Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist manchmal schon schwer erträglich, dass jemand, der sich jahrelang als DKP-Funktionär von Ostberlin hat bezahlen lassen und dann zur AfD gegangen ist, sich hier in dieser Art und Weise aufführen kann. Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, was die Propagandarolle von Ihnen im Interesse Putins angeht, dann war das der Auftritt von Herrn Farle. Als ich den Antrag gelesen habe, habe ich gedacht: Das kann irgendwie nicht wahr sein. Seit wann setzt sich die AfD für Frieden ein? Setzen Sie sich für Frieden ein, wenn Sie wie üblich und erst jüngst wieder vor Flüchtlingswohnheimen randalieren? Setzen Sie sich für Frieden ein, wenn Ihre Ex-Kollegin Malsack-Winkemann mit ihren Reichsbürgerkameraden Waffen sammelt, um einen Bürgerkrieg in dieses Land zu tragen? Oder haben Sie sich für Frieden eingesetzt, Herr Kotré, als Sie bei Wladimir Solowjow im russischen Fernsehen aufgetreten sind? Herr Solowjow hatte einen Tag zuvor das Gleiche gemacht wie der Kollege Farle eben. Er hat sämtliche deutsche Journalistinnen und Journalisten als „Nachfahren von Goebbels“ und „entkommene Nazischweine“ tituliert. Und am Tag darauf sind Sie in seiner Sendung, bei dem gleichen Hetzer. Aber anstatt diesen Entgleisungen zu widersprechen, haben Sie, Herr Kotré, das auch noch bestätigt. Sie haben gesagt: Und Sie sagten, Sie seien „entsetzt, dass wieder deutsche Panzer geliefert werden, um Russen zu töten“. Jetzt bin ich bei Ihnen, Herr Gauland. Es ist schon eine Form von Geschichtsvergessenheit, den Charakter der Aggression, mit der wir konfrontiert sind, zu negieren. Es waren deutsche Panzer, die Russen, Tschetschenen, Georgier, Esten, Letten und Ukrainer im Zweiten Weltkrieg überfallen haben. Sie tun jetzt so, als wenn sich Deutschland in diese Tradition einreihen würde. Nein, es ist genau umgekehrt. Wo hat denn der Angriffskrieg stattgefunden? Wann hat zum ersten Mal seit dem Beginn des Zweiten Weltkrieges auf dem europäischen Kontinent eine Macht andere Grenzen mit Militärgewalt überschritten, um etwas zu erobern und sich dieses Land untertan zu machen? Das war Putin, das war Russland mit dem Angriff auf die Ukraine. Wenn Sie wissen wollen, wie dieser Krieg geführt wird, dann schauen Sie sich die Berichte zu Butscha und anderen Städten an. Da kommen einem historische Assoziationen zum Vorgehen der deutschen Wehrmacht, der SS und der Polizeikorps in der Ukraine, in Russland und anderswo. Dazu hätte ich von Ihnen ein Wort verlangt. Nein, ich glaube, Sie sind nicht für Frieden. Sie betätigen sich lieber als Propagandazwerge für die Kriegspropaganda von Putin. Was dahintersteht bzw. womit Sie sich kostümieren, ist die Behauptung, man könne über Verhandlungen diesen Konflikt jetzt, zu diesem Zeitpunkt, lösen. Ich bin der festen Überzeugung: Am Ende wird es Verhandlungen geben. Herr Gauland, wenn Sie mal nicht heimlich in „Mein Kampf“ schmökerten, sondern Wilhelm Busch läsen, dann würden Sie da das Gleichnis vom Igel und vom Fuchs finden. Nein. Ich hoffe, Sie kennen dieses Gleichnis, Herr Gauland. Da geht es darum, dass der Fuchs den Igel auffordert, sein Fell zu übergeben, weil der Friede längst verkündet sei, und dabei listig seine Zähne leckt. Das ist die Situation, in der wir uns heute befinden. Wir müssen Frieden als Ziel unseres Handelns haben, aber wir müssen klarmachen, dass dieser Frieden nicht in Form eines einseitigen Diktats existieren kann. Er beruht nicht auf Wehrlosigkeit. Ein gerechter Frieden ist mehr als die Abwesenheit von Krieg. Das Konzept des gerechten Friedens, wie es die Evangelische Kirche definiert hat, setzt als politisches Leitbild auch ein Stück Wehrhaftigkeit voraus. Deshalb ist es bitter und schwer, aber notwendig, die Ukraine so auszustatten, dass sie nicht von einem imperialistischen Aggressor in der Tradition von Eroberungskriegen überrannt wird. Und dafür stehen wir.