– Hören Sie mal zu! 55 Fußnoten zeichnen Ihren Antrag aus. Wen Sie vor allem zitiert haben, will ich Ihnen vorlesen. Ich zitiere mit Erlaubnis der Präsidentin aus dem Antrag: Wenn Sie mir eine solche Expertise zutrauen, dann habe ich wahrscheinlich auch damit recht, wenn ich sage: Sie sind eine rechtsextreme Partei. Das kommt nämlich auch aus dieser Expertise heraus. Ich will Ihnen auch erklären, was hinter diesem Zitat steckte. Ich erkenne Ihnen ab, dieses Thema zu okkupieren, weil es ein ernsthaftes Thema ist, Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich wusste, dass ich vor Beginn meiner Rede erst mal etwas trinken muss. Herr Baumann, es ist eben nicht egal, wer einen Antrag zu einem solchen Thema einbringt. Sie haben die Überleitung geradezu idealtypisch geliefert. Es ist richtig, dass Sie ein Verdachtsfall sind. Da Sie immer auf das Bundesamt für Verfassungsschutz abheben: Sie haben wohl vergessen, zu erwähnen, dass das auch gerichtlich bestätigt ist. – Das mache ich schon ganz gern. Das ist nämlich der Inhalt. Sie stellen diesen Antrag ganz bewusst, weil es eine dieser rechtsextremen Strategien ist, sich mit Ihrem Programm unmittelbar an die Sicherheitsbehörden zu wenden und ihnen zu erzählen, Sie hätten sozusagen den Stein der Weisen gefunden und alle anderen hätten keine Ahnung. das Sie für Ihre Zwecke instrumentalisieren wollen, indem Sie jetzt wieder ein schönes Video produziert haben, das Sie mit einer Schlagzeile ins Netz stellen. Hinter meinem Zitat steckte in der Tat eine Kritik an dem nordrhein-westfälischen Innenminister, der im Unterschied zu den anderen, auch von dieser Kriminalität betroffenen Innenministern sehr stark prominent bei Razzien auf Titelseiten auftaucht, sich auf der Tanzfläche filmen lässt, 17 Stunden an Einsätzen teilnimmt. Die Kritik ist – ich zitiere einmal einen hochrangigen Beamten aus dem nordrhein-westfälischen Innenministerium –: Erst wenn das letzte Gramm Shishatabak beschlagnahmt ist, wird der Innenminister Nordrhein-Westfalens merken, dass dafür keiner in Haft bleibt. Was dahintersteckt, ist der Punkt, dass das Personal nicht hinterlegt wird, und das ist zu kritisieren. Das unterscheidet die Strategien voneinander. Man braucht nämlich extreme Ermittlungen und nicht nur Razzien. Die 20 Stellen, die in Nordrhein-Westfalen vorgesehen sind, stehen im Gegensatz dazu. Mein Berufsverband hatte mal gefordert, 100 Ermittler bräuchte man nur für das Ruhrgebiet. Der Polizeipräsident von Essen hat mal die Zahl 200 formuliert. – Das ist der entscheidende Punkt. Wir sprechen hier über die Strategien. Und ein wichtiger Teil bei Strategien – das erkläre ich Ihnen noch – ist: Man muss ermitteln. Das ist ein wesentlicher Strategiekern, und das ist der Unterschied zu einer Strategie, die sich im Wesentlichen auf tausend Nadelstiche fokussiert, die Ballons zum Platzen bringen, aber keine verkrusteten Strukturen aufhellen können. Das ist der Unterschied. Ich nutze die Gelegenheit gern, um den Gesamtzusammenhang herzustellen und deutlich zu machen, dass Sie sich sozusagen ein Themenfeld herausgepickt haben. Europol geht davon aus, dass innerhalb der Europäischen Union etwa 5 000 Gruppierungen der Organisierten Kriminalität existieren. Im gesamten Konzert – man könnte das einmal mit Wirtschaftsbeteiligten vergleichen, weil es sich um illegale Märkte handelt, auf denen aktiv geworden wird – kann man im Prinzip sagen, dass die Clankriminalität gute Mittelständler sind, während beispielsweise die italienische Mafia ein global agierender Konzern mit Umsätzen von weltweit etwa 50 Milliarden Euro ist. Das entspricht in etwa der Größenordnung von Facebook, um das einmal einzuordnen. Wir haben in Deutschland gesehen und wissen aus den Encrochat-Ermittlungen, was das im Bereich Organisierte Kriminalität – das Feld ist eben sehr viel größer – insgesamt bedeutet. Wir haben im letzten Jahr 19 Tonnen Kokain sichergestellt, haben es da mit explodierenden Märkten zu tun. Wir haben es mit handfesten Straftaten zu tun: Mordaufträge, Folter – hierzu gibt es Erkenntnisse –, Betrug, Produktfälschungen. Aber wir haben es auch mit Umweltkriminalität zu tun. Häufig vergessen: Menschenhandel, Waffenhandel. Wenn man das insgesamt in den Blick nimmt und sich fragt: „Was sind wirksame Strategien?“, dann kommt man zu ganz grundlegenden Debatten, bei denen sich zeigt, wo welche politische Strömung unterwegs ist. Ich will daran erinnern – das haben wir schon bei einer vergangenen Diskussion gemacht –: Diese Koalition nimmt das Thema Bargeld in Bezug auf Immobilien in den Griff, weil es ein riesengroßes Themenfeld ist. Es ist immer noch möglich, mit einem Rindslederkoffer mit sehr viel Bargeld eine Immobilie zu erwerben. Schauen Sie in den Koalitionsvertrag. Darin steht das. Überprüfen Sie Ihre Position, die Sie an dieser Stelle zum Bargeld haben. Zweites Themenfeld: Transparenzregister. Das haben wir an einer anderen Stelle schon diskutiert. Schauen Sie sich an, wie Sie diese Diskussion bei der Diskussion um das Immobilienregister verhetzt haben. Wir werden – Sie haben gelesen: es gibt ein Sanktionendurchsetzungsgesetz I und II – in diesem zweiten Paket intensiv in den Blick nehmen, wie gut und schlecht unsere Register sind, und werden zu Verbesserungen kommen. Das wirkt auch gegen Organisierte Kriminalität. Der wirklich spannendste Teil – der ist wirklich grotesk – in Ihrem Antrag: Sie wagen es wirklich, Europol reinzuschreiben. Das ist echt ein Witz. Eine Partei, die im Parteiprogramm stehen hat, die Mittel von Europol und Eurojust zu kürzen, die die Europäische Staatsanwaltschaft nicht haben will, die am liebsten aus der Europäischen Union aussteigen will, ist wirklich eine Gefahr für die innere Sicherheit hier in diesem Land; absurd, absurd, absurd. Was man also braucht – um es auf den Punkt zu bringen –: Wir müssen die vielen sehr engagierten Polizistinnen und Polizisten, Steuerfahnderinnen und Steuerfahnder, Zöllner und alle, die im Moment an diesen Themen arbeiten, zusammenbringen. Der Bund tut hier sehr viel Gutes. Das Stichwort „BLICK“ wurde schon als ein Punkt genannt. Das BKA unterstützt hier in diesen Fragen. Das ist gut und richtig so. Diese Koalition nimmt sich das Thema eben breiter vor und schaut sich an: Was wirkt gegen Organisierte Kriminalität? Und das, was gegen Organisierte Kriminalität strukturell hilft, findet die Unterstützung dieser Regierung, und da brauchen wir keine rechtsextremen Anträge von dieser Seite. Ganz herzlichen Dank.