Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Hier zu stehen, hier zu reden, hier zu gestalten, ist eine große Ehre, Ehre und zugleich Verantwortung für unsere Demokratie und unseren Rechtsstaat. Teil dieser Verantwortung ist es, unseren Rechtsstaat zu leben, zu respektieren, aber auch zu schützen, zu schützen vor Angriffen, egal aus welcher Motivation oder politischen Richtung. Insofern kann ich Sie, lieber Kollege Amthor, beruhigen: Nur weil wir in der Koalition richtigerweise den Rechtsextremismus als besondere strukturelle Gefahr für unsere Demokratie identifiziert haben und den Kampf dagegen intensivieren, gilt weiterhin: Kampf und Abgrenzung gegenüber jeglichem Extremismus ist Identität unserer Koalition. Egal ob von rechts, aus religiösen Gründen oder von links: Extremismus gilt es zu bekämpfen, und das werden wir tun. Demokratie zu schützen, bedeutet aber auch, Versammlungsfreiheit als elementaren Teil unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung politisch zu respektieren. Die letzten Monate haben gezeigt, dass die Versammlungsfreiheit unter Druck steht, egal aus welcher politischen Richtung diese genutzt oder gereizt wird. Dabei ist auch klar geworden: Pauschale Einschränkungen der Versammlungsfreiheit schaden unserem Rechtsstaat und gehen nach hinten los. Grundsätzliche Einschränkungen der Versammlungsfreiheit, indem beispielsweise pauschale Beschränkungen von Teilnehmerzahlen im Rahmen der Coronamaßnahmen vorgenommen wurden, haben zulässigen Protest, aber auch Gegenprotest mitunter sehr erschwert. Dabei ist es besonders wichtig, dass größere Kundgebungen einerseits abgehalten werden, andererseits aber auch unmittelbar vom Gegenprotest auf diese reagiert werden kann, eben auch in einer Pandemie. Die in unserem Verfassungsstaat so bedeutsame Versammlungsfreiheit zeichnet aus, dass unterschiedlichste Anliegen gemeinsam friedlich vertreten und kundgegeben werden können. Diese Freiheit endet aber dort, wo Rechte und Rechtsgüter anderer erheblich beeinträchtigt werden. Wer sich nicht an Recht und Gesetz hält, kann sich auch nicht vollständig auf die Versammlungsfreiheit berufen und hat die folgenden Sanktionen als Konsequenz zu tragen. Damit bin ich schon bei den Straßenblockaden. Das Lahmlegen des Verkehrs ist maximal ein geeignetes Mittel, um sich des Unmuts des gesamten Volkes sicher zu sein. Die Blockierer schaden damit vor allem denjenigen, die von den Folgen der Blockaden unmittelbar betroffen sind: Berufspendlern, Rettungsfahrzeugen, Handwerkern, Zulieferern, also all denjenigen, die dringend gebraucht werden. Die Blockierer schaden aber auch dem demokratischen Diskurs, indem sie für ihre Anliegen die Sachebene verlassen. Straßenblockaden sind nicht nur rechtswidrig, sie sind auch eine Respektlosigkeit gegenüber all denjenigen, die unser Land tagtäglich am Laufen halten. Die Gesellschaftsaufgabe Demokratie ist für ein Funktionieren an einige Werte gebunden, Werte, die wir Bürger selbst mitbringen müssen: Vertrauen, Freiheitsliebe, aber auch Normentreue. Werden solche Normen immer wieder bewusst überschritten und wird dieses Überschreiten bagatellisiert, so schadet dies auf Dauer dem demokratischen Diskurs und somit unserer Demokratie. Und genau jener Schaden wäre insbesondere Verfassungsfeinden willkommen, beispielsweise wenn sich Rechtsextremisten als Feinde unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung genau die Freiheiten jener Ordnung, die sie bekämpfen, zunutze machen und im Netz wie auf der Straße versuchen, verunsicherte und wütende Bürger zu radikalisieren. Gegen diese rechtsextremen Bedroher unseres Staates kommen wir mit entschlossenem Vorgehen voran, mit allen präventiven und repressiven Instrumenten, die sinnvoll, möglich, aber auch nötig sind in unserem Rechtsstaat. Natürlich gilt das Vorgehen auch den anderen verfassungsfeindlichen Bestrebungen in unserem Land, so auch dem Linksextremismus. Linksextremismus ist kein aufgebauschtes Problem, sondern nicht nur in seinen zunehmend gewaltbereiten Facetten eine ernsthafte Bedrohung für Gesundheit und Eigentum des Einzelnen und für den Bestand unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung insgesamt. Systematische Angriffe auf Polizistinnen und Polizisten beispielsweise als Repräsentanten unseres Staates oder Brandstiftung unter dem Deckmantel anarchistischer oder kommunistischer Ideologie sind nicht zu verharmlosen und in ihren Zusammenhängen aufzuklären. Wir treten allen verfassungsfeindlichen gewaltbereiten Bestrebungen entschieden entgegen, und so werden wir in dieser Legislatur im Wissen um die Vielzahl der Bedrohungen unserer Freiheit gegen verfassungsfeindliche Strukturen vorgehen. Wo der Grundsatz „Prävention vor Repression“ an seine Grenzen kommt, wird eine gut aufgestellte Sicherheitsarchitektur den Gefahren der Freiheit immer mindestens einen Schritt voraus sein. Eben auch für die Ausgestaltung dieser Instrumente ist es wichtig, auf keinem Auge blind zu sein, die Bedrohungen immer wieder und ehrlich zu benennen. Mit Ehrlichkeit und den richtigen Instrumenten im Rahmen einer ausgeglichenen Freiheits- und Sicherheitsbilanz werden wir alles dafür tun, dass die Akteure im Rechtsstaat ihre Arbeit machen können und die angestrebte Extremismuseindämmung am Ende Erfolg haben wird. Vielen Dank.