Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Europa wächst zusammen. Wir erleben das tagtäglich. Unser Alltag in Gesellschaft und Betrieb wird europäischer, und das ist gut so. Mehr Europa bedingt, dass grenzüberschreitende Sachverhalte auch grenzüberschreitend geregelt und organisiert werden müssen. Deshalb ist es richtig, dass das Europäische Parlament 2019 eine Richtlinie verabschiedet hat, die den Rahmen für die Mitbestimmung regelt, wenn Unternehmen in Europa ihre Rechtsform wechseln, sich aufspalten oder verschmelzen. Diese Umwandlungsrichtlinie setzen wir heute in deutsches Recht um. Europa wächst ein kleines Stück weiter zusammen, und auch das, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist gut so. Was gut für Deutschland und Europa ist, ist komplex und im Detail knifflig für Juristen und Ministerialbeamte. Es geht darum, wichtige Arbeitnehmerrechte im vorgegebenen europarechtlichen Rahmen zu schützen. Ich kann das Ergebnis vorwegnehmen: Dem BMAS ist die Lösung dieser schweren Aufgabe gut gelungen. Sie haben sich eng an der Richtlinie orientiert und gleichzeitig sichergestellt, dass das derzeitige Mitbestimmungsniveau erhalten bleibt; auch das ist gut so. Für die Fraktion der Freien Demokraten sage ich Danke für eine Eins-zu-eins-Umsetzung. Komplex und knifflig war die Aufgabe auch deshalb, weil Unternehmen aus anderen Mitgliedstaaten aus einem ganz eigenen Mitbestimmungsumfeld nach Deutschland hereinumwandeln. Manche Länder kennen Mitbestimmung analog zu unserer Drittelbeteiligung. Andere kennen gar kein Recht auf Mitbestimmung in der Unternehmenslenkung. Und niemand außerhalb Deutschlands kennt die paritätische Mitbestimmung, die immer ein deutscher Sonderweg geblieben ist. Deutsche Beschäftigte wiederum dürfen nach der Umwandlung nicht weniger Mitbestimmungsrechte haben als vor der Umwandlung; das ist klar. Mit einer Kombination aus dem Vorher-nachher-Prinzip aus der europäischen SE-Mitbestimmung einerseits und der Verhandlungslösung andererseits gelingt dieser Ausgleich, und auch das ist gut, liebe Kolleginnen und Kollegen. Es geht aber nicht um Arbeitnehmerrechte allein. Es geht auch darum, den europäischen Binnenmarkt zu stärken, und zwar dadurch zu stärken, dass zukünftig grenzüberschreitende Restrukturierungen von Unternehmen leichter und mit mehr Rechtssicherheit vollzogen werden können. Vergessen wir nicht: Weder die USA noch China haben 27 unterschiedliche Rechtssysteme, die bei Umstrukturierungen zu beachten sind. Deshalb gilt: Wer die globale Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen in Europa stärken will, der muss den Binnenmarkt nicht nur für Waren und Dienstleistungen vollenden, sondern eben auch für Rechtsformenwechsel infolge von Wachstum oder veränderter Strukturen. Der einheitliche Rechtsrahmen, den wir heute umsetzen, stellt sicher, dass gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen auf globalen Märkten gestärkt wird und Arbeitnehmermitbestimmungsrechte geschützt werden. Das ist ebenfalls gut. Der einheitliche Rechtsrahmen schafft auch Rechts- und Planungssicherheit für Unternehmen, die europäischer werden wollen. Das ist eine gute Botschaft für den deutschen Mittelstand, eine gute Botschaft für unsere mehr als 1 500 Hidden Champions, die nach ihrer Unternehmenskultur eben nicht mehr allein deutsche Champions sein wollen, sondern immer häufiger auch europäische Champions. Gerade diesen Unternehmen fällt es oft genug schwer, sich in fremdes Recht einzuarbeiten und hohe Beraterhonorare aufzuwenden, um international rechtskonform zu agieren. Deshalb ist ein einheitlicher europäischer Rechtsrahmen ein Fortschritt, insbesondere für den Mittelstand, liebe Kolleginnen und Kollegen. Gestatten Sie mir zum Schluss noch eine Klarstellung: Es ist gut, dass der Gesetzentwurf in § 36 ein Missbrauchsverbot vorsieht, und es ist richtig, dass nachlaufende Strukturveränderungen eine Missbrauchsvermutung auslösen und gegebenenfalls über Mitbestimmung neu verhandelt werden muss. Es ist aber auch richtig, dass nur erfolgreiche Unternehmen wachsen und neue Jobs schaffen. Deshalb ist es völlig klar, dass die Schaffung neuer Jobs, dass die Einstellung neuer Mitarbeiter, die zu einem Überschreiten von Schwellenwerten führt, für sich allein kein Missbrauch von Mitbestimmungsvorschriften sein kann, liebe Kolleginnen und Kollegen. Erfolg bringt Investitionen, Steuern und neue Jobs, und das ist erwünscht und kein Missbrauch. Die Umwandlungsrichtlinie stärkt die europäische Wirtschaft, achtet die Subsidiarität und schützt Mitbestimmungsrechte der Beschäftigten. Der vorliegende Gesetzentwurf setzt die Richtlinie in geeigneter Form um. Sie können guten Gewissens zustimmen.