Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wegen der verkürzten Debatte leider nur wenige Anmerkungen.
Das Positive zuerst: Die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt wird endlich reformiert. Die Einzelheiten sind ohnehin unstreitig, da die Änderungen auf Vorschläge der Bund-Länder-Arbeitsgruppe vom November 2021 zurückgehen. So weit, so schlecht. Denn die Reform des Maßregelvollzugs ist seit Jahren überfällig und hätte bereits im letzten Sommer mit praktisch gleichem Inhalt verabschiedet werden können; aber der Gesetzentwurf stammte von der Union.
Beifall bei der AfD)
Für die von der Koalition vorgenommene Verknüpfung der Reform der Unterbringung mit anderen Themen und die dadurch bewirkte Verschleppung um ein Jahr gab es keinen sachlichen Grund und war reine Willkür auf dem Rücken der Betroffenen, also der wirklich behandelbaren und behandlungswilligen Personen im Vollzug wie vor allem auch der dortigen Mitarbeiter.
Beifall bei der AfD)
Bei der Strafzumessung schaffen Sie wieder einmal Gesinnungsstrafrecht pur, wenn künftig geschlechtsspezifische oder gegen die sexuelle Orientierung gerichtete Tatmotive besonderes Gewicht erhalten. Das passt gut in Ihr Weltbild mit seinen Opfern und genauso Tätern erster Klasse und zweiter Klasse.
Beifall bei der AfD)
Eine Sachverständige, von Beruf Richterin am BGH, hat dazu ein vernichtendes Urteil gefällt. Die Änderung sei schlicht falsch, weil das Strafrecht für symbolhafte Identitätspolitik der absolute falsche Ort ist.
Beifall bei der AfD)
Mehr gibt es dazu nicht zu sagen. Unser Änderungsantrag streicht diese ideologischen Passagen aus dem Gesetz.
Schließlich wieder einmal Ersatzfreiheitsstrafe. Wieder wird uns das Argument der hohen Kosten des Vollzugs präsentiert. Aber das ist nichts als Augenwischerei; denn der Vollzug ist notwendig, damit die Geldstrafe als Strafart funktioniert. Diese Kosten sind also zu sehen in Relation zu den Gesamteinnahmen des Staates aus allen verhängten Geldstrafen.
Wie entscheidend die Ersatzfreiheitsstrafe ist, zeigt das Beispiel Schweden. Die Voraussetzungen sind dort so hoch, dass es 2015 nur vier Fälle von Ersatzfreiheitsstrafe gab. Umgekehrt sind mehr als 40 Prozent aller im Jahr 2015 verhängten Geldstrafen folgenlos verjährt, weil die Geldstrafe nicht bezahlt wurde. Schweden zeigt, wie unverzichtbar die Ersatzfreiheitsstrafe ist, wenn man an der Geldstrafe festhalten will.
Beifall bei der AfD)
Anders als die Linken hat die Koalition eingesehen, dass man auf die Ersatzfreiheitsstrafe nicht völlig verzichten kann, aber dann verwässert man sie eben durch Halbierung des Umrechnungsmaßstabs. Aber es werden genau die gleichen Leute weiterhin im Vollzug landen. Wer schon bisher nicht bereit war, eine Ersatzfreiheitsstrafe von 20 Tagen durch 80 Stunden gemeinnützige Arbeit abzuwenden, wird es künftig noch weniger sein, wenn die Alternative nur noch 10 Tage Haft lautet. Wie üblich ist auch hier vieles reine Sozialromantik. Die jetzt als Sollvorschrift ausgestaltete Beteiligung der Gerichtshilfe wird ins Leere gehen. Wo es die Ressourcen hergeben, gibt es jetzt schon Hausbesuche, und wo nicht, da fehlt es eben an den Ressourcen; da wird sich nichts ändern.
Beifall bei der AfD)
Der größte Pfusch besteht aber darin, dass der Umrechnungsmaßstab bei der Gesamtstrafenbildung unter Anrechnung von Untersuchungshaft nicht geändert wird. Wer zu 90 Tagessätzen verurteilt wird und bereits 60 Tage in U-Haft war, dem drohen bei Nichtzahlung zusätzlich noch 15 Tage Ersatzfreiheitsstrafe; 60 plus 15 gleich 75. Bei einer Geldstrafe von wiederum 90 Tagessätzen, aber ohne U-Haft, drohen dagegen nur 45 Tage Freiheitsentzug durch die Ersatzfreiheitsstrafe. Also führt in zwei Fällen mit vergleichbarer Schuld eine Strafe von 90 Tagessätzen einmal zu 75 Tagen Freiheitsentzug und einmal nur zu 45 Tagen. Jeder Laie erkennt, wie ungerecht und willkürlich die Formel „75 gleich 45“ ist.
Beifall bei der AfD)
Unser Änderungsantrag greift auch diesen Punkt auf. Sie von den Altparteien haben jetzt die Wahl, ob Sie ein klar verfassungswidriges Gesetz korrigieren oder aber wieder einmal Staat und Rechtsordnung durch Ihr Handeln delegitimieren. Erhält unser Änderungsantrag keine Mehrheit, müssen wir leider den gesamten Gesetzentwurf ablehnen. Die AfD ist die Partei des Grundgesetzes
Lachen der Abg. Anke Hennig [SPD])
und fördert keine verfassungswidrigen Gesetze.
Vielen Dank.
Beifall bei der AfD)
Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat die Kollegin Bayram das Wort.
Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)