Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Frau Wehrbeauftragte! Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn ich die erste Rednerin dieser Debatte wäre, würde ich jetzt sagen, dass ich Sie gerne gedanklich mit in den Libanon nehmen würde. Jetzt hoffe ich, dass Sie trotz des fortgeschrittenen Freitagnachmittags den Vorrednerinnen und ‑rednern aufmerksam zugehört haben – zumindest fast allen – und Sie gedanklich eben schon dort sind: in einem Land, in dem es gerade keinen gewählten Präsidenten gibt, weil bereits zwölf Wahlgänge gescheitert sind; in einem Land, dessen Währung mehr als 95 Prozent an Wert verloren hat; in einem Land, in welchem laut einem UNICEF-Bericht inzwischen 86 Prozent der Haushalte ihre Grundbedürfnisse nicht mehr decken können. Dieses Land steckt aktuell nicht nur in der schlimmsten Wirtschafts- und Finanzkrise seiner Geschichte, vielmehr ist die Sicherheitslage des Landes seit vielen Jahren instabil. An der Demarkationslinie – der sogenannten Blauen Linie – zwischen Libanon und Israel sind Spannungen permanent spürbar. Trotz des 2006 geschlossenen Waffenstillstandsabkommens befinden sich der Libanon und Israel offiziell im Kriegszustand. Aktuell erstarkt zudem die Hisbollah und tritt immer aggressiver auf; erst im April hat sie Israel mit über 30 Raketen beschossen. Dieser Akt stellt die größte grenzüberschreitende Eskalation seit dem Ende des zweiten Libanon-Krieges dar. Die Lage spitzt sich also immer weiter zu, und das Machtvakuum, das gerade im Land herrscht, verschlechtert die Sicherheitslage noch zusätzlich. Deshalb ist es wichtig, dass die Bundeswehr im Rahmen der United Nations Interim Force in Lebanon – kurz: UNIFIL – weiterhin vor Ort ist und auf diesem Wege hilft, die Sicherheitslage zu stabilisieren und größere Eskalationen im Nahen Osten zu verhindern. Der Libanon ist weiterhin auf internationale Hilfe angewiesen. Im Rahmen der UN-Mission leisten unsere Streitkräfte im Libanon zusammen mit unseren Partnerinnen und Partnern wichtige Arbeit, für die ich mich hier an dieser Stelle herzlich bedanke. UNIFIL ist – das haben wir bereits gehört – eine der ältesten Friedensmissionen der Vereinten Nationen und wurde nach dem zweiten Libanon-Krieg auf den besonderen Wunsch der Regierungen Israels und Libanons eingeführt. Die Bundeswehr beteiligt sich seit 2006 an der Mission, und aktuell sind rund 60 Soldatinnen und Soldaten vor Ort im Einsatz; bis zu 300 wären laut Mandatstext möglich. Ihre Aufgaben beinhalten unter anderem die Durchsetzung des Waffenembargos gegen die Hisbollah, die Überwachung der Demarkationslinie zwischen Israel und dem Libanon und die Ausbildung lokaler Streitkräfte. Durch diese Ausbildung libanesischer Streitkräfte stellen wir zum Beispiel sicher, dass der Libanon diese Aufgabe auch zunehmend selbstständig übernehmen kann. Wir stellen Technik und Expertise bereit und kooperieren eng mit libanesischen Offizieren. Ein besonderer Schwerpunkt der Friedensmission ist die Seeraumüberwachung. Seit 2006 ist die Bundeswehr ununterbrochen mit Personal und Schiffen Teil der Maritime Task Force und setzt zusammen mit unseren internationalen Partnern das Waffenembargo durch. Seit Beginn der Operation wurden schon weit mehr als 100 000 Schiffe überprüft, verdächtige Schiffe inspiziert und so zahlreiche illegale Waffenlieferungen verhindert. Im Januar 2021 hat Deutschland sogar die Verbandsführung des Flottenverbands von UNIFIL übernommen und wurde dann gebeten, diese Aufgabe für ein weiteres Jahr zu übernehmen. Der Bundesminister der Verteidigung, Boris Pistorius, hat bei der ersten Lesung zu Recht darauf hingewiesen, dass dies ein Ausdruck dafür ist, wie sehr die Arbeit der Bundeswehr von den beteiligten Partnerländern und auch vom Libanon selbst geschätzt und gebraucht wird. Dem möchte ich mich an dieser Stelle ausdrücklich anschließen und noch einmal Danke sagen für diese hervorragende Arbeit und den Dienst, der dort geleistet wird. Entscheidend ist neben der Seeraumüberwachung und Ausbildung der lokalen Streitkräfte die Wirkung von UNIFIL als Kommunikationsplattform, die Gespräche zwischen Israel und dem Libanon überhaupt erst möglich macht. UNIFIL, ebenso wie die Soldatinnen und Soldaten, wird also nach wie vor gebraucht zur Friedenssicherung und für mehr Stabilität in der Region. Darum bitte ich Sie heute um breite Zustimmung für die Verlängerung des Mandats als klares Bekenntnis zu unserer internationalen Verantwortung gegenüber unseren Partnerländern und damit auch als klares Signal an unsere Soldatinnen und Soldaten. Euer Dienst fernab der Heimat ist gut und wichtig. Herzlichen Dank.