Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Und jährlich grüßt das Murmeltier: mit einem Antrag der Union zu Boni im Rettungs- und Gesundheitswesen, diesmal wegen Inflation statt Corona. Mal sehen, ob ich nächstes Jahr wieder hier stehe, gleiches Thema, anderer Titel. Bevor ich auf den Antrag inhaltlich eingehe, zunächst eine persönliche Anmerkung: Sie wissen, ich bin Pflegeunternehmerin. Bevor ich im Herbst 2021 in den Bundestag gewählt wurde, habe ich die ersten eineinhalb Jahre der Pandemie nicht nur miterlebt, sondern ich habe in meiner Einrichtung, in meinem Unternehmen, tagtäglich im Pflegebereich gearbeitet. Auf den Tag genau vor drei Jahren, am 30. März 2020, kam die erste Coronawelle in meinem Altenpflegeheim an. Nehmen Sie es mir also nicht übel, wenn ich sage: Ich war wahrscheinlich viel näher dran als viele von Ihnen, die hier sitzen. Werte Kolleginnen und Kollegen von der Union, ich weiß also aus eigener Erfahrung sehr genau, was es heißt, in diesem System zu arbeiten und vor allem Menschen in solchen Berufen – Pflegende, Reinigungs- und Rettungskräfte und viele mehr – zu motivieren und ihnen mit Wertschätzung für ihre Arbeit zu begegnen. Damit komme ich jetzt zum Inhaltlichen: Punkt eins. Was mich an Ihrem Antrag ebenso wie an dem von vor einem Jahr stört, ist, dass Sie mit einer einmaligen Zahlung eine nachhaltige Wertschätzung suggerieren wollen, die man aber damit sicher nicht erreicht. Einmalig und nachhaltig – Sie bemerken vielleicht selbst den Widerspruch. Punkt zwei. Ich habe meinen Auszubildenden im Pflegeberuf – schauen Sie da gerne noch mal in die Richtlinien zum Gesetz – natürlich auch den Coronabonus ausgezahlt, im Übrigen auch der FSJlerin, anteilig, und den Reinigungskräften. Auf die steuerfreien Pauschalen gehe ich jetzt nicht ein; denn das würde den zeitlichen Rahmen durchaus sprengen. Punkt drei. Das, was Sie uns hier zum wiederholten Male – vielleicht streben Sie da ja auch nach Tradition – mit Ihrem Antrag präsentieren, das ist reiner Populismus und Aktionismus. Es ist ein Antrag, mit dem Sie versuchen, Ihr Gewissen zu beruhigen und von Ihrer verfehlten Politik im gesamten Gesundheitswesen abzulenken. Mit Erlaubnis des Präsidenten zitiere ich aus Ihrem Antrag. Da heißt es: Ich weiß, das mit der Erinnerung ist bei Ihnen bisweilen so eine Sache. Aber nur mal der Hinweis: So lange, wie ich nicht mehr aktiv in meinem Unternehmen arbeite, so lange sind Sie in der Opposition, also eineinhalb Jahre. Davor waren Sie 16 Jahre – ich wiederhole: 16 Jahre – in der Regierung. Das ist etwas mehr als zehnmal so lange. Ihre Politik ist daher zum Teil ursächlich dafür, dass – ich zitiere erneut – „wichtige Leistungsträger im Gesundheitswesen ignoriert und auf lange Sicht in einem ohnehin von hoher Arbeitsbelastung geprägten Sektor zusätzlich demotiviert“ wurden. Aber anstatt jetzt einen fundierten Antrag mit konkreten Ideen vorzulegen, wie sich Probleme zielgerichtet lösen und Ihre versorgungspolitischen Fehlentscheidungen korrigieren lassen, verschwenden Sie unsere Zeit im Plenum mit populistischen Boni-Forderungen, um wahrscheinlich dann im nächsten Atemzug auf die richtige Einhaltung der Schuldenbremse hinzuweisen. Das, was Sie hier präsentieren, ist keine echte, keine ehrlich gemeinte Wertschätzung für diese Berufe – ganz im Gegenteil. Pflegende und Beschäftigte im Rettungs- und Gesundheitswesen kümmern sich nicht nur um diejenigen, die Unterstützung und Fachexpertise akut brauchen, sondern sie leisten einen Dienst an der Gesellschaft, und das müssen wir honorieren, und zwar nachhaltig, zukunftsweisend und zielgerichtet, mit sinnvollen Maßnahmen, die die Bedingungen und das System verbessern. Der Überweisung in den Ausschuss für Gesundheit werden wir zustimmen, den Antrag an sich aber ablehnen. Eine abschließende Bemerkung noch – da zitiere ich nochmals aus Ihrem Antrag – zu der Stelle „Den ursprünglichen Antrag vom 15.03.2022 präzisierend“: Bevor Sie ein weiteres Jahr für einen präzisierenden Antrag verschwenden, tragen Sie doch einfach die wichtigen und richtigen Schritte, die wir als Ampelkoalition im Bereich des Gesundheitssystems und der Gesundheitspolitik anstreben, mit! Das hilft nicht nur uns hier im Parlament bei einer sinnvollen Verwendung unserer Zeit, sondern vor allem auch den Beschäftigten im Gesundheitssystem auf lange Sicht.