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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eine gute Sozialpartnerschaft mit fairen Tarifverträgen ist eine der wichtigsten
Grundlagen unserer sozialen Marktwirtschaft. Der Dialog zwischen Gewerkschaften und Arbeitnehmervertretungen auf der einen und Arbeitgebern auf der anderen
Seite ist Voraussetzung für ein partnerschaftliches Miteinander und damit auch für gute Arbeitsbedingungen und sichere Arbeitsplätze. Und wir sehen: Wo es
Tarifbindungen gibt, da werden Angestellte meist besser bezahlt. Wo es Tarifbindungen gibt, können gute Kompromisse zu Arbeitszeiten, Urlaubsregelungen,
Weiterbildungsmöglichkeiten und vielem mehr gefunden werden. Besonders Frauen profitieren von Tarifverträgen; im Schnitt verdienen sie hier 9 Prozent mehr.
Unternehmen wiederum können sicherer planen, haben zufriedenere Angestellte und häufig eine höhere Arbeitskräftebindung – in Zeiten des Fachkräftemangels ein
nicht zu unterschätzender Vorteil.
Wir wissen zudem, dass die Tarifbindung in den Unternehmen am höchsten ist, die auch betriebliche Mitbestimmung haben. In der vergangenen
Legislaturperiode haben wir als unionsgeführte Bundesregierung mit dem Betriebsrätemodernisierungsgesetz die Gründung von Betriebsräten erleichtert und
betriebliche Mitbestimmung somit deutlich gestärkt.
Wir wollten es ja Betriebsrätestärkungsgesetz nennen!
Warum klatscht eigentlich die
Union gerade nicht?)
Für bestimmte Arbeitsverhältnisse ist dies von besonderer Bedeutung. Nehmen wir beispielsweise den Schichtdienst: Viele Beschäftigte klagen hier über
Schlafstörungen, Rückenschmerzen und Erschöpfung. Nach Ansicht von Experten werden viele dieser Probleme durch Schichtpläne verursacht, die die Bedürfnisse der
Beschäftigten nicht ausreichend berücksichtigen. In einigen Arbeitsbereichen sind Schicht- und Nachtarbeit nicht zu verhindern; aber Tarifverträge und die
Mitbestimmungsrechte von Betriebsräten können hier zu besseren Arbeitsbedingungen beitragen.
Beifall bei der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Annika Klose [SPD]
Wir klatschen
jetzt mal!)
Ich denke, so viel ist klar: Die Tarifbindung ist ein wichtiger Baustein unserer Arbeitswelt. Und deshalb sollte es uns tatsächlich Sorgen bereiten,
dass die Tarifbindung in den letzten Jahren stark abgenommen hat. Mittlerweile sind es nur noch 43 Prozent der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und damit
nicht einmal mehr jeder Zweite, der in einem Tarifvertrag beschäftigt ist. Wenn die Tarifbindung niedrig ist – das haben wir heute auch schon gehört –, dann
sollten wir darüber nachdenken, wie wir sie stärken und attraktiver machen können.
Deshalb haben wir übrigens als unionsgeführte Bundesregierung seinerzeit das Tarifautonomiestärkungsgesetz eingeführt.
„Seinerzeit“! Das ist schon ein bisschen länger her, ne?
Das war die Andrea Nahles
als Arbeitsministerin!)
Eine rigide staatliche Einmischung aber in die Sozialpartnerschaft, wie sie Die Linke in regelmäßigen Abständen fordert, ist aber sicher nicht der
richtige Weg.
Beifall bei der CDU/CSU
Diese Einflussnahme staatlicherseits steht ganz klar im Widerspruch zum Grundgedanken der Tarifautonomie; ich bin sehr dankbar, dass der Kollege Kober
das gerade ausgeführt hat. Die Tarifautonomie ist das grundgesetzlich verankerte Recht der Arbeitnehmer und Arbeitgeber, autonome Verträge ohne staatliche
Einflussnahme verhandeln zu können.
Und wie will jetzt die Union die Tarifbindung stärken?)
Und im Übrigen steht diese Art von staatlichen Eingriffen, wie Die Linke sie regelmäßig fordert, auch im Widerspruch nicht nur zu der Tarifautonomie,
sondern sie mindern auch den Wert von Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertretungen.
Der richtige Weg kann deshalb nur eine Zusammenarbeit der Sozialpartner auf Augenhöhe sein. Nur durch eine echte, gelebte Tarifautonomie können für
beide Seiten, Arbeitgeber und Arbeitnehmer, lebensnahe, passgenaue Lösungen für die jeweilige Situation gefunden werden.
Aber das ist doch gerade schon der Fall! Wo ist denn die Lösung?)
Denn was für ein Unternehmen mit 200 oder 500 Beschäftigten vielleicht ein gangbarer Weg sein kann, könnte für einen kleinen Handwerksbetrieb eine
Überforderung bedeuten, ausufernde Bürokratie mit sich bringen und schlimmstenfalls Arbeitsplätze gefährden.
Beifall bei der CDU/CSU)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, zukunftsorientierte Lösungen brauchen belastbare Kompromisse und eine starke Sozialpartnerschaft. Der Staat kann das
nicht leisten.
Das ist ein bisschen widersprüchlich!)
Und in einer sozialen Marktwirtschaft mit starken sozialen Leitplanken, wie wir sie haben, soll er das auch gar nicht. Haben wir doch auch mal
Vertrauen in die Menschen und trauen es ihnen zu, dass sie im Dialog gemeinsam die besten Lösungen für eine gute betriebliche Zusammenarbeit finden!
Beifall bei der CDU/CSU
Sie haben doch gerade die Zahlen zitiert! Sie haben doch gesagt, wie die Zahlen
nach unten gehen!)
Mathias Papendieck ist der nächste Redner für die SPD-Fraktion.
Beifall bei der SPD)