Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will mal andersrum anfangen: Bezeichnend ist, was in den 30 Stunden, die Sie netto verhandelt haben, nicht gelöst worden ist. Streit um den Haushalt 2024: nicht gelöst. Kindergrundsicherung: nicht gelöst. Finanzierung der Pflege: nicht gelöst. Streit bei der Kitastrategie: nicht gelöst. Nichts Konkretes, Herr Miersch, beim Gebäudeenergiegesetz! Sie haben im Grunde am Ende von 16 Seiten zu dem Thema, das alle Deutschen beschäftigt – was ist mit den Öl- und Gasheizungen, wie geht es weiter für viele Millionen Häuslebesitzer in diesem Land? –, den gleichen Absatz aufgeschrieben, den Sie schon beim letzten und beim vorletzten Mal aufgeschrieben haben. Sie haben netto 30 Stunden zusammengesessen. Anschließend heißt es: Vorhang zu und alle Fragen offen. – Die Bürger sind weiter verunsichert. Das jedenfalls geht nicht, weiter so eine Show abzuziehen, wie Sie das in den 30 Stunden gemacht haben. Künftiger Streit ist in den Deutungen ja schon angelegt. Sie haben gestern Papiere an die Journalisten verteilen lassen – „Unter zwei“ nennt man das –, in denen jeder eine Deutung bringt. Ich zitiere mal das FDP-Papier. Demnach werden „im Naturschutz zukünftig Ausgleichszahlungen gleichrangig mit Ausgleichsmaßnahmen“ erfolgen können. Im Grünenpapier, das gestern zeitgleich verteilt wurde, heißt es, dass „der grundsätzliche Vorrang der Realkompensation vor Ersatzzahlungen nicht infrage gestellt“ werde. Sie von der FDP sagen „gleichrangig“, Sie von den Grünen sagen „vorrangig“, Sie von der SPD sagen im Zweifel gar nichts. Sie haben ein Papier geschrieben, und anschließend sind alle Fragen immer noch offen. Der Streit geht doch weiter. Das ist die Wahrheit, die wir aus den Papieren herauslesen müssen. Ich zitiere aus dem gleichen Papier der FDP zum Klimaschutzgesetz: Wir werden die jährlichen Sektorziele ersetzen. – Die Grünen schreiben in ihrem verteilten Papier: Die Sektorziele bleiben – Rufzeichen –, mit Minderungsmenge in jedem Sektor. – Die SPD schiebt heute noch ganz schnell ein Papier für die Journalisten hinterher. Darin steht: Die Sektorziele werden beibehalten. – Was gilt denn nun? Gilt das, was die FDP hier abfeiert – keine Sektorziele mehr –, oder gilt das, was eigentlich im geltenden Klimaschutzgesetz steht und was Grüne und SPD sagen? Sie haben 30 Stunden zusammengesessen. Sie halten hier schöne Reden; aber in Wahrheit haben Sie Ihre Konflikte nicht gelöst. Das ist der Stand der Dinge an diesem Tag. Dann heißt es im Papier der Grünen: Das heißt konkret, dass das neue Klimaschutzgesetz die Bundesregierung bereits im nächsten Jahr verpflichten wird, weitere Maßnahmen zu ergreifen. – Sorry, liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist absurd. Diese Bundesregierung ist bereits seit dem letzten Jahr gesetzlich verpflichtet, Maßnahmen zu ergreifen. Sie verschieben das, was jetzt schon gilt, um ein Jahr. Also verzögern Sie das Ganze insgesamt um zwei Jahre und feiern das noch als Erfolg. Die Wahrheit ist: Wenn es nicht schon längst ein Klimaschutzgesetz gäbe, wären Sie in der Ampel gar nicht in der Lage, sich auf eines zu einigen. Das ist doch die Wahrheit. Sie halten geltendes Klimaschutzrecht seit fast einem Jahr nicht ein. Sie sind die Kohlekoalition. Sie lassen Kohlekraftwerke laufen, als gäbe es kein Morgen, und schalten klimaneutrale Kernkraftwerke ab. Kommen Sie mir nie wieder mit Klimaschutz und schon gar nicht damit, dass man ambitionierter sein müsste in dieser Zeit! Und dann die SPD: Herr Daldrup, Sie haben gerade die Zeit von 1990 bis heute angesprochen. In diesen gut 30 Jahren hat die SPD 20 Jahre mitregiert. Aber es fühlt sich länger an, ehrlich gesagt. Sie haben so lange mitregiert und in der Regierung gut sechs Jahre den Kanzler gestellt. Diese alte Leier von den 16 Jahren kann ich langsam nicht mehr hören. Die können auch die Bürgerinnen und Bürger nicht mehr hören. Sie regieren jetzt seit eineinhalb Jahren. Sie erzählen jeden Tag, was alles zu tun wäre. Sie versprechen uns hier jede Woche, dass es bald zu Entscheidungen kommt. Nichts ist passiert, aber schuld sind immer die 16 Jahre. Leute, das funktioniert heute nicht mehr. Das hat doch langsam so einen langen Bart, was ihr hier veranstaltet. Noch zu den Inhalten. Es wurde ja gefragt, was wir denn wollen. Ich kann Ihnen sagen, was wir wollen. Gestern gab es eine Anhörung im Deutschen Bundestag zur Wärmewende. Wir haben schon vorgelegt, was wir unter Wärmewende und Klimaneutralität verstehen; das können Sie sich anschauen. Heute Abend gibt es eine Debatte zu einem Gesetzentwurf der Unionsfraktion, aus dem hervorgeht, wie wir endlich CCS und CCU als Technologie nutzen sollten, um klimaneutral zu werden. Morgen früh gibt es einen Antrag der Unionsfraktion, dass Kernkraftwerke in dieser schwierigen Zeit länger laufen sollen. Sie wollen Inhalte. Schauen Sie in die Tagesordnung des Deutschen Bundestages! Die einzige Fraktion, die hier Inhalte bringt, ist in dieser Sitzungswoche die CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Deswegen lassen wir Ihnen das hier so nicht durchgehen. Die Fortschrittsbotschaft sei weg, sagt Jürgen Trittin, und nennt SPD und FDP gleich noch strukturkonservative Parteien. Es geht also munter weiter in dieser Koalition. Aber Jürgen Trittin hat recht: Das ist keine Fortschrittskoalition, das ist eine Blockadekoalition. Sie haben politischen Stil versprochen. Sie liefern, nämlich Politik im Stil einer Schulhofrauferei. So jedenfalls bereitet man das Land nicht auf das vor, was nötig ist.