Zwischenrufe:
3
Beifall:
13
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr verehrte Damen und Herren! Heinrich von Gagern, Adam von Itzstein, Ernst Moritz
Arndt, Carl Theodor Welcker, Georg Christoph Binding, Friedrich Römer, Robert Blum, Martin Eduard Simson – nur beispielhaft kann ich an dieser Stelle an acht
Namen von zunächst 585, im Laufe der Zeit insgesamt über 800 Parlamentarierinnen und Parlamentariern in der Frankfurter Paulskirche erinnern. Jeder von ihnen
hätte heute eine eigene Erwähnung verdient.
Zuruf des Abg. Martin Reichardt [AfD])
Als Parlamentarierinnen und Parlamentarier in diesem Hohen Haus stehen wir auf den Schultern dieser Riesen, wenn wir heute hier im demokratischen
Diskurs, im Wettstreit miteinander Demokratie gestalten, Demokratie leben können. Diesen Persönlichkeiten gebührt ein ganz besonderer Dank von uns, liebe
Kolleginnen und Kollegen!
Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD
Zuruf des Abg. Dr. Götz Frömming [AfD])
Diese Mitglieder der konstituierenden Reichsversammlung des ersten freigewählten gesamtdeutschen Parlamentes haben vor 175 Jahren das Wagnis
unternommen, einen gesamtdeutschen Staat zu errichten und eine Verfassung zu erarbeiten. Am 18. Mai, also nächste Woche, vor 175 Jahren trat das Parlament das
erste Mal zusammen. Trotz einer ganzen Reihe von Spottgedichten – ich erinnere an Georg Herwegh, der von „Das Reden nimmt kein End’“ mit Blick auf die
Paulskirche sprach – hat dieses Parlament in erstaunlich kurzer Zeit Handlungsfähigkeit bewiesen.
Im Dezember 1848 wurden die Grundrechte des deutschen Volkes verabschiedet und in Kraft gesetzt; auch das sollte nicht vergessen werden. Im März 1849
wurde die Paulskirchenverfassung verabschiedet. Sie trägt die Unterschrift von über 400 Abgeordneten – eine eigenmächtige Verkündung, wie sie kein Beispiel in
der Geschichte hat. Das Ganze hat einen viel prominenteren Platz in der deutschen Erinnerungskultur verdient, als es heute hat, liebe Kolleginnen und
Kollegen.
Beifall bei Abgeordneten der FDP, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Alleine die Ausstellung zur Geschichte des Originalexemplars der Verfassung, welche wir seit wenigen Wochen hier im Parlament besuchen können, ist
dafür ein wunderschönes Beispiel. Verloren gegangen in den Wirren nach dem Zweiten Weltkrieg, wurde es 1951 in Potsdam auf einem Schutthaufen
wiederentdeckt.
Der Finder Klaus Trieglaff, den ich bewusst namentlich erwähnen möchte, bekam dafür übrigens 20 Mark und ein Dankesschreiben. Gut, dass dieses
Dokument erhalten geblieben ist. Trieglaff gebührt besonderer Dank, und den spreche ich gerne hier und heute aus. Ich hoffe, es erreicht ihn, liebe Kolleginnen
und Kollegen.
Beifall des Abg. Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]
Da kann man ein bisschen mehr geben als 20 Mark!)
Wer den Grundrechtekatalog der Paulskirchenversammlung neben den des Grundgesetzes legt, sieht, in welcher Tradition wir heute mit unserer
freiheitlich-demokratischen Grundordnung stehen: Gleichheit vor dem Gesetz, Unverletzlichkeit der Freiheit, Gewährleistung von Meinungs- und
Versammlungsfreiheit, Unverletzlichkeit des Eigentums, Schutz nationaler Minderheiten und – nicht zu vergessen! – die Einführung einer Art Verfassungsbeschwerde
bei der Verletzung von Rechten aus der Verfassung.
Wir wissen: Die deutsche Revolution und die Paulskirchenversammlung waren am Ende nicht von Erfolg gekrönt. Die Revolution scheiterte. Genau diese
historische Entwicklung sollte uns immer wieder mahnen und bewusst machen, dass Freiheit, Demokratie und Rechtsstaat alles andere als selbstverständlich sind,
sondern verteidigt und erkämpft werden müssen – immer wieder. Es reicht nicht, dies aus dem Zuschauerraum oder vom Aufsichtsratssessel aus zu tun. Es ist die
gemeinsame Aufgabe von uns Abgeordneten und der gesamten Bevölkerung, die Freiheit und die Demokratie in diesem Land immer wieder zu verteidigen:
Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
gegen die Verächtlichmachung parlamentarischer Verfahren von innen und von außen, gegen die Delegitimierung parlamentarischer Wege – ohne dass
beantwortet werden kann, wie ein alternatives Herrschaftssystem eigentlich aussehen soll.
Wir Parlamentarier dürfen es nicht bei dieser Vereinbarten Debatte belassen. Auch ein Haus der Demokratie reicht alleine nicht. Wir sollten unsere
Parlaments- und Demokratiegeschichte immer wieder zum Gegenstand von Debatten wie der heutigen machen. Deswegen schlage ich abschließend ganz konkret vor, dass
wir erstens die Debatte zur Frage eines Gedenktages in Erinnerung an die Ereignisse von 1848/1849 wieder aufnehmen. Zweitens schlage ich vor, dass wir uns als
Parlamentarierinnen und Parlamentarier in Erinnerung an 1848/1849 gemeinsam in der Frankfurter Paulskirche versammeln und der großartigen Menschen gedenken, die
uns diesen Weg mit bereitet haben.
Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Nächster Redner: für die CDU/CSU-Fraktion Michael Brand.
Beifall bei der CDU/CSU)