Lieber Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Interessierte! Herr Staatsminister Poseck, eins muss ich Ihnen sagen: Wenn Sie jetzt versuchen, anhand dieses Gesetzgebungsvorhabens den Untergang der Demokratie zu beschwören, dann erweisen Sie der Sache einen Bärendienst und nicht wir. Wir haben uns das Grundgesetz sehr, sehr gut angeguckt und geschaut, welche Teile zustimmungspflichtig sind und welche nicht. Sie sprechen über Kompromisse, daher müssen wir uns mal in der Sache unterhalten. Es hätte geholfen, wenn Sie sich die Anhörung zu Gemüte geführt hätten. Dann hätten Sie nämlich festgestellt, dass die Punkte, die von Ihnen und die im Bundesrat als Kritik vorgebracht worden sind, von allen Sachverständigen wirklich entzaubert worden sind. Sie haben auf die externen Meldekanäle hingewiesen; das war so ein Kritikpunkt. Entschuldigung, das steht in der EU-Richtlinie; da haben wir gar keine Disposition. Wir setzen die Richtlinie um, so einfach ist das. Ich finde es schon besonders bemerkenswert, dass ausgerechnet die Union, die sonst die Vorkämpferin der inneren Sicherheit sein will, jetzt gerade bei wesentlichsten Fragen der Verbrechensbekämpfung – ich will das noch mal ausschärfen – so tut, als wäre es hier nicht so wichtig. Sie konstruieren eine vermeintliche Interessenkollision zwischen Interessen von Unternehmen und denen von Hinweisgebern. Wie kommen Sie eigentlich darauf, dass das dem Grunde nach unterschiedliche Interessen sind? Glauben Sie etwa, ein Unternehmen hätte nicht ein großes Interesse daran, wenn große Straftaten und Missstände im Unternehmen zutage treten? Ich bin wirklich krass erstaunt. Ich weiß gar nicht, ob Sie mitbekommen haben, was Ihre Entscheidung im Bundesrat in der Szene der Compliance-Beauftragten ausgelöst hat, in der Anwaltschaft, bei denen, die die Unternehmen beraten, die schon längst entsprechende Systeme eingesetzt haben, die schon lange anonyme Meldekanäle vorhalten? Wissen Sie, was die kosten? Wir haben das erfragt: 50 Euro im Monat! Das sind die überbordenden Belastungen, von denen Sie der Bevölkerung erzählen wollen, dass die Ampelkoalition sie jetzt über die Unternehmen ausbreiten will. Das ist wirklich abenteuerlich. Ich möchte gerne wissen, wie denn Ihre Kompromissideen dem Grunde nach ausgesehen hätten. Einen Punkt muss man deswegen noch mal erklären: Worum geht es denn eigentlich? Das habe ich schon bei der zweiten Beratung des vorherigen Gesetzentwurfs dargelegt. Es geht letztlich darum, dass Hinweisgeberinnen und Hinweisgeber bei den ganz großen Fällen, wenn Sie mal an die großen Leaks denken, einen so großen Dienst an der Gesellschaft geleistet haben, wie es die größten Strafermittlungsverfahren im internationalen Bereich nie in der Lage gewesen wären zu erreichen. Wir können also hinweisgebenden Personen einen großen Dank aussprechen, dass sie sich trauen, dass sie die Courage haben, solche Missstände tatsächlich nach außen zu tragen, zu befördern, zu eskalieren. Die Gesellschaft schuldet diesen Menschen einen Dank, und wir schulden den hinweisgebenden Personen einen größtmöglichen Schutz. Darum geht es hier in diesem Gesetzgebungsvorhaben. Das ist deswegen wichtig, weil es direkt mit Kriminalitätsbekämpfung zu tun hat. Es gilt der Zusammenhang: Aufdeckungswahrscheinlichkeit plus Sanktionshöhe. Wir wollen auf diese Weise die Aufdeckungswahrscheinlichkeit erhöhen. Deswegen hat meines Erachtens das eine mit dem anderen sehr, sehr viel zu tun. Ein anderer Punkt, den Sie in der Kritik aufgegriffen haben, war noch – manche haben wir noch nicht mal dem Inhalt nach so richtig verstanden – Beweislastumkehr; davon ist geredet worden. Zu den Einrichtungen externer Meldestellen habe ich schon etwas gesagt; das sind Vorgaben der Europäischen Union. Die Bußgeldhöhe haben wir intensiv beraten, sowohl in der Anhörung als auch in den Gesprächen mit dem Bundesjustizministerium; das ist intensiv geprüft worden. Wir haben alle Möglichkeiten erwogen, wie wir mit diesen Bußgeldtatbeständen umgehen wollen. Wir haben jetzt auch noch mal die Fristen verlängert, weil wir eine schnelle Inkraftsetzung haben wollen: Erst sechs Monate später haben Unternehmen etwas zu befürchten. Ein Punkt, auf den mein Kollege Stephan Thomae gerade hingewiesen hat, ist, glaube ich, von überragender Bedeutung. Spätestens die Reichsbürgerepisode hätte eigentlich erkennen lassen müssen, dass nicht nur bei Bundesbeamten, sondern natürlich auch bei Landesbeamten und Kommunalbeamten ein großes Interesse des Staates und auch innerhalb der Kollegenschaft daran besteht, davon zu erfahren, wenn dort keine Verfassungstreue vorherrscht. Es ist von großem übergeordneten Interesse des Dienstherren, davon zu erfahren, wenn sich jemand meilenweit außerhalb des Beamteneides bewegt. Dass sich solche Menschen in der Vergangenheit nicht immer getraut haben, sich zu melden, auch dafür haben wir leider zahlreiche Beispiele. Ein Punkt am Ende, dessen Bedeutung ich noch mal betonen möchte: Ich muss ein Stück weit auf die fürchterlichen Vorgänge in Hamburg verweisen. Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, welche Bedeutung anonyme Hinweise haben können, wie groß und bedeutsam sie sind, dass sie werthaltig und substanzvoll sein können, dann wäre das doch dieses Ereignis. Dies ist uns leider Gottes hier wirklich vor Augen geführt worden. Es gab einen Hinweis mit sehr viel Substanz. Es hat sich eine hinweisgebende Person mit sehr viel Inhalt tatsächlich an die Behörden gewandt. Das ist noch mal eine Mahnung an alle, die dort Verantwortung tragen, dass wir Systeme benötigen – und die gibt es schon längst in den Unternehmen –, mit denen trotz Anonymität auf der Seite der meldenden Personen eine Kommunikation gewährleisten werden kann. Wir wissen aus der Forschung, dass sich mittlerweile viele der Meldenden offenbaren. Also: Ich bitte Sie – das blitzt immer so durch –, anonyme Meldungen nicht zu diskreditieren. Auch diese sind ein wichtiger Bestandteil und bei der Hinweisgeberschutzgesetzgebung zu berücksichtigen. Ich hoffe deswegen, Sie geben sich einen Ruck und stimmen zu. Vielen Dank.