Zwischenrufe:
4
Beifall:
21
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Staatsangehörigkeit ist das vornehmste Recht, das ein Land einem Ausländer verleihen kann, und
deswegen knüpft jedes Land der Welt strenge Voraussetzungen an die Verleihung der Staatsangehörigkeit. Daher ist es auch in Deutschland schon heute so, dass man
über ausreichende Sprachkenntnisse verfügen muss. Deswegen ist es auch heute schon in Deutschland so, dass man keine Straftaten begangen haben darf, und
deswegen ist auch heute schon im Aufenthalts- und im Staatsangehörigkeitsrecht geregelt, dass man in der Lage sein muss, sich selbst und seine
Familienangehörigen zu ernähren.
Wer eingebürgert werden will, der muss also in der Lage sein, von seiner eigenen Arbeit zu leben. Und weil wir in Deutschland eine neue
Migrationspolitik brauchen, die nach dem Grundsatz „Mehr reguläre, weniger irreguläre Migration“ funktioniert, werden wir dieses Kriterium klarer fassen, und
wir werden es verschärfen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Beifall bei der FDP)
Weil es genau richtig ist, sich dieses Kriterium anzusehen, ist es auch richtig, sich mit der Leistung derjenigen zu befassen, die in den letzten
Jahren und Jahrzehnten in den deutschen Arbeitsmarkt eingewandert sind. Seit Mitte der 1950er-Jahre bis zum sogenannten Anwerbestopp im Jahr 1973 kamen etwa
14 Millionen Menschen zum Arbeiten nach Deutschland. Übrigens sind ungefähr 11 Millionen davon wieder in ihre Herkunftsländer zurückgekehrt. Aber viele von
ihnen sind noch heute Teil der Gesellschaft. Sie haben hier Kinder bekommen. Sie haben hier Enkel. Und all diese Menschen wissen sehr gut, was Arbeit ist.
Deutschland hat einen sehr großen Teil seines Wohlstandes auch diesen fleißigen Menschen aus Portugal, aus Spanien, aus Italien, aus dem ehemaligen
Jugoslawien, aus Griechenland, aus der Türkei, aus Marokko und aus Tunesien zu verdanken.
Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Matthias W. Birkwald [DIE LINKE])
Hinzu kommen die Vertragsarbeiter in der ehemaligen DDR. Und ich will Ihnen das ganz klar sagen: Ich finde es weltfremd und absurd, dass Menschen, die
seit drei Generationen hier sind und arbeiten, nicht über die deutsche Staatsangehörigkeit verfügen. Das ändern wir jetzt, liebe Kolleginnen und Kollegen!
Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Es gab im US-amerikanischen Unabhängigkeitskrieg die Parole „No taxation without representation“ – keine Besteuerung ohne politische Vertretung. Wir
reden in Deutschland über Menschen, die seit mehreren Generationen in die sozialen Sicherungssysteme einzahlen und über mehrere Generationen in den Steuersäckel
einzahlen, ohne über das Wahlrecht zu verfügen. Da wird sich doch jedes klassische Einwanderungsland auf der Welt totlachen, dass wir diese Menschen nicht
längst eingebürgert haben. Es ist gut, dass wir das ändern, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD
Der Zusammenhang zwischen Wahlrecht und Steuern ist lange
abgeschafft!)
Die politische Linke – Sie haben es heute nicht gemacht; aber ich höre es immer wieder – fordert regelmäßig ein Ausländerwahlrecht. Wir sollten genau
den umgekehrten Weg gehen: Wir sollten aus diesen Menschen Staatsbürger machen, damit sie als Staatsbürger das Wahlrecht haben, und wir sollten nicht das
Wahlrecht auf Ausländer erstrecken. Das ist der richtige Weg und den gehen wir jetzt, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Beifall bei der FDP sowie des Abg. Dirk Wiese [SPD])
Es ist ja schon darüber gesprochen worden, dass das erfolgreiche Einwanderungsländer auf der Welt so machen. Und es ist auch schon darüber gesprochen
worden, dass es am Ende um die Umsetzung geht. Ich bin überzeugt davon, dass sich viele Menschen bisher nicht haben einbürgern lassen, weil wir auch nicht
vernünftig für den Tatbestand der Einbürgerung geworben haben und weil wir uns verzagt und bräsig bei der Durchführung dieser Einbürgerung gezeigt haben. Ja, es
gibt gute Bürgermeisterinnen und Bürgermeister und gute Landräte, die heute schon Einbürgerungsfeiern machen, mit unseren Nationalfarben – mit unserer Hymne,
mit Überreichung einer Urkunde, mit der Überreichung des Grundgesetzes.
Zuruf der Abg. Dr. Silke Launert [CDU/CSU])
Das gibt es schon, aber eben nicht flächendeckend. Deswegen schreiben wir jetzt Einbürgerungsfeiern ins Gesetz: weil die Verleihung der deutschen
Staatsangehörigkeit ein Grund zum Feiern ist. Darauf sollten wir stolz sein, liebe Kolleginnen und Kollegen!
Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Auch bei der Frage der Mehrstaatigkeit will ich einmal darauf hinweisen: 65 Prozent der türkischen Staatsangehörigen in Deutschland, die an der Wahl
in der Türkei teilgenommen haben – 65 Prozent der Teilnehmer! –, haben für Erdogan gestimmt. Das macht einen sehr nachdenklich, zu Recht. Aber es haben doch
überhaupt nur 50 Prozent der Menschen mit türkischem Pass an der Abstimmung teilgenommen. Da wäre es doch völlig daneben, diejenigen zu bestrafen, die sich
gerade nicht für Erdogan entschieden haben. Mehrstaatigkeit ist kein Wert an sich.
Zuruf der Abg. Gülistan Yüksel [SPD])
Ich finde es gut, wenn sich Menschen in der zweiten, in der dritten Generation für den deutschen Pass entscheiden. Aber es nimmt doch niemandem etwas
weg, wenn jemand, der auch noch eine Beziehung zum Herkunftsland seiner Eltern oder Großeltern hat, auch noch einen zweiten Pass in der Tasche hat.
Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Deswegen ist es gut, dass wir mit dieser Lebenslüge der deutschen Integrations- und der deutschen Staatsangehörigkeitspolitik aufhören.
Liebe Kollegen, ich will ganz zum Abschluss sagen, dass ich mich sehr über die Einlassungen aus der Union gewundert habe. Es ist ja im Zusammenhang
mit diesem Gesetz, das jetzt kommt, gesagt worden: Es könnte dazu führen, dass mehr Menschen nach Deutschland einwandern. – Ja, wer pflegt denn Ihre Eltern? Wer
kümmert sich denn darum, dass die Busse in Deutschland gefahren werden? Wer kümmert sich denn darum, dass in der Gastronomie gearbeitet wird?
Es ging um irreguläre Migration und nicht um Einwanderung! Erzählen Sie nicht so einen Fake hier! Das ist einfach falsch
zitiert!)
Der Arbeitskräftemangel ist doch mit Händen zu greifen. Wir hatten in dieser Woche eine Anhörung im Innenausschuss zum Thema Fachkräfteeinwanderung.
Da ist gesagt worden: Wir brauchen eine sechsstellige Anzahl –
Kommen Sie bitte zum Schluss.
– an Zuwanderern in den Arbeitsmarkt in dieser Zeit.
Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Natürlich brauchen wir Menschen, die in den Arbeitsmarkt einwandern. Und wir werden mit dieser neuen Staatsangehörigkeitsrechtsreform das Signal
aussenden:
Ich habe ausdrücklich von „irregulärer Migration“ gesprochen!)
Wer in Deutschland durch Fleiß und Arbeit mitmacht, der kann schneller dazugehören.
Hören Sie mal besser zu!)
Das ist genau der richtige Weg. Ich weiß nicht, was man dagegen haben kann.
Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)