Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Bundespräsident hat Angela Merkel in dieser Woche das Großkreuz in besonderer Ausführung verliehen und sie damit für ihre persönlichen Leistungen geehrt. Ich möchte diesen TOP der AfD auch dafür nutzen, um hier in aller Klarheit zu sagen: Wir gratulieren Frau Merkel ganz herzlich zu dieser schönen Auszeichnung. Dass sie als konservative Politikerin, Kollege Korte, 2015 die Grenzen nicht geschlossen hat, sondern europäisch und rechtskonform gehandelt hat, dass sie Menschen, die vor Krieg, Folter und Tod geflohen sind, hier Schutz ermöglicht hat, allein das rechtfertigt schon diese Auszeichnung. Man kann anderer Meinung sein. Aber selbst dann gebieten es bei allen politischen Differenzen der Respekt und der bürgerliche Anstand, dass man zu dieser Ehrung gratuliert, meine Damen und Herren. Nicht, dass wir uns falsch verstehen: Meine Fraktion und ich selbst haben vieles, was Frau Merkel gemacht hat, und vor allem, was sie nicht gemacht hat, immer hart und deutlich kritisiert. Ich persönlich habe vier Bundestagswahlkämpfe hinter mir, bei denen ich mich mit den völlig unzureichenden Positionen von CDU und CSU auseinandergesetzt und explizit dafür gewahlkämpft habe, dass Frau Merkel eben nicht Bundeskanzlerin wird, zugegebenermaßen mit nicht ganz durchschlagendem Erfolg. Ich habe also schon demokratisch gegen Frau Merkel und ihre Politik gestritten, als es Ihre Partei, die AfD, noch gar nicht gab; da war Ihre Ikone, Herr Gauland, noch ein ganz braves CDU-Mitglied in Hessen. Erzählen Sie mir deswegen nichts von demokratischem Diskurs und Auseinandersetzung mit der unzureichenden Politik der Union, meine Damen und Herren! Erstaunlich aber ist, dass sich auch so mancher Parteifreund bis heute offenbar nicht dazu durchringen kann, Frau Merkel in Kollegialität und Verbundenheit den Respekt zu zeigen, den diese Auszeichnung ja abverlangt. Friedrich Merz verweigerte vor laufender Kamera einen Glückwunsch, selbst auf viermaliges Nachfragen. Wie klein kann das Karo werden, Herr Frei? Das frage ich Sie. Ja, Angela Merkel hat Fehler gemacht, keine kleinen und nicht wenige. Sie trägt große Verantwortung für die verhängnisvolle Abhängigkeit Deutschlands von russischem Gas, Frau von Storch, und hielt bis zuletzt zäh an Nord Stream 2 fest. Von der sträflichen Vernachlässigung der Digitalisierung über das Herunterwirtschaften der Deutschen Bahn bis hin zum Verschlafen der Energiewende: Unter diesen Versäumnissen leidet Deutschland bis heute schmerzlich. All diese Kritikpunkte, meine Damen und Herren von der Union, können Sie aber doch nicht meinen, Herr Frei; denn diese Politik haben Sie ja volle Kanne mitgetragen. Dann stellt sich die Frage: Was passt Herrn Merz und Herrn Linnemann nicht? Das ist ja in den letzten zwei Minuten Ihrer Rede angeklungen. Passt Ihnen nicht, dass sie als Kanzlerin nach einer Phase der Irrungen und Wirrungen dann doch aus Fukushima die richtigen Konsequenzen gezogen hat und auf den Atomausstieg eingeschwenkt ist? Passt Ihnen nicht, dass Frau Merkel trotz persönlich anderer Meinung die Größe hatte, die Abstimmung zur „Ehe für alle“ freizugeben? Denn wenn es 2017 nach Ihrer Fraktion gegangen wäre, nach zwei Dritteln Ihrer Fraktion, hätten wir bis heute für schwule und lesbische Paare ein Eheverbot. Missgönnen Sie ihr, dass sie nach all den Jahren der Verantwortung als Abgeordnete, Ministerin, CDU-Vorsitzende und Bundeskanzlerin selbstbestimmt und sauber aus der Tür gekommen ist? Oder ist es dann am Ende eben doch, Herr Frei, die Flüchtlingspolitik, die Sie Angela Merkel bis heute nachtragen und ihr deshalb das Großkreuz nur so halb gönnen? Da möchte ich Ihnen sagen, Herr Frei: Es ist ein Kreuz mit dem Großkreuz. In Ihrem Fraktionssaal befindet sich ja auch ein großes Kreuz. Es ist ein spannendes, interessantes und, wie ich finde, ausgesprochen inspirierendes Kunstwerk, das dort seit vielen, vielen Jahren hängt. Es wurde geschaffen vom Bildhauer Markus Daum aus Radolfzell am schönen Bodensee. Ihre Fraktion schreibt dazu auf ihrer Homepage: Ich finde, wenn man sich die Bedeutung dieses Kreuzes vergegenwärtigt, und zwar künstlerisch wie auch religiös, dann sollte es helfen, das Gemeinsame konstruktiv zu suchen und nicht das Trennende – auch bei der Verleihung eines Großkreuzes in besonderer Ausführung. Das würde ich mir von Ihnen in diesem Haus insgesamt mehr wünschen, gerade in Abgrenzung zu diesen polemischen, spalterischen Demagogen, die diese Aktuelle Stunde beantragt haben. Ganz, ganz herzlichen Dank, meine Damen und Herren.