Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Auch von meiner Seite als Erstes ein herzliches Dankeschön an die Frau Wehrbeauftragte und ihr Team für den Bericht und vor allem auch für ihre Arbeit, für ihr großes Engagement und für ihre Empathie, die sie bei ihrer Arbeit ganz offensichtlich den Soldatinnen und Soldaten, aber auch den zivilen Mitarbeitern der Bundeswehr entgegenbringen. Der Bericht der Wehrbeauftragten für das Jahr 2022 macht deutlich: Ein Jahr hatte die Ampel Zeit, um zu verbessern, zu modernisieren, zu reformieren, und geschehen ist ein Jahr lang nichts. Der Verteidigungsminister muss die Zügel jetzt endlich anziehen und dafür sorgen, dass das Geld im Sinne der Truppe ausgegeben wird. Besonders die Lücken, die durch Abgabe von Munition und Material an die Ukraine entstanden sind, müssen schleunigst geschlossen werden. Dieser Bericht bildet ziemlich genau das Schaffensjahr von Verteidigungsministerin Lambrecht ab. „Schaffensjahr“ ist vielleicht arg übertrieben, ich weiß; aber sie ist damals zumindest mit einem großen Versprechen gestartet. In ihrer ersten Rede als IBuK vor dem Deutschen Bundestag sagte sie: Und Sie müssen das Sondervermögen jetzt zur Wirkung bringen, die mittelfristige Finanzplanung an die Erfordernisse anpassen und damit das 2-Prozent-Ziel mit dem nächsten Haushalt erreichen, die Bundeswehr strukturell und demokratiefest an die neuen Herausforderungen anpassen und das Beschaffungswesen, wie eben gesagt, in Organisation und Prozessen neu aufstellen. Herr Pistorius, Sie haben es in der Hand: Landesverteidigung und Bündnisverteidigung müssen massiv verbessert werden. Hier geht es um unsere Sicherheit. Wir unterstützen Sie sehr gerne konstruktiv auf diesem Weg. Den Soldatinnen und Soldaten an dieser Stelle noch mal herzlichen Dank für ihre Arbeit! Auf Wiederschauen. Der Bericht der Wehrbeauftragten dokumentiert sehr nüchtern, aber ganz klar: Nur Ankündigungen, nichts geliefert. Fakt ist: Der Verteidigungshaushalt wartet trotz der dringend benötigten Ausrüstung und Ausstattung der Bundeswehr immer noch auf einen Aufwuchs. Gewiss lässt sich nicht alles in einem Jahr umkrempeln, das ist schon klar; aber wenn es eine Regierung angesichts der Zeitenwende nicht schafft, muss man schon auch von Versagen sprechen. Das muss man erst mal schaffen, liebe Kolleginnen und Kollegen. Noch nie – ein historischer Moment – war so viel Geld da wie jetzt mit dem 100-Milliarden-Sondervermögen, noch nie gab es im Parlament und vor allem auch in der Gesellschaft so viel Rückhalt für eine substanzielle Stärkung der Bundeswehr. Und das Ergebnis? Null. Keine Patrone – im wahrsten Sinne des Wortes – mehr für die Bundeswehr im ganzen Jahr 2022. Und das dürfte auch der Grund sein, warum die Ministerin letztlich die eigene Kündigung eingereicht hat, liebe Kolleginnen und Kollegen. Wir erwarten jetzt erst recht, dass die Bundesregierung zur Einhaltung des 2-Prozent-Ziels der NATO steht und der Verteidigungshaushalt 2024 als Startschuss mindestens um die geforderten 10 Milliarden Euro angehoben wird; denn es fehlen weiterhin Betriebsstoffe, Munition, Ersatzteile, persönliche Bekleidung, einsatzbereite Flugzeuge, Schiffe und Panzer. Meine Damen und Herren, der Bericht der Wehrbeauftragten ist alarmierend. Es ist absolut unverständlich, dass angesichts der sicherheitspolitischen Lage einschließlich der tatsächlich zu erlebenden Zeitenwende die Probleme weiter ignoriert und auf die lange Bank geschoben wurden. Dass die hochbelastete Truppe in Mali bis 2024 sinnlos und unter vorgeschobenen Argumenten unter widrigsten Umständen Dienst tun muss, ist ein Skandal. Es wird reaktiv und nur unter Druck über Einzelmaßnahmen entschieden; immer wieder werden große Ankündigungen gemacht und immer wieder neue Ausreden für fehlendes Handeln gefunden. Ein Jahr Zeitenwende – und noch immer ist nicht klar, wo wir strategisch und sicherheitspolitisch stehen. Wo bleibt eigentlich die Nationale Sicherheitsstrategie, die so lange angekündigt wurde? Es muss sich also dringend etwas ändern, damit Deutschland sicherheitspolitisch nicht in die Bedeutungslosigkeit abrutscht; denn es ist für die Verteidigungsfähigkeit Europas essenziell. Ja? Vom Kollegen Arlt sehr gerne. Mal schauen, ob sie so gut wird wie die letzte. Lieber Kollege Arlt, das, was Sie beschreiben, ist schon richtig im Sinne von: Jawohl, wir haben das Bundeswehrbeschaffungsbeschleunigungsgesetz auf den Weg gebracht. Es ist aber sehr klein und hat in Wahrheit noch nicht wirklich was gebracht. Wo ist denn die massive Beschleunigung tatsächlich da? Ist in dem Zeitraum, den der Bericht umfasst, eine Patrone zusätzlich beschafft worden? Wo ist denn jetzt der Vertragsabschluss zum Beispiel für den Ersatz der Panzerhaubitzen, die wir an die Ukraine abgegeben haben? Wir hatten neulich ein Gespräch mit französischen Vertretern. Auf die Frage, wie das in Frankreich eigentlich organisiert wird, wenn Material an die Ukraine abgegeben wird, und wie es dann mit der Nachbeschaffung aussieht, haben sie gesagt: Da gibt es überhaupt keine Diskussion. Es wird sofort nachbeschafft; da werden sofort Verträge geschlossen. – Das ist in Deutschland immer noch nicht der Fall. Deswegen sage ich Ihnen: „Beschleunigung“, „schneller“ – das sind alles warme Worte. Es passiert nichts; es wird nicht schneller. Hier liegen die Hoffnungen tatsächlich auf dem neuen Minister. Und da werden wir ihn auch unterstützen, wenn er hier richtig Gas geben möchte. All diese Mängel gehen zulasten der Bundeswehr und kosten viel Zeit und Reputation. Vor allem aber dienen sie eben nicht der Sache, nämlich die Verteidigungsfähigkeit Deutschlands und der NATO zu erhöhen. Es ist bitter, dass ein so vernichtendes Urteil zu fällen ist; denn wir haben keine Zeit. Die Bundeswehr muss jetzt nicht zaudernd, sondern stattdessen mit Hochdruck an die neuen Erfordernisse angepasst werden. Der neue Minister hat bisher, finde ich, einen ganz ordentlichen Start hingelegt und wichtige Themen zumindest angesprochen, was auch hier im Bundestag Hoffnung macht: Mehr als 2 Prozent, pro Jahr 10 Milliarden Euro mehr für den Einzelplan 14, früherer Abzug aus Mali, Beschleunigung des Beschaffungsprozesses und – heute noch mal besonders akzentuiert – das Thema Kaltstartfähigkeit. Herr Minister, ich kann Ihnen aber nur sagen: Warme Worte wie in der Vergangenheit von Ihrer Vorgängerin oder vom Bundeskanzler reichen nicht. Es müssen tatsächlich Taten folgen.