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Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir sprechen heute erneut über das Thema Staatsangehörigkeit – ein Thema, das hier im Hause,
aber auch draußen im Land viele Menschen bewegt.
Wir haben bereits im vergangenen Dezember darüber gesprochen, und wir hätten, Frau Faeser, schon erwartet, dass Sie uns nach nun über einem halben
Jahr endlich auch mal Ihren Gesetzentwurf dazu vorlegen.
Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU
Nancy Faeser, Bundesministerin: Der liegt ja vor! Das wissen Sie!)
Sie bringen heute noch immer kein Gesetz ein, sondern haben sich dazu entschieden, als Regierungskoalition eine Aktuelle Stunde zu beantragen – das
ist in diesem Zusammenhang ja ein durchaus ungewöhnlicher Vorgang –, eine Aktuelle Stunde wohlgemerkt zu einem Vorhaben, auf das Sie sich sechs Monate lang
nicht haben einigen können.
Zuruf der Abg. Gülistan Yüksel [SPD])
Damit befindet sich das Staatsangehörigkeitsrecht bei Ihnen jedenfalls in guter Gesellschaft mit mindestens 30 weiteren Vorhaben, über die Sie derzeit
in der Koalition sehr beherzt miteinander streiten. Ich muss Ihnen leider die Hoffnung nehmen – sie ist ja gelegentlich geäußert worden –, dass wir beim Thema
Staatsangehörigkeit auf dieser Grundlage irgendwie zusammenkommen werden.
Frau Faeser, man muss es so deutlich sagen: Die Bilanz Ihrer Migrationspolitik nach nun etwa anderthalb Jahren im Amt ist verheerend. Die von Ihnen
angekündigte europäische Initiative zur Flüchtlingsverteilung ist schon nach wenigen Wochen komplett gescheitert. Der Zustrom an Fluchtsuchenden ist heute so
groß wie nie zuvor, und Sie lassen Bürgermeister und Landräte komplett im Regen stehen.
Beifall bei der CDU/CSU)
Stattdessen beschließen Sie im Deutschen Bundestag nun ein Gesetz, das auch denjenigen Ausländern ein Aufenthaltsrecht zukommen lässt, die ihre
Identität bewusst verschleiern. Von der bislang versprochenen Abschiebeinitiative ist nichts übrig geblieben. Noch immer sind rund 300 000 Ausreisepflichtige in
unserem Land, darunter auch Gefährder und Straftäter.
Zuruf der Bundesministerin Nancy Faeser)
Und es ist wahr: Sie wollen ausgerechnet in dieser Situation nun die Axt an unser bewährtes Staatsangehörigkeitsrecht legen. Der Doppelpass soll nicht
länger die gut begründete Ausnahme bleiben, sondern künftig die Regel werden.
Für uns als Union ist klar: Wer sich hier gut integriert hat, wer unsere Sprache erlernt hat, wer die nötige Wartezeit erfüllt hat, der kann die
deutsche Staatsangehörigkeit beantragen.
Dabei sollte es auch weiterhin bleiben. Wir freuen uns über jeden, der sich zu unserem Land bekennt und das mit seiner Einbürgerung auch feierlich
besiegeln will.
Beifall bei der CDU/CSU)
Für uns, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist aber auch klar: Dieser deutsche Pass ist nicht nur irgendein Dokument; er ist mehr als ein Stück
Papier. Er steht am Ende und nicht am Anfang der Integration. Ich finde, das wird am deutlichsten daran, dass man staatsbürgerliche Loyalitäten nicht einfach
aufteilen kann zwischen zwei oder gar mehr Ländern.
Herr Kuhle, Sie haben über das Wahlrecht gesprochen. In der Tat, das beschäftigt auch uns; denn doppelte Staatsbürgerschaft, wie Sie sie vorsehen,
bedeutet eben auch doppeltes Wahlrecht.
Zuruf von der SPD: Das gibt es doch heute schon!)
Die Probleme, die damit einhergehen, haben wir ja erst vor wenigen Tagen ganz auffällig bei den Wahlen in der Türkei beobachten können:
Zuruf von der FDP: In Berlin haben die meisten CDU gewählt!)
Eine große Mehrheit der hier lebenden Türkinnen und Türken, darunter viele Doppeltstaatler, hat ihre Stimme für den türkischen Präsidenten Erdogan
abgegeben. Ich finde: Das muss uns große Sorgen machen.
Zuruf der Abg. Gülistan Yüksel [SPD])
Das sind Menschen, die hier sämtliche Freiheitsrechte unseres Grundgesetzes genießen und gleichzeitig mit ihrem türkischen Pass für ein Regime
stimmen, das all diese Werte mit Füßen tritt. Das ist das Gegenteil von gelungener Integration und zeigt deutlich, dass Ihr Konzept des Doppelpasses bereits
jetzt gescheitert ist.
Beifall bei der CDU/CSU)
Bei all den Ländern, die Sie genannt haben, gibt es ja wesentliche Unterschiede zu uns. Sie schlagen mit diesem Gesetz einen Weg ein, den kein anderes
modernes Industrieland gewählt hat.
Zuruf der Abg. Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Dort, wo das Staatsangehörigkeitsrecht liberalisiert wird, gibt es immer eine sehr selektive Migrationssteuerung, die sich an den Interessen des
Aufnahmelandes orientiert.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das, was Sie nun offenbar im Staatsangehörigkeitsrecht planen – den Gesetzentwurf kennen wir ja als Deutscher
Bundestag noch nicht –, ist ein fataler Irrweg, und er gefährdet den sozialen Frieden in unserem Land. Nichts daran – nichts daran! – ist modern. Es sind längst
gescheiterte Ideen aus der integrationspolitischen Mottenkiste, und dort sollten sie auch bleiben.
Beifall bei der CDU/CSU
Sie gehen mit Volldampf in die Vergangenheit!)
Für die SPD-Fraktion hat das Wort Gülistan Yüksel.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Stephan Thomae [FDP])