- Bundestagsanalysen
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zeuginnen und Zeugen Jehovas leisteten aus ihrem Glauben heraus Widerstand gegen den Nationalsozialismus. Sie wurden gedemütigt, in Gefängnisse und Konzentrationslager verschleppt und ermordet. Es wird höchste Zeit, dass wir diese Verbrechen nicht länger ignorieren.
Die Nationalsozialisten betrachteten die Zeugen Jehovas als Teil einer angeblichen jüdischen Weltverschwörung, da sie sich gegen Antisemitismus und Rassismus ausgesprochen hatten. Sie wurden, wie wir schon gehört haben, mit dem violetten Winkel markiert. Höchste Stellen im Verfolgungsapparat beschäftigten sich mit ihnen, obwohl sie nur eine kleine Gemeinschaft darstellten. Sie sollten ausgelöscht werden, weil sie nach Ansicht der Nationalsozialisten nicht in die angeblich homogene Volksgemeinschaft passten.
Mit dem geplanten Mahnmal zeigen wir, dass wir das geschehene Unrecht anerkennen, dass wir das Andenken bewahren, Verbrechen benennen und dass wir mit den Angehörigen mitleiden. Das sind wir ihnen und auch den Gemeinden längst schuldig. Wie groß sind Schmerz und Enttäuschung bei ihnen nach dieser langen Zeit?
Wir wissen, dass eine Wiedergutmachung unmöglich ist, und wir müssen uns auch heute fragen: Warum haben nur so wenige Menschen protestiert oder den Verfolgten geholfen? Warum kamen alle ungeschoren davon, die Verstecke verraten haben, sich an fremdem Eigentum bereicherten und in die Wohnungen Ermordeter einzogen? – Jedes Mahnmal erinnert daran, wie schlimm die Dinge werden können. Es erinnert an die Denkweisen, die ursächlich waren. Und: Es ist Energiequelle für die Einrichtung der Gegenwart.
Wir müssen uns fragen: Ist unsere vielfältige, tolerante Gesellschaft stark und wachsam genug, um denen zu begegnen, die neue Ausschlüsse fordern? Reichen unsere Bemühungen, dem Zulauf zu rechten Organisationen Einhalt zu gebieten? Wie gehen wir damit um, dass wir die Opfer des Nationalsozialismus beklagen, und gleichzeitig sitzen hier Menschen im Saal, die die Nazizeit als „Vogelschiss“ bezeichnen und sich in rechtsextremen Strukturen bewegen?
Schämen Sie sich!
Billige Instrumentalisierung!)
Wie kommt das bei den Angehörigen an?
Wir haben noch viel zu tun, meine sehr verehrten Damen und Herren. Diese Verbrechen dürfen sich nicht wiederholen.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der LINKEN)
Ich schließe die Aussprache.