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Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Am kommenden Sonntag findet in der Türkei die Präsidentschaftswahl statt. Der Europarat führt in der
Türkei, so wie er es in vielen Mitgliedstaaten tut, eine Wahlbeobachtermission durch. Und die beiden Mitglieder der Parlamentarischen Versammlung des Europarats
aus der FDP-Fraktion, Michael Link und Gyde Jensen, sind jetzt schon in der Türkei, um dort als Wahlbeobachter tätig zu sein. Das ist der Grund, warum die
beiden stellvertretenden Mitglieder, Christoph Hoffmann und meine Person, in dieser Debatte das Wort ergreifen.
Der Europarat ist seit 74 Jahren eine Institution auf unserem Kontinent, die sich für Menschenrechte, für Demokratie und für Rechtsstaatlichkeit
einsetzt. Und der Europarat tut das immer in dem Bewusstsein, dass der eine Mitgliedstaat des Europarates den anderen Mitgliedstaat kontrollieren kann. Deswegen
gibt es Wahlbeobachtermissionen, und deswegen wird im Europarat natürlich auch darüber gesprochen, ob und inwiefern es Menschenrechtsverletzungen in Staaten wie
Deutschland gibt.
Der Europarat setzt also voraus, dass es ein Mindestmaß an Übereinstimmung zwischen den Mitgliedstaaten mit Blick auf die Grundwerte
Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Menschenrechte gibt. Nur wenn es diese Übereinstimmung gibt, können die Institutionen des Europarats einen realen
Unterschied in den Mitgliedstaaten machen.
Armin Laschet hat es gesagt: Es gibt viele Institutionen des Europarates, aber zwei sind besonders wirkmächtig: Das sind die Europäische
Menschenrechtskonvention und der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte. Wir können feststellen, dass diese Institutionen in vielen Mitgliedstaaten in der
Lage sind, einen realen Unterschied zu machen. Wir müssen aber leider konstatieren, dass es auch Mitgliedstaaten gibt, in denen die Entscheidungen der
Institution Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte eben gerade keinen Unterschied machen, und das ist leider die Türkei. Der Europäische Gerichtshof für
Menschenrechte hat mehrfach entschieden, dass Osman Kavala – der Unternehmer, der dort in Haft sitzt – freizulassen ist, und obwohl sich die Türkei
völkerrechtlich verpflichtet hat, die Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte umzusetzen, hat er keine Chance auf Freilassung. Liebe
Kolleginnen und Kollegen, am Sonntag entscheidet das türkische Volk. Es ist nicht unsere Entscheidung, aber wir haben Grund, zu hoffen, dass diese Wahl auch
einen Beitrag dazu leistet, dass sich die Türkei künftig wieder völkerrechtsfreundlicher verhält.
Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Wenn man sich mit dem Europarat befasst, dann stellt man schnell fest, dass die Institutionen des Europarates für Staaten, die nicht der Europäischen
Union angehören, oftmals eine ganz andere Wertigkeit haben als für die Staaten, die der Europäischen Union angehören. Denn Staaten wie Aserbaidschan, Armenien,
Georgien, Staaten auf dem Balkan, Staaten wie die Ukraine haben sonst kein parlamentarisches Forum, um sich mit anderen Staaten in Europa auszutauschen.
Deswegen ist es so wichtig, dass jetzt nach 18 Jahren wieder ein Gipfel auf der Ebene der Staats- und Regierungschefs stattfindet.
Ich habe mir mal angeschaut, wer bei dem letzten Gipfel 2005 geredet hat, und ich habe gesehen, dass 2005 Sergej Lawrow – damals schon russischer
Außenminister – auf dem Gipfel geredet hat. Und jeder, der behauptet, dass es in den letzten Jahren keine Diskussionsforen mit Russland gegeben habe, sagt
schlicht die Unwahrheit. Es hat so viele Gelegenheiten gegeben, mit Russland zu sprechen. Russland hat den Europarat über Jahre hinweg an der Nase
herumgeführt,
und ich werde die Wortmeldung der ukrainischen Delegation mein Leben lang nicht vergessen, als wir 2019 den Fehler gemacht haben, Russlands
Stimmrechte wieder zu aktivieren. Ich bin froh, dass damals auch einige aus der deutschen Delegation dagegengestimmt haben. Es ist höchste Zeit gewesen,
Russland aus dem Europarat zu suspendieren. Es war viel zu spät, und wir hätten diesen Fehler 2019 nicht machen dürfen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Knut Abraham [CDU/CSU])
Nun ist es so, dass wir darüber gesprochen haben, welche Voraussetzungen ein produktives Zusammenwirken im Europarat hat, also ein Mindestmaß an
Übereinstimmung mit Blick auf die Werte Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte und Demokratie. Wir können das bei vielen Staaten feststellen, die dem Europarat
heute schon angehören. Es gibt aber auch einen Staat in Europa, der viele dieser Voraussetzungen mitbringt und der dem Europarat noch nicht angehört. Das ist
die Republik Kosovo. Ich würde mir wünschen, dass in den nächsten Monaten, in den nächsten Jahren sehr zügig eine Entscheidung darüber herbeigeführt wird, dass
die Republik Kosovo zum vollständigen, zum vollwertigen Mitglied des Europarates wird.
Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Das wäre ein Beitrag zu Stabilität auf dem Balkan. Das wäre ein Beitrag für die Menschenrechtssituation in Europa, und das wäre auch ein Zeichen
dafür, dass der Europarat eine Gruppe von gleichgesinnten Staaten für die Menschenrechte, für die Rechtsstaatlichkeit und für die Demokratie ist. Und da gehört
auch die Republik Kosovo mit an den Tisch.
Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Das Wort hat Andrej Hunko für die Fraktion Die Linke.
Beifall bei der LINKEN)