Britta Haßelmann hat es gesagt: Um die Mehrheitsverhältnisse wiederherzustellen, bräuchte es für ein Überhangmandat der CSU bis zu 16 Ausgleichsmandate. Das macht deutlich, dass durch das, was Sie sich hier genehmigt haben, tatsächlich die Größe einer ganzen Fraktion hier verzerrt würde. Frau Präsidentin! Meine Damen! Meine Herren! Ich möchte Sie auf eine Reise mitnehmen, und zwar eine Reise nach Wolfratshausen – eine Stadt in Bayern, einer breiteren Öffentlichkeit bekannt durch das Wolfratshausener Frühstück. Das begab sich 2002, als die CDU/CSU gegen Rot-Grün anrennen wollte und zu klären war: Wer wird denn Kanzlerkandidatin oder Kanzlerkandidat? Da musste die Vorsitzende der wesentlich größeren CDU zum Vorsitzenden der wesentlich kleineren CSU nach Hause zum Frühstück kommen, also einen Gang nach Canossa antreten, und wurde von diesem Frühstück nicht früher entlassen, bis sie tatsächlich Edmund Stoiber die Kanzlerkandidatur überlassen hat. Das macht deutlich, wie die CSU die Welt sieht: Wenn sich nicht alles um sie dreht, dann ist das ein großer Skandal. Darunter machen Sie es doch gar nicht. Das haben wir ja auch in anderen Fragen gesehen. Andi Scheuer hat jahrelang Milliarden für Autobahnen nach Bayern geschaufelt, während gleichzeitig in Nordrhein-Westfalen die Brücken zusammenbrechen. Das sehen Sie auch noch als großen Erfolg an. Mit genau diesem Geist haben Sie sich in den letzten Jahren mit der letzten Änderung des Bundeswahlgesetzes das Wahlrecht zum Opfer gemacht. Sie haben durchgesetzt, dass eine Regelung, von der die CSU strukturell am allermeisten und allerhäufigsten profitiert, noch in dieses Gesetz reingemogelt wurde, nämlich dass drei Überhangmandate nicht ausgeglichen werden und dadurch die Mehrheitsverhältnisse hier im Deutschen Bundestag massiv verzerrt werden können. Die Verzerrung des Wahlrechts hat wirklich Trump’sche Ausmaße angenommen, und damit machen wir jetzt Schluss. Wir schaffen ein Wahlrecht, bei dem jede Stimme gleich viel zählt, was beim jetzigen Wahlrecht nicht der Fall ist. Deswegen ist Ihre Polemisierung unlauter, unseriös und das bisherige Wahlrecht nicht zu halten. Wir schaffen ein Wahlrecht, nach dem für alle Parteien die gleichen Bedingungen gelten – ein Grundprinzip der Demokratie. Wie soll es auch anders sein? Herr Dobrindt, Sie haben hier gesagt, unser Entwurf sei von der AfD abgeschrieben. Herr Pukelsheim – er sitzt ja da oben –, ich möchte mich bei Ihnen stellvertretend für all diejenigen, die in den langen Jahren gerungen haben, den Bundestag gebeten haben, doch endlich mal etwas zu tun, und Vorschläge gemacht haben, dafür bedanken, dass Sie so beharrlich waren. Sie haben seinerzeit den Vorschlag gemacht, dieses Problem mit der Zweitstimmendeckung zu lösen, was uns jetzt zum Ziel führt. Die AfD hat dann in der letzten Wahlperiode – Jahre später – ein Plagiat hingelegt. Herr Dobrindt, mit Plagiaten kennen Sie sich ja hervorragend aus. Deswegen sage ich: Wir lösen jetzt diesen gordischen Knoten. Wir beenden ein zehn Jahre dauerndes Ringen um das Wahlrecht, was dafür sorgt, dass der Bundestag nicht immer größer wird, und das beschließen wir heute. Ich möchte so enden wie bei meiner Rede in der ersten Lesung: Wir haben lange gerungen. Wir ändern das Wahlrecht. Wir machen das jetzt.