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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen! Die Reform des Sanktionsrechts ist ein Gebot der
Gerechtigkeit. Erstens reformieren wir endlich die Ersatzfreiheitsstrafe nach zehnmaligem Anlauf. Zweitens eröffnen wir die Möglichkeit, aus Hass und
diskriminierenden Motiven begangene Straftaten schärfer zu bestrafen. Und drittens machen wir es möglich, dass der Maßregelvollzug wieder handlungsfähig wird,
indem wir lange erhobene Forderungen der Länder erfüllen und die Ergebnisse einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe – das waren sie nämlich, es waren nicht die Ideen
der CDU/CSU-Fraktion, sondern die dieser Arbeitsgruppe – umsetzen. Näheres hierzu wird meine Kollegin Heike Engelhardt später ausführen. Alles in allem ist dies
eine wichtige Reform, wichtig für unsere Justiz und wichtig für unseren Rechtsstaat, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Bei einer Ersatzfreiheitsstrafe hat das Gericht gerade keine Haft, sondern eben eine Geldstrafe ausgeurteilt. Sie wird bisher entsprechend der Anzahl
der Tagessätze 1 : 1 verhängt, nachdem die Geldstrafe nicht gezahlt worden ist. Diese Strafen sind teuer und entziehen Menschen trotz geringerem Unrecht als bei
herkömmlichen Haftstrafen die Freiheit. Die Halbierung des Umrechnungsmaßstabs spiegelt das geringere Unrecht wider und ist von daher die richtige Antwort,
werte Kolleginnen und Kollegen.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
In erster Linie gilt es aber, die Ersatzfreiheitsstrafe zu vermeiden. Deshalb haben wir uns im parlamentarischen Verfahren für wichtige Verbesserungen
des guten Gesetzentwurfes aus dem Ministerium eingesetzt. Armut und prekäre soziale Verhältnisse sind besondere Risikofaktoren für die Ersatzfreiheitsstrafe.
Grund hierfür: Die Höhe der Tagessätze und damit der verhängten Geldstrafe ist oft schlichtweg zu hoch; denn Personen, die am Existenzminimum leben, können
weder Rücklagen bilden noch Abstriche bei ihrem Lebensstandard machen.
Deshalb ändern wir § 40 Strafgesetzbuch und stellen klar, dass dem Täter mindestens das zum Leben unerlässliche Minimum verbleiben muss. Das ist auch
mir als Strafrichterin – wir haben auch Personen aus der Justiz in der Regierungskoalition – sehr wichtig und ein Herzensanliegen.
Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Außerdem fällt es den Betroffenen oft schwer, ihre Rechte geltend zu machen und Alternativen zur Ersatzfreiheitsstrafe wie „Schwitzen statt Sitzen“
oder eine Ratenzahlung in Anspruch zu nehmen. Deshalb ist es auch sehr wichtig, dass künftig Betroffene vor der Inhaftierung von der Gerichtshilfe oder freien
Trägern aufgesucht werden sollen, um eine andere Lösung als die Ersatzfreiheitsstrafe zu finden. Gerade bei Strafbefehlsverfahren ist das von herausgehobener
Bedeutung. Das ist häufig die erste Person im ganzen Verfahren, die diese Personen sehen.
Die zwei genannten Punkte sind zusammen mit der Halbierung bei Ersatzfreiheitsstrafen sehr wichtig, um finanziell schwachen Menschen etwas mehr
Gerechtigkeit zukommen zu lassen. Ein Rechtsstaat muss sozial denken, sonst entstehen Ungleichgewichte und Ungerechtigkeiten, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Diese Prämisse wird auch in der anstehenden Reform des materiellen Strafrechts, zum Beispiel bei der Reform des Tatbestands der Leistungserschleichung, eine
Rolle spielen.
Aber lassen Sie mich noch zu einem weiteren wichtigen Punkt dieses Gesetzesvorhabens kommen. Vor wenigen Tagen meldeten die Bundesländer einen Anstieg
der Zahlen zu häuslicher Gewalt. Zwei Drittel der betroffenen Personen sind Frauen. Täter sind meistens die Partner. Nur wenige Fälle werden zur Anzeige
gebracht. Uns allen muss bewusst sein, dass Täter hier oft gewalttätig werden, weil sie ein Frauenbild haben, bei dem sie Frauen geringer wertschätzen.
Ähnliches gilt für Straftaten gegen queere Menschen. Deswegen stellen wir in der Strafzumessungsvorschrift § 46 StGB klar, dass geschlechtsspezifische Tatmotive
zu höheren Strafen führen müssen. Das ist eine wichtige Feststellung.
Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Werte Kollegen von der CDU/CSU-Fraktion, Sie nehmen der Justiz Spielräume, indem Sie Strafzumessungsspielräume verkürzen. Wir geben mehr Spielräume,
indem wir diese Reform auf den Weg bringen;
denn Frauenfeindlichkeit und Homophobie haben in unserer Gesellschaft keinen Platz.
Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Das machen wir mit dieser Reform klar. Ich rufe Sie dazu auf, ihr zuzustimmen. Das ist ein Schritt in Richtung mehr Gerechtigkeit.
Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Das Wort hat der Abgeordnete Thomas Seitz für die AfD-Fraktion.
Beifall bei der AfD)