Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Anlass der heutigen Debatte ist die nunmehr zehnmalige Verschiebung unseres Antrags auf Durchführung einer Anhörung im Rechtsausschuss. Das gibt Gelegenheit, grundsätzlich zum Verhalten der Mehrheit gegenüber der Minderheit im Deutschen Bundestag Stellung zu beziehen. Es gibt entsprechende Regelungen im Grundgesetz und in unserer Geschäftsordnung. Es gibt aber auch zu beachtende unsichtbare Leitplanken in einer Demokratie. Dazu gehören der Respekt voreinander, aber auch die Zurückhaltung beim Gebrauch der Mehrheit. Sie haben heute Vormittag bei der Wahlrechtsreform weder von dieser Zurückhaltung Gebrauch gemacht noch Respekt gezeigt, sondern haben das Wahlrecht als Machtinstrument eingesetzt. Dieser mangelnde Respekt ist auch im Rechtsausschuss zutage getreten, und das zeigt sich heute ganz deutlich. Wir haben am 12. Oktober 2022 gemeinsam die Durchführung einer Anhörung beschlossen. Seitdem ist diese Anhörung mehrere Male – ich erspare Ihnen jetzt die Daten; es waren aber neun Mal – verschoben worden. In einer Demokratie sollte vielleicht auch mal der Grundsatz gelten: Der andere könnte auch recht haben. Und selbst wenn der Grundsatz nicht für Sie gilt – der andere könnte auch mal recht haben –, dann sollte zumindest der Grundsatz gelten: Lasst doch den anderen den Sachverhalt zumindest mal erläutern. Selbst das verwehren Sie im Rechtsausschuss. Das ist respektlos und undemokratisch. Es geht nämlich gar nicht um eine Abstimmung in der Sache. Es geht um die Durchführung einer Anhörung, um uns zu einem wichtigen Thema eine Meinung bilden zu können. Dieses Thema ist so wichtig, dass es keinen Aufschub duldet. Ich habe von Ihnen nur taktische Argumente gehört, mit denen Sie uns erklärt haben, warum es nicht geht. Was ich von Ihnen nicht gehört habe, ist, dass Sie über die Opfer gesprochen haben, über missbrauchte Kinder, dass nun der Rechtsrahmen fehlt, um schlimmste Straftaten wie Kindesmissbrauch und Kinderpornografie wirkungsvoll aufzuklären. Es geht um den Schutz von Kindern, und da dürfen Sie nicht zögern. Es muss in diesem Fall zumindest eine Anhörung geben. Wie erklären Sie das denn den Opfern, dass Sie nicht mal bereit sind, eine Anhörung im Deutschen Bundestag durchzuführen? Ja. Vielleicht kann ich, Frau Präsidentin, trotzdem darauf antworten. – Im Deutschen Bundestag wird Ihnen als AfD eine Wahl zum Vizepräsidenten des Deutschen Bundestages nicht verwehrt. Sie haben nur keinen Anspruch darauf, dass die Mehrheit des Deutschen Bundestages Ihren Kandidaten wählt. Das ist der Unterschied. Ich möchte zum Thema zurückkommen. Viele Fahnder, Ermittler, BKA-Beamte, Staatsanwälte, die sich mit den Themen Kindesmissbrauch und Kinderpornografie beschäftigen, sagen uns, dass die IP-Adressen meist der einzige Ermittlungsansatz sind, um diese Straftaten aufzudecken, um widerlichen Kinderpornografieringen im Darknet und in Telegram-Gruppen auf die Spur zu kommen. Der wehrhafte Rechtsstaat muss zum Schutz der Opfer doch zumindest diesen Ermittlungsansatz in Beschlag nehmen, um eine Chance zu haben, diese Fälle aufzuklären und die Täter ihrer gerechten Strafe zuzuführen, und um zu verhindern, dass weitere solcher Netzwerke entstehen und dass Kindesmissbrauch stattfindet. Die IP-Adressen sind der zentrale Ermittlungsansatz. Deswegen müssen sie auch für eine gewisse Zeit gespeichert werden. Das ist in der Abwägung der Grundrechte eine klare Entscheidung für die Grundrechte der Kinder und der Opfer solcher Straftaten. Das ist übrigens auch nach dem Urteil des EuGH vom 20. September 2022 zulässig. Der EuGH hat nämlich deutlich gemacht, dass es jenseits seiner Haltung zur anlasslosen Vorratsdatenspeicherung auch die klare Möglichkeit gibt, die Speicherung von IP-Adressen zum Zwecke der Strafverfolgung bei schweren Straftaten – und keiner würde hier widersprechen, dass Kinderpornografie und Kindesmissbrauch dazu gehören – vorzunehmen. Deswegen haben wir die Verpflichtung, das zu tun, und wie wir es tun, sollten wir gemeinsam im Deutschen Bundestag erörtern. Der Kern ist eine Anhörung, und diese Anhörung dürfen Sie uns nicht länger verwehren. Sie muss durchgeführt werden aus Gründen des Respekts, aber auch aus Gründen einer baldigen Lösung; denn es geht hier um Opferschutz und um Kinder. Herzlichen Dank.