Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach einer sehr intensiven Debatte sind wir jetzt bei einem Thema, das nicht weniger Potenzial zur Intensität hat. Ich verstehe sehr gut, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union, dass Sie nicht nur einen Bericht gefordert haben, sondern den Punkt auf die heutige Tagesordnung gesetzt haben. Es ist in der Tat ein wichtiges Thema. Ich glaube, es ist gut, dass wir heute noch einmal darüber diskutieren. Es ist in der Tat ein offenes Geheimnis, dass jedenfalls meine Fraktion lieber gestern als morgen im parlamentarischen Verfahren sehr intensiv über die Frage diskutiert hätte, wie wir vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs dafür sorgen, dass die Regelungen zur Vorratsdatenspeicherung so, wie im Koalitionsvertrag vereinbart, ausgestaltet werden können, dass Daten rechtssicher anlassbezogen und durch richterlichen Beschluss im sogenannten Quick-Freeze-Verfahren gespeichert werden können. Es ist nämlich nicht nur zum Schutz der Kinder, wie im Berichtsantrag formuliert, sondern insgesamt zum Schutz vor schwerer Kriminalität und zur Verhütung schwerer Bedrohung der öffentlichen Sicherheit dringend notwendig, dass wir in Deutschland endlich eine grundrechtskonforme und grundrechtssichernde Regelung bekommen und endlich davon abkommen, Totes Recht in diesem Land zu haben. Um eines ganz deutlich zu sagen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union: Dass wir heute diese Debatte führen müssen, hat auch viel damit zu tun, dass seit der fundamentalen Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes 2014 zur Europäischen Datenschutzrichtlinie das unionsgeführte Innenministerium immer wieder wie eine Art Fetisch auf die Vorratsdatenspeicherung gesetzt hat, statt die Warnsignale zu verstehen, sich darum zu bemühen, in acht Jahren Regierungszeit endlich eine grundrechtskonforme Lösung auf den Tisch zu legen. Das ist bis heute unterblieben. Deswegen kommt es immer wieder auf die Tagesordnung. In Ihrem Antrag schlagen Sie eine Speicherpflicht für sechs Monate vor. Lassen Sie mich noch mal deutlich sagen: Das ist schon vor dem Hintergrund der EuGH-Rechtsprechung von 2014 juristisch schlicht gefährlich, grenzwertig und würde wahrscheinlich auch nicht standhalten. Außerdem ist ganz interessant, was die Anhörung im Digitalausschuss zur Chatkontrolle vor zwei Wochen ergab. Da sagte der von Ihnen benannte Sachverständige doch allen Ernstes, dass er sechs Monate für viel zu lange hält und für eine kürzere Zeit eintritt. Hören Sie dann doch wenigstens auf die eigenen Sachverständigen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ein weiterer Punkt lässt mich den Kopf schütteln. Es ist nämlich unredlich, wie Sie den Antrag formuliert haben. Während Sie die EuGH-Rechtsprechung in Bezug auf das, was alles möglich ist, schön säuberlich runterzitiert haben, zitieren Sie ausgerechnet die Option, von der wir – so steht es auch im Koalitionsvertrag – der Überzeugung sind, dass sie die rechtssicherste und am einfachsten umzusetzende Lösung für ein rechtssicheres und grundrechtssicherndes Verfahren ist, nicht. Das ist unredlich, liebe Kolleginnen und Kollegen. Wenn Sie schon höchstrichterliche Rechtsprechung zitieren, dann machen Sie das wenigstens vollständig. Um eines ganz klar zu sagen: Wir als FDP-Fraktion werden weiterhin in der Koalition und auch sonst überall klar und deutlich dafür votieren, dass wir diese praxistaugliche, grundrechtskonforme und grundrechtssichernde Lösung endlich bekommen. Es wird allerhöchste Zeit, aus dem schwierigen Rechtsraum, dem Toten Recht, herauszukommen. Es muss endlich diese Einigung geben. Wir warten hier im Parlament darauf, dass wir endlich gemeinsam dafür sorgen können, dass wir eine kluge zukunftsgerichtete Lösung bekommen. Ich schaue mal in Richtung Regierungsbank; es sind nicht alle Beteiligten dabei. Also, ich drücke die Daumen, dass das endlich aufs Gleis gesetzt wird und ins Parlament kommt. Es ist unsere gemeinsame Aufgabe, hier endlich diese Entscheidung zu treffen. Um eines noch mal ganz klar zu machen, damit hier kein falscher Verdacht aufkommt: Für uns als Freie Demokraten, als FDP hier im Deutschen Bundestag wird es niemals eine anlasslose Dauerüberwachung in diesem Land geben und wird es niemals dazu kommen, dass wir Menschen in diesem Land unter Generalverdacht stellen. Das ist nicht die Haltung der FDP. Wir sind die Partei des Grundrechtsschutzes in diesem Bereich. Ich will jetzt nicht alles wiederholen, aber auf eine Stelle bei der Anhörung des Digitalausschusses eingehen. Dort wurde etwas ganz Bemerkenswertes berichtet. Der Kollege wird das gleich vielleicht noch ein bisschen vertiefen; das ist ein Lehrstück für alle, die in diesem Parlament noch mal auf andere Gedanken kommen wollen. Die anlasslose Speicherung von Verbindungsdaten zur Bekämpfung von Kindesmissbrauch wird nach Einschätzung des erfahrenen Oberstaatsanwalts Markus Hartmann, Nordrhein-Westfalen, der von der Union benannt wurde, „völlig überschätzt“, heißt es dort. Völlig überschätzt! Es sei gerade nicht erforderlich, ein umfassendes Konzept der Vorratsdatenspeicherung zu entwickeln. Ich finde das hochinteressant. Wenn Sie schon nicht auf uns als Liberale, als Freie Demokraten hören, dann doch bitte auf Ihre eigenen Experten. Dann kommen wir im Gesetzgebungsverfahren voran. Wir als FDP setzen jedenfalls auf ein zeitnahes parlamentarisches Verfahren, damit wir endlich nicht nur praxistaugliche Lösungen finden, sondern auch einen soliden Rechtsrahmen haben, über die Ausstattung der Ermittlungsbehörden reden und endlich in diesem Land vorankommen. Vielen herzlichen Dank.