- Bundestagsanalysen
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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor 30 Jahren wurde der ICTY, der Internationale Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien, durch eine Resolution des UN-Sicherheitsrates ins Leben gerufen. Es war eine historische Entscheidung. In den darauffolgenden Jahren leistete der Gerichtshof Enormes: 161 Angeklagte, fast 11 000 Prozesstage, über 4 000 Zeugen, die von menschenverachtenden Gräueltaten berichteten. Elfmal wurde die Höchststrafe lebenslang verhängt. Von dem ICTY ging eine klare Botschaft aus: Die brutale Missachtung der Genfer Konventionen bleibt nicht unbestraft.
Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der LINKEN)
Menschenrechtsverletzungen werden geahndet. Die internationale Gemeinschaft ist nicht machtlos; sie steht für Menschenrechte ein, wenn Staaten versagen.
Für viele Tausende Angehörige der Opfer war der Internationale Strafgerichtshof die letzte Hoffnung auf Gerechtigkeit. Er gab ihnen das Gefühl, gehört zu werden, das Gefühl, dass der Tod ihrer Familienmitglieder und Freunde nicht in Vergessenheit gerät. Vor diesem Hintergrund ist sowohl die rechtliche als auch die humanitäre Bedeutung des ICTY enorm.
Der Internationale Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien hat auch in vielen Fragen des internationalen Rechts Pionierarbeit geleistet. So wurde zum ersten Mal die sexualisierte Gewalt konsequent geahndet und bestraft. Sexualisierte Gewalt ist ein Kriegsverbrechen und gehört entsprechend bestraft.
Beifall bei der FDP, der SPD, der CDU/CSU, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)
Auch 30 Jahre nachdem der Internationale Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien ins Leben gerufen wurde, sind auf dem Balkan viele alte Wunden nach wie vor offen: der andauernde Konflikt zwischen Serbien und Kosovo, die jüngsten beunruhigenden Entwicklungen in Bosnien-Herzegowina. Das alles zeigt: Kriegsverbrechen zu ahnden und die Täter zu bestrafen, reicht nicht aus. Mindestens genauso wichtig ist es, die Aussöhnung aktiv voranzutreiben,
Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)
die Zivilgesellschaften zu stärken.
Es ist wichtig, dass wir aus der Vergangenheit lernen; denn wir stehen heute vor einer anderen Mammutaufgabe. Jeden Tag werden in der Ukraine durch die russischen Invasoren vorsätzlich gravierende Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen. Jeden Tag werden Zivilisten gezielt angegriffen. Sexualisierte Gewalt wird wieder als Kriegswaffe genutzt. Zivile Infrastruktur und Kulturerbe werden zerstört. Ukrainische Kinder werden verschleppt und entführt. Auch diese Straftaten müssen aufgeklärt und geahndet werden.
Beifall bei der FDP, der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bin überzeugt: Auch diese Aufgabe werden wir gemeinsam mit unseren Partnern, als internationale Gemeinschaft, bewältigen. Heute sind wir viel weiter, als es die Väter und Mütter des ICTY vor 30 Jahren waren. Der Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien verurteilte anfänglich nur die Handlanger, nur die kleinen Fische. Es bedurfte großen Aufwands, bis Massenmörder wie Ratko Mladic verurteilt wurden. Das ICC hingegen hat schon jetzt den Haupttäter in der Ukraine, Russlands Präsidenten Wladimir Putin, klar benannt. Kein Kriegsverbrechen, kein Verstoß gegen die Menschenrechte darf ungestraft bleiben.
Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)
Das muss unser Anspruch sein.
Nicht jede Wunde, körperlich wie seelisch, lässt sich heilen. Wir können aber den Hinterbliebenen Gerechtigkeit geben. Wir können die Täter bestrafen und damit die Opfer würdigen. Das war der Auftrag des ICTY, und das ist auch heute der zentrale Auftrag an uns alle, die wir auf nationaler wie internationaler Ebene Verantwortung tragen.
Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)