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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, liebe Kollegin Lips, das ist ein gutes Angebot zur Zusammenarbeit. Und ja, Sie können sicher sein, dass dieser Bundeskanzler Europa kann. Ebenso wie Willy Brandt als Außenminister, ebenso wie Helmut Schmidt als Finanz- und Wirtschaftsminister kommt er in dieses Amt, nachdem er im Europäischen Rat schon gezeigt hat, was Europa für ihn bedeutet. Sie haben zu Recht auf den Wiederaufbaufonds hingewiesen. Olaf Scholz kann Europa. Deshalb können wir auch in dieser Koalition, auch mit dieser Außenministerin Europa voranbringen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Beifall bei der SPD)
Sagen wir es auch mal ganz klar: Dieser Koalitionsvertrag ist das integrationsfreundlichste Dokument, das wir seit vielen, vielen Jahren in diesem Hause beschlossen haben, weil es darauf setzt, dass wir als Teil dieser Gemeinschaft in unserem ureigensten Interesse Politik machen auf einem Kontinent, der auch in Zukunft prägend sein soll und der sich in dieser Welt selbst behauptet.
Hier ist die Frage gestellt worden, wo wir hinwollen. Natürlich ist immer auch der Weg das Ziel, aber tatsächlich wollen wir in Richtung eines europäischen Bundesstaates, einem föderalen Staat. Die Konferenz zur Zukunft Europas ist so wichtig, weil wir in Diskussionen mit Abgeordneten aus anderen Ländern, aber vor allen Dingen auch mit den Bürgerinnen und Bürgern klarstellen wollen: Das wichtigste nationale Interesse ist nicht mehr die Souveränität, sondern das wichtigste nationale Interesse ist die europäische Einigung.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)
Was bedeutet das in der Praxis? Als erstmals für den Reichstag eine Wahl anstand, im Jahre 1866, stand im Programm meiner Partei der Satz, dass man unter deutscher Einheit auch versteht, zu einem solidarischen europäischen Staat zu kommen. Das wollen wir heute genauso. Stellen wir uns doch mal vor, wo wir heute in Europa stünden, wenn wir 1866 diesen Weg beschritten hätten statt der Kriege und der Weltkriege. Deshalb ist es für uns so wichtig, dass wir das gemeinsame Europa in diesem Parlament zusammen mit den Fraktionen – außer der AfD – voranbringen.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Europäisierung ist immer Demokratisierung, und Demokratisierung ist vor allem Parlamentarisierung. Die SPD steht dabei in einer besonderen Verpflichtung. Schon 1964 hat der Abgeordnete Karl Mommer im Bundestag den Gesetzentwurf für die Direktwahl des Europäischen Parlaments eingebracht. Leider sind wir damals noch an CDU/CSU und FDP gescheitert. Es hat 16 Jahre und zweier sozialdemokratischer Kanzler in Europa bedurft, bis wir das dann durchgesetzt hatten. Gott sei Dank!
Bei der Europapolitik wird daher auch wichtig sein, dass dieser Deutsche Bundestag sich weiterhin als Partner und als Interessenvertreter des Europäischen Parlaments versteht, nach dem Prinzip „Miteinander arbeiten und voneinander lernen“. Das hat ganz praktische Konsequenzen für uns, über die wir reden sollten. Ich bin wirklich gespannt, ob das über die Koalition hinaus auch breitere Zustimmung findet.
Erstens. Wir brauchen eine bessere Öffentlichkeit. Dazu gehört die Öffentlichkeit in Ausschusssitzungen. Wir sollten im Europaausschuss damit anfangen. Wir haben mit Toni Hofreiter jetzt einen guten Vorsitzenden gewählt. Wir sollten auf diese Weise deutlich machen, dass das insgesamt dazugehören sollte und dass umgekehrt nichtöffentliche Sitzungen die Ausnahme bilden sollten. So funktioniert die Regel auch im Europäischen Parlament, inklusive der Anhörungen, die dort zum Beispiel mit Bankpräsidenten, Kommissaren und den Regierungsmitgliedern stattfinden. Das machen wir ohnehin.
An dieser Stelle sollten wir stolz darauf sein, was bereits gelungen ist, damals auf Initiative von Abgeordneten der FDP und der SPD:
dass nämlich der Deutsche Bundestag als einziges nationales Parlament in Europa vor der Investitur der Kommission 2009 und 2014 den von deutscher Seite als Kommissar vorgeschlagenen Kandidaten Günther Oettinger, CDU, in einer öffentlichen Debatte angehört hat. Günther Oettinger hat das übrigens gut gemacht. Damit haben wir gezeigt, dass der Deutsche Bundestag eine besondere europapolitische Verpflichtung hat.
Zweitens. Auch das war eine mutige Entscheidung: Das Europäische Parlament ist vom Bundesverfassungsgericht mit einer Fünf-zu-drei-Mehrheit als minderwertiges Parlament bezeichnet worden – deshalb haben wir unter anderem keine Sperrklausel –, und zwar gegen die Meinung aller Parlamentarierinnen und Parlamentarier, die in Karlsruhe mit dabei waren. Seien wir doch offen; schreiben wir doch in unsere Verfassung: Bei Wahlen sind Sperrklauseln bis maximal 5 Prozent möglich. Wir bekommen das im Europäischen Parlament dann auch hin, plus transnationaler Listen. Wir haben es im Koalitionsvertrag stehen.
Ein dritter Punkt. Wollen wir doch mal ganz ehrlich sein: 2014 waren wir gut, aber 2019 haben wir versagt. Wir müssen bei der nächsten Europawahl garantieren, dass die Spitzenkandidatinnen und Spitzenkandidaten, wenn sie die Mehrheit haben, hinterher tatsächlich Kommissionspräsidentin oder Kommissionspräsident werden. Wenn wir das so machen wie beim letzten Mal, ist das genau so, als hätte die CDU/CSU mit Armin Laschet als Kanzlerkandidat einen Wahlkampf geführt und hinterher gesagt: Eigentlich wollten wir lieber Söder.
Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD)
Das geht beim nächsten Mal bitte schön nicht.
Noch ein letzter Punkt. Auch das gehört dazu: Es kann doch nicht sein, dass allein der Bundestag und die Vertreter der Länder den Bundespräsidenten wählen und wir überhaupt nicht realisieren, dass es inzwischen 96 deutsche Europaabgeordnete gibt. Es sind aber lediglich zwei, drei Europaabgeordnete, die den Bundespräsidenten mitwählen. Auch das sollten wir ändern, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Kommen Sie bitte zum Schluss, Herr Schäfer.
Das sollte immer in einem gemeinsamen Geist geschehen, wonach nicht das nationale Interesse am wichtigsten ist, sondern dass wir als Deutsche gleichberechtigt in einem vereinten Europa dem Frieden der Welt dienen.
Ich erteile das Wort Norbert Kleinwächter, AfD-Fraktion. Er wird von der Tribüne aus sprechen. – Herr Kleinwächter, Sie haben drei Minuten Redezeit. Wir geben Ihnen ein Zeichen, kurz bevor die Redezeit vorbei ist, weil Sie dort oben keine Uhr sehen.