Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen! Liebe Kollegen! Inzwischen diskutieren wir schon über eine Stunde über das Thema „Deutsche Bahn“, über die Strukturen, die Finanzen und darüber, was zukünftig sein wird. Aber wir vergessen das, was hinter der Bahn steht, das, was hinter dem Konzern steht, und auch das, was die Bahn ausmacht, nämlich die Menschen bei der Bahn, die Menschen, die vor Ort ihren Mann oder ihre Frau stehen müssen und die in den letzten Monaten unglaublich viel geleistet haben. Ich selber bin die letzten Monate oft Bahn gefahren und habe oft auch Verspätungen erleiden müssen, war oft frustriert, war oft etwas down und habe gedacht: Mensch, wie geht es weiter? Komme ich überhaupt an? – Die Bahnmitarbeiter waren immer zuversichtlich, professionell und haben auch eine entsprechend professionelle und gute Arbeit gemacht. Deshalb an dieser Stelle ein ganz, ganz großes Dankeschön gerade auch an die Bahnmitarbeiter, die wirklich eine ganz, ganz tolle Arbeit leisten.
Beifall bei der CDU/CSU)
Meine Damen und Herren, jeder, der zurzeit mit der Bahn unterwegs ist, weiß, dass auch die Qualität und die Leistung in den letzten eineinhalb Jahren noch mal massiv abgenommen haben. Die Bahn entspricht nicht mehr dem, was der Kunde sich von ihr verspricht. Zwischen 2015 und 2021 lag die Pünktlichkeit bei den Fernverkehrsverbindungen bei 74,4 Prozent; im Durchschnitt lag sie bei 81,8 Prozent. Im letzten Jahr, 2022, verringerte sich dieser Wert noch mal um 10 Prozentpunkte auf 65,2 Prozent. Das heißt, von drei Zügen waren nicht mal zwei Züge pünktlich. Insofern zeigt das, dass die Bahn noch einmal schlechter geworden ist, als sie es eh schon war.
Das muss uns alle umtreiben. Mit einem kleinen Reförmchen oder einem Weiter-so ist es nicht getan. Am Geld allein kann es nicht liegen; denn im Gegensatz zu dem, was die Vorredner teilweise gesagt haben, wurde in die Bahn in den letzten Jahren enorm viel investiert. In den letzten Jahren wurde so viel in die Schiene investiert wie nie zuvor. Im Zeitraum von 2017 bis 2022 wurden die Investitionen in die Schiene noch mal verdoppelt, meine sehr verehrten Damen und Herren. Die Trendwende, von der der Vorredner gesprochen hat, ist schon längst von Minister Scheuer und Enak Ferlemann in den letzten paar Jahren eingeleitet worden. Man hat mehr Geld investiert – übrigens mehr als in Autobahnen und Bundesstraßen, für die damals auch sehr viel Geld gebraucht wurde.
Im Haushaltsjahr 2021 gab der Bund 11,1 Milliarden Euro für den Erhalt und den Ausbau des Schienenverkehrs aus.
Zuruf von der CDU/CSU: Aha!)
Meine Damen und Herren, vergleichen wir diese Zahl mit heute, folgt die große Ernüchterung. Trotz großer Reden und Ankündigungen der Ampelkoalition stehen im Haushalt 2023 nur noch 9 Milliarden Euro für Schienenwege zur Verfügung.
Hört! Hört!
Das ist ja viel weniger!)
Das ist eine Reduktion von 18 Prozent. Man muss kein Mathegenie sein, um zu erkennen, dass bei der Schieneninfrastruktur keine Erhöhung der Finanzmittel, sondern real eher ein Minus zu verzeichnen ist.
Die Ampel kürzt bei der Bahn!)
Und es kommt noch schlimmer. Im letzten Jahr gab es einen historischen Rekord bei den Baukosten: Es gab Steigerungen um bis zu 20 Prozent bei den Baukosten, für die Mittel gebraucht worden sind. In Wahrheit werden sich deshalb die bereitstehenden Mittel für den Ausbau und Erhalt der Schiene sogar reduzieren. Statt der immer wieder genannten Mehrausgaben haben Sie, Herr Wissing, weniger für Sanierung und Ausbau bereitgestellt. Das ist ein ganz, ganz falsches Signal für die Bahn und auch für die Bahnkunden.
Beifall bei der CDU/CSU
So ist es!)
Die Erreichbarkeit Ihrer eigenen bahnpolitischen Ziele rückt damit in noch weitere Ferne.
Sie haben kürzlich einen zusätzlichen Mehrbedarf von 45 Milliarden Euro für Streckensanierungen bis 2027 errechnet. Allerdings steht bis heute die Finanzierung in den Sternen. Die Erhöhung der Lkw-Maut, die Sie dafür nutzen wollen, wird nicht mal die Hälfte davon finanzieren. Hier werden großspurige Ankündigungen gemacht; davon umgesetzt wird wenig.
Hauptsache, man fängt mal an, Herr Bareiß!)
Das ist keine solide Politik.
Beifall bei der CDU/CSU)
Deshalb braucht es jetzt einen ausreichenden Haushaltsansatz. Herr Minister, wir werden Sie bei diesem Thema beim Wort nehmen.
Außerdem braucht es eine strukturelle Reform, die die Themen anpackt und diesen Namen auch verdient, damit das Geld, das zum Ausbau der Infrastruktur vor Ort gebraucht wird, auch ankommt. Fast eineinhalb Jahre mussten wir jetzt warten, bis das Ministerium erste Pläne bekannt gibt. Im Januar 2024 soll die neue Struktur stehen. Die bis jetzt bekannten Pläne zur Reform der Bahn im Rahmen der Umsetzung des Koalitionsvertrages der Ampel sind halbherzig und überzeugen in keinster Weise. Wir haben etwas vorgelegt, das entsprechend langfristig tragfähig ist, das den Namen einer großen Reform verdient, das transparent ist und auch Verantwortlichkeiten klar und deutlich definiert. Auch das ist etwas, was, glaube ich, bedeutend ist.
Sehr geehrter Herr Wissing und lieber Herr Bahnbeauftragter Theurer, packen Sie die Themen an! Wir haben viele Vorschläge auf den Tisch gelegt. Gerade unsere Fraktion hat, glaube ich, die richtigen Themen angepackt. Wir haben Ihnen ein Angebot gemacht. Nehmen Sie dieses Angebot an! Wir wollen die nächsten Monate mit Ihnen diskutieren und ein gutes Ergebnis für die Bahn erreichen. Das wird das Ziel unserer Arbeit im Ausschuss und hier im Plenum sein.
Herzlichen Dank.
Beifall bei der CDU/CSU)
Die Kollegin Anja Troff-Schaffarzyk hat jetzt das Wort für die SPD-Fraktion.
Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)