Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Kollegin Lötzsch, vielen Dank für die Worte der Anerkennung! Insbesondere den Mitgliedern des Haushaltsausschusses will ich für intensive, arbeitsreiche und sehr konstruktive Beratungen danken. Die Kolleginnen und Kollegen des Haushaltsausschusses haben wahrlich gezeigt, dass sie keine Leichtmatrosen sind. In dieser stürmischen See, in diesen für uns alle herausfordernden Zeiten haben sie einen Haushaltsentwurf beraten und jetzt zum Beschluss vorgelegt, der Orientierung gibt. Gewissermaßen haben die Haushaltspolitiker die Kapitänsbinde angezogen, um diesem Land mit diesem Haushalt Orientierung zu geben. Die Richtung ist klar: Wir bewältigen die Krise, aber wir vernachlässigen die Zukunftsaufgaben dieses Landes dabei nicht. Ich will das an drei Aspekten verdeutlichen: Erstens enthält dieser Bundeshaushalt für das Jahr 2023 Rekordentlastungen in einer Größenordnung, wie sie dieses Land über viele Jahre nicht gesehen hat. Neben vielen Maßnahmen zur Entlastung der Familien und bedürftiger Menschen will ich aus tagesaktuellen Gründen auf das Inflationsausgleichsgesetz zu sprechen kommen, dem heute der Bundesrat zugestimmt hat. Im nächsten Jahr werden wir die arbeitende Bevölkerung, die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler vor ansonsten drohenden fast 19 Milliarden Euro an heimlichen Steuererhöhungen verschonen. Soziale Gerechtigkeit bemisst sich daran, dass die Menschen, die bedürftig sind, nicht alleingelassen werden. Aber soziale Gerechtigkeit hat auch eine andere Komponente, nämlich Fairness gegenüber denjenigen, die mit ihrer Arbeit dieses Land tragen und hohe Steuern und Abgaben zahlen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir werden mit dem nächsten Haushalt, dem Haushalt 2024 – davon bin ich überzeugt –, daran anknüpfen müssen. Das internationale Umfeld unseres Landes verändert sich fundamental. Ich erwähne den Inflation Reduction Act der Vereinigten Staaten und andere Veränderungen unseres Umfelds. Wir werden neu erkennen müssen, dass das Steuerrecht ein Instrument sein kann, um die Standortqualität unseres Landes insgesamt zu verbessern und vor allen Dingen die privaten Investitionen anzuschieben, die wir für die Erneuerung unserer Wirtschaft brauchen, für saubere Technologie und Digitalisierung. Zweiter Aspekt. Dieser Bundeshaushalt umfasst Rekordinvestitionen in die digitale und die Verkehrsinfrastruktur, in den Klimaschutz, in effiziente Gebäude. 50 Milliarden Euro stehen dafür im Etat zur Verfügung. Hinzu kommen die Mittel aus dem Klima- und Transformationsfonds. Für die Ertüchtigung der Bundeswehr haben wir ein Sonderprogramm in Höhe von 100 Milliarden Euro aufgelegt. Verehrte Anwesende, liebe Kolleginnen und Kollegen, die Herausforderung in Deutschland ist nicht mehr, öffentliche Mittel, Kapital für Zukunftsaufgaben bereitzustellen; das hat sich verändert. Diese Koalition hat haushaltspolitisch alle Voraussetzungen für die Gewinnung unserer Zukunft geschaffen. Die Aufgabe liegt jetzt woanders: Diese Mittel müssen tatsächlich genutzt werden. Wir brauchen andere, schnellere Planungs- und Genehmigungsverfahren und auch schnellere, effizientere Beschaffungsvorgänge bei den Streitkräften, damit das, was im Haushalt steht, in der Praxis das Leben der Menschen tatsächlich verbessert. Zum dritten Aspekt, liebe Kolleginnen und Kollegen. Mit diesem Bundeshaushalt kehren wir zur Schuldenbremse zurück. – Ja, ich komme gleich darauf zurück; das wollte ich von mir aus ansprechen. – Es war kein Selbstläufer, dass wir in diesem Bundeshaushalt die Schuldenbremse einhalten. Wir mussten Konsolidierungsanstrengungen unternehmen und können, gottlob, jetzt auch bestimmte krisenbedingte Ausgaben beenden. Ich nenne als Beispiele die Coronavirus-Testverordnung und die -Impfverordnung. Die Testverordnung wird noch bis Ende Februar nächsten Jahres finanziert. Das sind für Dezember, Januar und Februar noch einmal gut 1,2 Milliarden Euro, aber dann läuft das aus. Wir wissen noch nicht genau, wie die weitere Entwicklung sein wird, aber Stand heute können wir angesichts der Erwartungen zur Entwicklung der Pandemie zumindest für den Bundeshaushalt sagen, dass der 1. März 2023 gewissermaßen der haushaltspolitische Freedom Day ist. Wir haben also Konsolidierungsanstrengungen unternommen. Dennoch, liebe Kolleginnen und Kollegen, sollten wir uns nicht zu sehr rühmen, dass wir die Schuldenbremse eingehalten haben; denn im nächsten Jahr werden wir unverändert ein enormes gesamtstaatliches Defizit haben. Wir werden für unsere politischen Vorhaben in der Haushaltspolitik des Bundes zwar die Schuldenbremse beachten und uns selbst disziplinieren, aber die krisenbedingten Ausgaben für Strom- und Gaspreisbremse im während der Pandemie eingerichteten Wirtschaftsstabilisierungsfonds bündeln. Das dient nicht nur der Selbstbindung der Koalition an die Stabilitätspolitik, sondern hat auch die Bewandtnis, Flexibilität zu haben. Das ist vielen Rednerinnen und Rednern der Opposition bislang gar nicht aufgefallen. Die Auswirkungen der Strom- und Gaspreisbremse kann man nicht genau prognostizieren, weil wir die Entwicklung der Strom- und Gaspreise im nächsten Jahr nicht kennen. Aus diesem Grund brauchen wir dieses Instrument mit seiner Flexibilität. Wir verbinden also die Disziplin für den Bundeshaushalt mit den notwendigen Maßnahmen zur Krisenbewältigung. Ich komme zum Schluss, liebe Kolleginnen und Kollegen. Nach der Haushaltsberatung ist vor der Haushaltsberatung. Der Haushalt 2024 wird ungleich herausfordernder als der Haushalt des Jahres 2023. Um Haushaltswahrheit zu schaffen, haben wir begonnen, die von der früheren Regierung aufgebauten Rücklagen aufzulösen. 2024 werden sie nicht mehr in nennenswertem Umfang zur Verfügung stehen. Wir werden unser Ambitionsniveau bei Klimainvestitionen steigern müssen. Wir werden unser Ambitionsniveau bei der Digitalisierung und bei der Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft steigern müssen. Der Haushalt 2024 wird noch herausfordernder als dieser. Wir haben also keine Alternative: Wir müssen weiter mutig bleiben.