Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dass am vergangenen Samstag die drei letzten noch in Betrieb befindlichen Kernkraftwerke in Deutschland vom Netz gegangen sind, war nichts anderes als der Triumph der ideologischen Sturheit über die praktische Vernunft, meine Damen und Herren. – Wenn hier jetzt der Zwischenruf kommt: „Sie haben es doch beschlossen“, dann entgegne ich: Blenden Sie mal nicht die aktuelle Situation aus! – Wir befinden uns mitten in einer seit vielen Jahrzehnten nie dagewesenen Krisensituation infolge des russischen Angriffskriegs. Wir befinden uns mitten in einer nach wie vor nicht ausgestandenen Energieversorgungskrise. Und mitten in einer solchen Zeit feiert sich diese Bundesregierung für ihren Kleinmut, für die Unfähigkeit, überkommene Festlegungen zu revidieren. Sie von den Grünen veranstalten Abschaltpartys, während die Menschen sich Sorgen machen um ihre Energieversorgung, um ihre Stromkosten, um unsere zu große Abhängigkeit von Energieimporten und nicht zuletzt um den Klimaschutz. Ihre Politik, meine Damen und Herren, ist unverantwortlich, und sie ist unglaubwürdig, was den Klimaschutz anbelangt. Wochen und Monate streiten Sie über ein Tempolimit, das sehr wenig für den Klimaschutz bringen würde; gleichzeitig setzen Sie auf mehr Kohle und Gas, anstatt weiter zumindest vorübergehend die klimaneutrale Kernenergie zu nutzen. 30 Millionen Tonnen CO2 werden nun Jahr für Jahr zusätzlich ausgestoßen. Wegen Ihrer Entscheidung! Aber blicken wir zurück auf ein Jahr Debatte über die Frage der Abschaltung der Kernkraftwerke: Am Anfang, vor etwa einem Jahr, wurden wir von Ihnen beschimpft, wenn wir überhaupt die Frage gestellt haben, ob es denn sinnvoll ist, die Kernkraftwerke zum Ende letzten Jahres tatsächlich abzuschalten. Dann haben die Ministerien für Umwelt und Wirtschaft versucht, eine Debatte über diese Frage im Keim zu ersticken, durch einen dubiosen Prüfvermerk, durch das Schüren von Ängsten vor den deutschen Kernkraftwerken. Und dabei sagt der Minister Habeck – ich zitiere –: Kernkraft „ist auch in Ordnung, solange die Dinger sicher laufen. Sie sind ja gebaut.“ Aber so viel Pragmatismus gibt es halt hinsichtlich der Ukraine und nicht für unser Land mit seinen vergleichsweise sicheren Kernkraftwerken. Immerhin haben Sie sich durchgerungen, die Kernkraftwerke über den Winter weiterlaufen zu lassen. Da wurde es Ihnen wohl zu heiß, über den Jahreswechsel vielleicht doch in eine Strommangellage zu geraten. Da gab es das groß inszenierte Machtwort des Bundeskanzlers, das aber nicht so weit reichte, wie es eigentlich nötig gewesen wäre, nämlich für die Beschaffung neuer Brennelemente und einen befristeten Weiterbetrieb mindestens bis Ende 2024, wie wir es hier mehrfach gefordert haben. Jetzt haben wir alle den Streit in der Bundesregierung über diese Frage verfolgen können. Aber es bleibt halt dabei: Bei den Grünen ist der Kampf gegen die Kernkraft Teil der DNA; das führt zu vollkommener Faktenresistenz. Mit Verlaub: Das hat man auch in Ihren Interviews in den letzten Wochen gemerkt, Herr Trittin. Nicht in erster Linie Klimaschutzpartei, sondern in erster Linie Anti-AKW-Partei! Ich muss es an dieser Stelle noch einmal deutlich sagen. Die SPD hat sich anstecken lassen und scheut den Konflikt, zulasten von Verbrauchern, von Arbeitnehmern, von Betrieben, und der FDP fehlt letztlich die Kraft, den Kurs von Rot-Grün entscheidend zu korrigieren. Spätestens seit dem 15. April ist klar: SPD, Grüne und FDP tragen die Verantwortung für eine ungesicherte Energieversorgung, für mehr Abhängigkeit, für höhere Strompreise als nötig und für unnötigen zusätzlichen CO2-Ausstoß. – So sieht’s aus, lieber Herr Ebner. Diese Bundesregierung trägt auch die Verantwortung dafür, wenn sich die Kerntechnologie aus Deutschland verabschiedet, und das, obwohl ja um uns herum in ganz Europa diese Energieform weiter forciert, weiter genutzt wird, sogar der Ausbau in einigen europäischen Mitgliedstaaten vorangeht. Es wäre zwingend erforderlich, dass Deutschland als Industriestandort Nummer eins in Europa ein führender Akteur bei Forschung und Entwicklung bleibt, sei es bei den kleinen modularen, bei Dual-Fluid-Reaktoren oder in der Kernfusionstechnologie. Da müssen wir doch an der Spitze sein und dürfen nicht aussteigen, so wie Sie das hier die ganze Zeit fordern. Wer Innovation politisch unterbindet, weil sie nicht ins eigene Weltbild passt, der gefährdet den Erfolg beim Klimaschutz genauso wie künftigen Wohlstand. Was es jetzt braucht, meine Damen und Herren, ist klar: Erstens. Die drei am vergangenen Samstag vom Netz genommenen Kernkraftwerke müssen umgehend wieder hochgefahren werden. Die dafür erforderlichen rechtlichen Grundlagen können wir sofort gemeinsam beschließen. Unser Ziel bleibt der vorübergehende Weiterbetrieb dieser drei nun außer Betrieb genommenen Kernkraftwerke, zumindest bis Ende 2024. Und zweitens. Das Mindeste wäre, jetzt keine Fakten zu schaffen, die nicht mehr reversibel sind. Wir fordern ein Rückbaumoratorium. Mein Appell an die Bundesregierung: Nehmen Sie die Situation endlich so ernst, wie sie ist! Nutzen Sie endlich alle Möglichkeiten beim Umgang mit der Energieversorgungskrise! Sorgen Sie für die erforderliche Kurskorrektur!