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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Minister, es freut mich sehr, dass Sie dieser Debatte beiwohnen.
Debatten zum Wein finden in diesem Hohen Haus in der Regel zu später, weinseliger Stunde statt. Heute brechen wir aus verschiedenen Gründen mit dieser
Tradition, und so profitiert der Weinbau heute ausnahmsweise mal, im Gegensatz zur Realität draußen im Weinberg, vom stockenden Klimaschutz drinnen.
Heute, am internationalen Tag des Weins – nicht vergessen! –, müssen wir – das ist eine eher trockene Seite – im Interesse der Winzerinnen und Winzer
sowie der Weinbaubetriebe eine Anpassung unseres Weingesetzes an veränderte EU-Rechtsbezüge angehen, damit die Unionsgelder, also die GAP-Gelder, weiterhin
ausbezahlt werden können. Wir müssen heute auch über die Herausforderungen reden, vor denen der Weinbau in Deutschland gerade steht, und dazu gehört auch die
immer heftigere Klimakrise durch viel zu lang ausgebliebenen Klimaschutz.
Natürlich dürfen wir über viele weitere Punkte an der Stelle nicht schweigen. Es gibt derzeit viele Probleme im Weinbau. Ich nenne nur die gestiegenen
Flaschenpreise, die hohen Energiekosten, und die Nährwert- und Zutatenkennzeichnung braucht E-Labels auf den Etiketten. Auch da kommt Neues auf den Weinbau zu.
Auch die Geschmacksprofile ändern sich, und man muss sich immer wieder anpassen.
Und welche Lösungen – das ist auch ein sehr wichtiger Punkt – finden wir für wirksame Pestizidvermeidung? Wie finden wir gute Lösungen? Wie sichern
wir mit guten Lösungen die Zukunft des Weinbaus in Deutschland, der unsere Landschaften und Dörfer doch so entscheidend prägt, zumindest in den
Weinbauregionen?
Die größte Herausforderung bleibt aber sicher die Klimakrise mit ihren Folgen. Es drohen Spätfröste, ein zu früher Austrieb treibt sozusagen die Reben
in die Irre, wir haben zunehmend Hagelgefahr, wir haben Sonnenbrand, Wassermangel im Sommer; in Franken und anderen Regionen muss schon bewässert werden. Es
gibt auch qualitative Einbußen beim Geschmack. Der wachsende Pilzdruck in feuchtwarmen Jahren, höhere Erosionen durch Starkniederschläge, neue Schädlinge, wie
die Kirschessigfliege, und andere Probleme erfordern umfassende Anpassungen bei der Sortenzüchtung, bei der Bewirtschaftung und im Weinausbau. – Das können die
Betriebe nicht alleine stemmen, und deshalb erwarten sie auch zu Recht unsere Unterstützung.
Es laufen bereits vielfältige Forschungsvorhaben dazu, auch mit Bundesmitteln, etwa zur Züchtung pilzwiderstandsfähiger Rebsorten, der sogenannten
Piwis. Wir wissen, der Weinbau ist sehr abhängig von Pestiziden und tut sich entsprechend schwer mit der Reduktion. Daher sind sogenannte pilzwiderstandsfähige
Sorten ein wichtiger Baustein zur Reduktion von Fungiziden im Weinbau. Das ist überhaupt keine Frage, und mich freut es, dass es da Züchtungserfolge ohne
Gentechnik gibt. Das ist wirklich ein gutes Zeichen.
Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)
Eine Umstellung auf diese Sorten dauert aber lange und ist auch mit vielen Hürden versehen. Es geht um Vermarktung, es geht um Bekanntheitsgrade, und
es ist viel Arbeit. Also, alleine auf Piwis zu setzen, wie es ein Antrag, der heute auch noch eingebracht wird, tut, greift sicher zu kurz. Sie können und
müssen ein Baustein einer umfassenden Anpassungsstrategie sein, aber wir brauchen tatsächlich eine Klimaanpassungsstrategie im Weinbau, die auf Verbesserung der
Bodenpflege und des Bodenschutzes durch Querterrassierung und Begrünung der Rebzeilen setzt. Wir brauchen eine unabhängige Beratung der Betriebe, eine Anpassung
der Ausbildungsinhalte, eine Stärkung der Biodiversität durch Schaffung von Lebensraum für Nützlinge und – das geschieht auch schon, was mich sehr freut – eine
verstärkte Forschung zu nicht-chemischen Pflanzenschutzmaßnahmen und Prognosesystemen, um Pestizide so begrenzt wie möglich zu verwenden.
Und auch an dieser Stelle sei zu sagen: Es gibt eine europäische Initiative zur Pestizidreduktion. An der Frage der Stoff- und der Gebietskulisse wird
da sicher noch einiges gearbeitet werden müssen.
Zuletzt zur Anpassung – lassen Sie mich das eine nicht auslassen –: Es sieht vielleicht etwas fremd aus, aber die Agri-Photovoltaik mag auch ein
großer Stein bei der Anpassung des Weinbaus an neue Verhältnisse werden.
Ich denke, wir sind uns in einem Punkt einig: In der deutschen Weinpolitik muss der Grundsatz „Qualität vor Quantität“ gelten. Unsere Weinerzeuger
können das. Wir wollen beste Weine erzeugen, Spitzenweine, Topweine. Wir können das natürlich in Baden, natürlich in Württemberg, aber – der Fairness halber;
der Kollege Auernhammer ist nicht da – natürlich auch in Franken und in den zehn anderen Weinbauregionen.
Was unsere Weingüter aber nicht können, ist, mit dem Preis ausländischer Massenware mitzuhalten. Da müssen wir festhalten: Auskömmliche Erlöse sind
elementar für den Fortbestand des deutschen Weins. Und daher halten wir und halte ich auch eine Änderung im vorliegenden Gesetzentwurf durchaus für zielführend,
mit der wir die weitere Ausweitung der deutschen Rebfläche auf ein paar Jahre stärker begrenzen, damit nicht noch mehr Wein auf einen angespannten Markt kommt.
Das hilft, glaube ich, unserem Wein, und das hilft unseren Weingütern auf dem hart umkämpften Weinmarkt.
Der nächste Schritt wird sein, dass wir uns noch mal damit auseinandersetzen, wie wir mit den neuen Herkunftsbezeichnungen besser zurechtkommen, und
wir müssen die Toplagen – Große Lage, Großes Gewächs – mit der besten Qualität und den besten Qualitätsanforderungen versehen.
Kommen Sie bitte zum Schluss.
Vielen herzlichen Dank. Wohl bekomm’s!
Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)
Wir fragen jetzt nicht, was Sie da in Ihrem Glas haben, aber die Weinprobe wird woandershin verlegt, würde ich sagen.
Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Einen schönen guten Abend, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der nächste Redner in dieser Debatte ist Ingmar Jung für die CDU/CSU-Fraktion.
Beifall bei der CDU/CSU)