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Liebe Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste der Glaubensgemeinschaft der Zeugen Jehovas auf unserer Tribüne! Am 25. Juni
1999 verpflichtete der Bundestag in seinem Beschluss zum Denkmal für die ermordeten Juden Europas die Bundesrepublik Deutschland, aller Opfer des
Nationalsozialismus würdig zu gedenken.
Wir wissen, dass dies bis heute leider nicht der Fall ist. Eine Gruppe, über deren Widerstand und deren Verfolgung viele Menschen wenig oder gar
nichts wissen, sind – es wurde schon dargestellt – die Zeugen Jehovas. Diese christliche Glaubensgemeinschaft lehnte den Nationalsozialismus von Beginn an
geschlossen ab. Ihre Mitglieder verweigerten den Kriegsdienst, den Hitlergruß und überhaupt jede Beteiligung an der Unrechtsherrschaft der Nazis. Zeugen Jehovas
protestierten öffentlich, informierten die Weltöffentlichkeit wie auch die deutsche Bevölkerung über nationalsozialistische Verbrechen, und sie halfen anderen
Verfolgten.
Über die gesamte Dauer der Naziherrschaft wurden sie systematisch verfolgt. Schon im Jahr der Machtergreifung, 1933, wurde diese Vereinigung verboten
und die Glaubensausübung untersagt. Zu diesem Zeitpunkt gab es im Deutschen Reich circa 25 000 bekennende Zeugen Jehovas nebst Kindern und Umfeld. Von ihnen
erlitten über 10 000 direkte Verfolgung. In den besetzten Ländern Europas kamen weitere 2 700 verfolgte Zeugen Jehovas dazu. Viele wurden in KZs inhaftiert, wo
sie eine eigene farbliche Kennzeichnung tragen mussten, den lila Winkel. Viele verloren ihr Leben, darunter über 300 Kriegsdienstverweigerer, die hingerichtet
wurden oder in der Haft oder in Strafeinheiten ums Leben kamen. 1 250 Minderjährige wurden europaweit verfolgt, über 600 Kinder ihren Eltern weggenommen.
Wir wollen dieser Opfer gedenken und den Widerstand der Zeugen Jehovas würdigen. Zu diesem Zweck wollen wir im Berliner Tiergarten ein Mahnmal
errichten. Es soll ein Ort entstehen, der Gedenken ermöglicht, aber auch über den Widerstand und die Verfolgung informiert. Dieses Vorhaben geht zurück auf eine
Initiative der Arnold-Liebster-Stiftung; sie ist benannt nach ihren Gründern Max Liebster, der aus einer jüdischen Familie entstammte und viele Angehörige im
Holocaust verlor, und seiner Ehefrau Simone Arnold-Liebster, einer Zeugin Jehovas, die schon als Kind den Misshandlungen der Nazis ausgesetzt war und umerzogen
werden sollte und deren Eltern in Konzentrationslagern inhaftiert waren.
Der für das Mahnmal vorgesehene Standort hat historische Bedeutung. Der Goldfischteich im Berliner Tiergarten war ein Ort des Widerstands gegen das
NS-Regime. Er diente für konspirative Treffen ebenso wie für die Erarbeitung von Flugblättern, die dann verteilt wurden. Im August 1936 fand dort eine große
Verhaftungsaktion statt, und das Versteck flog auf.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, auch ich bin sehr froh, dass wir als Koalition diesen Antrag gemeinsam mit der CDU/CSU-Fraktion einbringen können, und
ich danke ganz herzlich meiner Kollegin Annette Widmann-Mauz und meinen beiden Kollegen Thomas Hacker und Erhard Grundl für die vertrauensvolle Zusammenarbeit.
Ebenfalls möchte ich danken der Stiftung „Denkmal für die ermordeten Juden Europas“ und ihrem Direktor Uwe Neumärker für die Unterstützung.
Auch die Fraktion Die Linke hätte den Antrag gerne mitgetragen.
Ich bedauere sehr, dass es nicht möglich war, einen gemeinsamen Antrag aller demokratischen Fraktionen aufs Papier zu bringen.
– An der SPD-Fraktion lag es nicht, und an den Linken lag es auch nicht. – Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union, wäre ein solches Thema nicht
ein Anlass, einmal von Ihrer Ausschlussregel abzusehen?
Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Frau Kollegin, Ihre Redezeit ist zu Ende.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Linken, bitte stimmen Sie diesem Antrag dennoch zu.
Wir wurden gar nicht gefragt!)
Auch ich freue mich auf die Anhörung im Kulturausschuss –
– sofort –, wo wir noch viel mehr und detaillierter über die Verfolgungsgeschichte der Zeugen Jehovas erfahren werden und wo wir sicherlich noch
intensiver über die konkrete Ausgestaltung des Denkmals werden reden können.
Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Dr. Marc Jongen hat jetzt das Wort für die AfD-Fraktion.
Beifall bei der AfD)