Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Die Ampelfraktionen sind in puncto Wahlrecht – das haben wir heute wieder gehört – mit großen Versprechungen angetreten, von einem großen Wurf war die Rede, von einer klaren Erwartungshaltung der Bürgerinnen und Bürger, die man erfüllen würde. Ein transparentes und faires Wahlrecht wurde versprochen. Das Gegenteil ist aber der Fall. Tatsächlich will die Koalition aus Sozialdemokraten, Grünen und FDP das Wahlrecht so anpassen, dass es nicht unserer Demokratie, sondern ihren eigenen Parteiinteressen dient. Das ist die Arroganz der Macht. Das ist auch in der Rede des Kollegen Steffen ganz klar zutage getreten. Von den Ampelfraktionen ist die weit überwiegende Mehrheit der Abgeordneten nicht direkt gewählt. Da liegt es natürlich nahe, wer bei einer Wahlrechtsreform das einfachste Bauernopfer ist: die Direktkandidatinnen und Direktkandidaten. Wenn das zugleich den politischen Gegner schwächt, umso besser. Uns als CDU/CSU trifft das Modell der Ampel besonders hart, vor allem in meiner Heimat, in Baden-Württemberg; hier gewinnt die CDU traditionell besonders viele Direktmandate. Wir sind vor Ort bei den Menschen in den Wahlkreisen stark und fahren gute Ergebnisse ein. Das ist den anderen ein Dorn im Auge. Nun wittern Sie die Chance, das Wahlrecht zu Ihren Gunsten zu drehen. Damit stellen Sie, werte Kolleginnen und Kollegen, demokratische Prinzipien auf den Kopf. Wenn Sie, Herr Kollege Hartmann, hier in der ersten Lesung noch behauptet haben, dass Sie gegen eine Reduzierung der Zahl der Wahlkreise sind, gerade weil Sie 299-mal eine Wahlentscheidung im Wahlkreis haben möchten – so haben Sie es gesagt –, dann kann ich nur feststellen: Genau das machen Sie mit Ihrem Entwurf eben nicht. Mit Ihrem Entwurf gilt nicht „Gewählt ist gewählt“, sondern „Sonntag gewählt, Montag abgesägt“. Mit Ihrem Entwurf diskreditieren Sie die Wählerinnen und Wähler, die sich in ihrem Wahlkreis mit den Kandidaten befassen, die zu Podiumsdiskussionen gehen, die verschiedene Positionen vergleichen und dann am Wahltag eine Entscheidung treffen. Mit Ihrem Entwurf kann es passieren, dass der von den Bürgern gewählte Kandidat gar nicht in den Bundestag einzieht. Ob er einzieht, hängt nämlich nicht nur vom Ergebnis des Kandidaten in seinem Wahlkreis ab, sondern auch vom Ergebnis der Partei und von den Ergebnissen in anderen Wahlkreisen. Es ist also völlig unvorhersehbar, wer am Ende ein Mandat gewinnt. Das ist eine Irreführung, eine Täuschung des Wählers. Wie kann man das den Bürgerinnen und Bürgern noch erklären!? Unter Ihrem System, werte Kolleginnen und Kollegen, werden besonders die hart umkämpfen Wahlkreise leiden, die eigentlich gut sind für unsere Demokratie. Vor allem wird es die Städte treffen. Und es führt zu der Möglichkeit, dass ein Wahlkreis verwaist, also ohne irgendeinen Abgeordneten dasteht. Wie Sie damit umgehen wollen, ist auch noch völlig unklar. Alles in allem ist das, was Sie vorlegen, weder verständlich noch transparent. Es ist undemokratisch und führt in die Sackgasse der Verfassungswidrigkeit. Wir als Union stehen zu den Wahlkreisen, wir stehen zu den direkt gewählten Abgeordneten. Sie werden vor Ort nominiert und vor Ort von den Bürgerinnen und Bürgern gewählt. Ihnen gegenüber sind sie auch verantwortlich. Und sie müssen sich spätestens bei der nächsten Wahl auch dort für ihr politisches Handeln rechtfertigen. Dazu stehen sie in engem Kontakt mit den Menschen, und das ist genau das, was wir wollen: mehr Kontakt zwischen Bürgern und Politik und nicht weniger. Darum stellt unser Ansatz die Bürgerinnen und Bürger in den Mittelpunkt. Wir wollen ein verständliches, ein transparentes, ein faires Wahlrecht, eines mit einem vorhersehbaren Ergebnis: bei dem der Sieger tatsächlich den Wahlkreis gewinnt. All das bietet Ihr Entwurf nicht, er steht für leere Versprechungen, Intransparenz und parteipolitisches Eigeninteresse. Deswegen lehnen wir ihn ab. Vielen Dank.