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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen! Wenn es bei strafrechtlichen Debatten nicht um so wichtige Themen gehen würde, könnte ich es heute dabei belassen, zu sagen: Und täglich grüßt das Murmeltier. Der Kollege Thomae hat es erwähnt: Es passiert etwas im Land, und die Union ruft nach Strafverschärfung – oh Wunder! Nun, damit tun Sie sich aber keinen Gefallen; denn Sie setzen sich weder ordnungsgemäß damit auseinander, ob die vorgeschlagenen Regelungen geeignet, erforderlich und angemessen sind, um den von Ihnen selbst genannten Zweck zu erfüllen, noch wägen Sie ordentlich ab, ob sie sich systematisch in unser Rechtssystem einfügen. – Das vorab.
Da es sich hierbei aber um ein wichtiges Thema handelt, lassen Sie mich einige Ausführungen machen. Die Bekämpfung des Klimawandels ist eine der wichtigsten Aufgaben unserer Zeit. Sie nimmt sehr viel Raum in den Debatten hier im Haus und in unserer Gesellschaft ein. Das wissen wir. Aber was natürlich nicht geht, ist, dass solch ein legitimes Ziel strafrechtlich relevante Vorfälle als Mittel heiligt. Das ist nicht gerechtfertigt. Straftaten dürfen nicht begangen werden, und bei diesen entsprechenden Blockaden ist zumeist der Tatbestand der Nötigung erfüllt.
Von daher kann das, was die „Letzte Generation“ hier macht, nicht toleriert werden – und das wird es ja auch nicht. Der Rechtsstaat handelt.
Herr Dr. Krings, deshalb ist Ihr Antrag überflüssig. Das hat man gerade in dieser Woche in Berlin gesehen; denn aufgrund der Vorfälle, die die Aktivisten zu verantworten haben, sind bereits Anfang der Woche 270 strafrechtliche Ermittlungsverfahren eingeleitet worden. Also: Der Rechtsstaat handelt. Die Polizei ermittelt, und die Gerichte arbeiten daran
Die lassen sie wieder laufen! Das ist die Wahrheit!)
und betreiben einen sehr großen Aufwand – abgesehen davon, dass es auch schon viele Urteile in einem großen Spektrum gibt;
das wurde in der Debatte auch entsprechend erwähnt.
Was aber nicht geht und aus unserer Sicht falsch ist, ist, hier immer wieder nach strafrechtlichen Verschärfungen zu rufen, während uns doch das Strafgesetzbuch einen großen Handlungsspielraum gibt. Wir haben die Tatbestände der Nötigung und der Sachbeschädigung. Auch die öffentliche Anhörung hat ergeben, dass wir hier Spielräume haben, die ausgenutzt werden können und anhand derer die Richterinnen und Richter straf- und schuldangemessen entscheiden können, wie mit den entsprechenden Sachverhalten im Einzelfall umzugehen ist.
Herr Kollege Krings, wenn Sie sagen: „Wir können als Politik auf die Richterinnen und Richter nicht einwirken“ – Sie halten die Gewaltenteilung sehr hoch –,
dann stimme ich Ihnen zu. Wenn Sie dann aber sagen, dass Ihnen bestimmte Urteile zu milde sind,
Es geht um Gesetzgebung!)
ohne die Einzelfälle zu kennen
Richtig! Sehr richtiger Punkt!)
und ohne das tat- und schuldangemessen abgewogen haben zu können,
Also wollen Sie keine Gesetzgebung mehr machen?)
dann kritisieren Sie ja doch bestimmte Urteile.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP
Weshalb sonst wollen Sie nicht den Strafrahmen nach oben verschieben, sondern den Richterinnen und Richtern unten eine Möglichkeit nehmen
Das ist eine politische Entscheidung! Gesetze werden im Bundestag gemacht!
Der Gesetzgeber gibt den Maßstab vor!)
– es ist eine politische Entscheidung, sagen Sie –, nachdem Urteile gefällt worden sind,
Nein, den Strafrahmen festzulegen!)
mit denen Sie nicht einverstanden sind?
Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP
Eine Rede der Arbeitsverweigerung!)
Abgesehen davon ist, wie ich auch in der ersten Lesung schon ausgeführt habe, das, was Sie hier machen wollen, sozusagen ein untauglicher Versuch, da nach § 47 Strafgesetzbuch Freiheitsstrafen unter sechs Monaten nicht verhängt werden sollen,
Okay, aber ein untauglicher Versuch ist nicht strafbar! Das muss man ihnen zugutehalten!)
nur in besonderen Einzelfällen, nicht in ganzen Fallgruppen.
Sie wollen eine Mindestfreiheitsstrafe von drei Monaten hier für eine gesamte Fallgruppe einführen.
Von daher würde auch nach dem Vorschlag in Ihrem Antrag keine Haftstrafe mehr verhängt. Wir würden Sie bitten, dies vor der Abstimmung noch mal entsprechend zu überdenken.
Die Sachverständigenanhörung hat im Übrigen auch gezeigt, dass es ein großer Systembruch wäre, aus dem gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr ein abstraktes Gefährdungsdelikt zu machen, und dass es den Richterinnen und Richtern ein wichtiges Instrument der Einwirkung nehmen würde, wenn keine mehrfache Bewährung bei der Verurteilung mehr möglich wäre. Hinsichtlich der Prüfung der positiven Sozialprognose wäre das doch widersprüchlich.
Wir fassen zusammen: Strafrechtliche Verschärfungen schrecken nicht ab.
Ach! Das ist ja interessant!)
– Das ist wissenschaftlich, kriminologisch erwiesen.
Selbstaufgabe des Staates!)
Sprechen Sie noch mal mit den Sachverständigen aus der Anhörung. Es gibt keine abschreckende Wirkung durch Strafe.
Das ist Ihre Auffassung! Das hat nichts mit Wissenschaft zu tun!)
Von daher bitte ich Sie, den Antrag zu überdenken. Wir werden ihn aus den genannten Gründen ablehnen.
Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Das Wort hat der Abgeordnete Thomas Seitz für die AfD-Fraktion.
Beifall bei der AfD)