Sehr geehrte Frau Präsidentin! Knjeni prezidentka! Strukturna změna je realita. Tola što je cil? Debatujemy wo lětach. Dyrbimy debatować wo situaeiji ludnosće. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bin in Forst in der Lausitz geboren. Für mich war es völlig normal, am Rande eines Braunkohletagebaus aufzuwachsen. Die Kohlekumpel sorgten schon damals dafür, dass wir stabil und sicher mit Energie versorgt wurden. Im Tagebau zu arbeiten, war ein angesehener Beruf. Die Bergleute sind stolz, und das zu Recht. Sie waren im Osten Deutschlands der Garant für bezahlbare Energie. „Die Gleise rosten, und das Förderband ist leer; die braune Kohle von hier will jetzt keiner mehr“, so sang der leider viel zu früh verstorbene Liedermacher „Gundi“ Gundermann. Der Song schildert eindrücklich den Strukturbruch in der Lausitz Mitte der 90er-Jahre. Strukturbruch, Strukturwandel, Wende, Wiedervereinigung, Transformationen: Für viele sind das nur Worte. Für Menschen wie mich sind das Abschnitte meiner Lebenswirklichkeit. Kaum eine Region im Osten war in den 90ern vom Strukturbruch so stark betroffen wie die Lausitz. Zehntausende Kohlekumpel verloren ihren Job, fanden keine Arbeit, und mehr als ein Drittel verließ damals die Lausitz. Alleine in den Gewerken Kohleabbau und Kraftwerksparte verringerte sich in den 90er-Jahren die Beschäftigtenzahl von 80 000 auf 8 000. Von diesem Strukturbruch hat sich die Lausitz lange nicht erholt. Die Arbeitslosenquote lag doppelt so hoch wie in anderen Teilen Ostdeutschlands, und in die Lausitz traute sich kaum ein Investor. Unsere Städte landeten bei Zukunftsrankings sicher auf dem letzten Platz. Doch die Lausitzer gaben nicht auf und machten sich auf den Weg. Dann kam die politische Entscheidung: Deutschland steigt aus der Braunkohleverstromung aus. – Schockstarre in der Lausitz. Der Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ ist es gelungen, den Ausstieg auf 2038 zu terminieren und im breiten Einvernehmen zwischen Unternehmen, Gewerkschaften, Umweltverbänden, Kommunen und Lausitzern zu verhandeln. Mir braucht keiner zu erklären, wie schwer es war, diese Entscheidung zu akzeptieren. Damit aber diejenigen, die jahrelang das Land am Laufen gehalten haben – übrigens knapp 10 Prozent der aktuell produzierten Stromkapazität Deutschlands kommt aus der Lausitz –, eine Perspektive in ihrer Heimatregion haben, wurde 2020 das Investitionsgesetz Kohleregionen, kurz InvKG, als Teil des Strukturstärkungsgesetzes Kohleregionen verabschiedet. Dort wurde sehr genau festgelegt, mit welchen Maßnahmen der Lausitz und den anderen Kohleregionen beim politisch veranlassten Strukturwandel geholfen werden soll. 2021 wurde ich in den Bundestag gewählt, und ich durfte den Koalitionsvertrag mitverhandeln, genau in der Verhandlungsgruppe Klima und Energie. Ich weiß genau, was wir besprochen haben: erst einsteigen, dann aussteigen. Und ich weiß genau, was wir mit „idealerweise“ gemeint haben. Es macht mich immer noch wütend, dass wir immer wieder über Ausstiegsdaten diskutieren. Das geht doch völlig am Kern der Sache vorbei. Wir werden es nicht dulden, dass dieser Kampf um Jahreszahlen auf dem Rücken der Beschäftigten in den Revieren ausgetragen wird. Wenn Sie mir aufmerksam zugehört haben, sollten Sie nachvollziehen können, was das mit den Menschen in der Lausitz macht. Die Frage ist nicht, ob wir 2030, 2032, 2035 oder 2038 aus der Kohle aussteigen. Die Frage ist doch: Wie gestalten wir den Ausstieg schnell, sicher, sozial und nachhaltig? Die zwingenden Voraussetzungen sind Versorgungssicherheit, Bezahlbarkeit und ein gelungener Strukturwandel. Dazu müssen wir massiv in die erneuerbaren Energien investieren, Speicherkapazitäten schaffen und die Netze ausbauen. Die Ausschreibungen für wasserstofffähige Gaskraftwerke müssen schnellstens auf den Weg gebracht werden. Der Strukturwandel wird nur gelingen, wenn wir auch massiv in die Infrastruktur investieren. Der Osten darf nicht abgehängt werden und muss zwingend per Pipeline an das künftige Wasserstoffnetz angeschlossen werden, und versprochene Schienenprojekte müssen endlich realisiert werden. Also: Wir müssen planen. Wir müssen bauen. Wir müssen investieren. Wir müssen neue Arbeitsplätze mit guter Arbeit schaffen – und das im Deutschlandtempo, liebe Kolleginnen und Kollegen. Der Fortschritt in diesen Punkten wird darüber entscheiden, wann bzw. wie schnell wir aus der Braunkohleverstromung aussteigen können. Das haben wir sowohl gesetzlich als auch im Koalitionsvertrag vereinbart. Die Lausitz hat sich doch längst auf den Weg gemacht. Ob Gigafactory, Kathodenfabrik, Lithiumfabrik, Kreislaufwirtschaft, Photovoltaik und Windkraft – die Lausitz hat immenses Potenzial. Nutzen wir es doch für ganz Deutschland, doch nicht über die Köpfe der Menschen hinweg. Wir Menschen in der Lausitz müssen mitbestimmen können, wie der Wandel vollzogen wird; denn es ist unser Wandel. Politik setzt den Rahmen für Veränderungen, und wenn sich Bedingungen ändern, müssen wir zügig und klug nachjustieren. Für diesen Wandel haben wir nur einen Versuch, damit die Lausitz Energieregion bleibt. Glück auf!