuldfähig oder schuldunfähig waren, herrscht drangvolle Enge. Hier wurden zwar zusätzliche Plätze geschaffen, aber diese reichen bei Weitem nicht aus; dies müssen wir im Blick behalten.
Herr Minister Buschmann, Herr Staatssekretär Strasser, Fachkreise schlagen vor, eine Expertinnen- und Expertenkommission einzusetzen. Das halte ich für eine richtig gute Idee. Wir müssen die Ursachen für die steigenden Einweisungszahlen erkennen und dann die richtigen Schritte einleiten. Dies sind wir den Patientinnen und Patienten und den Beschäftigten in der forensischen Psychiatrie schuldig.
Vielen Dank.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)