Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich finde es schon beeindruckend, wie man hier Reden, die man eigentlich für alles, Hauptsache „Ernährung“ oder „Landwirtschaft“ steht drauf, nutzen kann, zum Besten gibt. Eines Tages machen wir zusammen eine Kabarettveranstaltung. Dann spielen wir mal. Ich würde gerne die Rolle der Parteien übernehmen, die immer sagen: Ich selber bin sachorientiert, aber alle anderen verbreiten nur Ideologie. Diese Rolle würde ich gerne übernehmen. Frau Stumpp, Ihre Rede war auch so. Das ist so, als würden Sie das innere Endlosband anstellen und immer wieder dasselbe erzählen. Darüber ist die Zeit doch längst hinweg. Das wollen die Leute gar nicht mehr hören. Jetzt komme ich mal zur AfD. Ich muss zu Ihrem Antrag sagen: Wer lesen kann, ist klar im Vorteil. Die Novel-Food-Verordnung ist schon ein paar Jahre alt und wurde, ich meine, Ende der 70er-Jahre erlassen. Gut, da waren Sie noch nicht hier; aber Sie könnten trotzdem mal nachlesen. Und dann sagen Sie: Jetzt gilt das plötzlich für Insekten und Insektenpulver. – Falls jemand von Ihnen Kinder hat oder selber gerne „kinder“-Schoko-Bons isst: Da ist Schellack drauf. Deshalb glänzt die Schokolade so. Das ist das harzige Sekret der Lackschildlaus. Warum haben Sie sich eigentlich nie aufgeregt? Warum sind Sie so spät dran? Wo war Ihr Antrag? Dann könnte ich, um es komplizierter zu machen, auch fragen: Wann haben Sie zum letzten Mal eine Feige gegessen? Da frage ich aber nicht die von der AfD; denn da wurde gesagt: Nur vom heimischen Bauern! – Die Feigen wachsen hier aber noch nicht. Aber für alle anderen von uns, die Feigen essen: Es ist in fast jeder Feige eine Wespe oder deren Abbauprodukte. Sie sehen: Gute Ernährung lebt von Vielfalt. Dann hat Herr Felser noch von heimischen Produkten von heimischen Bauern gesprochen. Da hat eine Kollegin von mir, die sich viel mit regionalen Wertschöpfungsketten beschäftigt, als Witz gesagt: Dann kommen vielleicht die Insekten vom heimischen Bauern, sind also heimische Insekten. Auch insofern waren Ihr Antrag und Ihre Rede nicht stimmig, meine Damen und Herren. Obwohl ich zugebe, dass ich so ein Produkt, wenn ich es in der Hand halte und auf die Verpackung schaue, auch wegstelle – war nicht mein Ding; ich sollte mal was probieren, das war nicht mein Ding –: So zu tun, als sei das eine schlecht, während wir gleichzeitig von allen Vierbeinern Fleisch essen, ist, meine Damen und Herren, auch nicht von dieser Welt. Warum sollten Sie ein Kalb oder ein Lamm essen, wenn es Sie nett anguckt, aber die Heuschrecke nicht? Ich meine, Sie sind frei; entscheiden Sie sich. Aber das hat ein bisschen was von Fremdenhass oder von Xenophobie. Ich verstehe es nicht. Und es hat auch ein bisschen was von Kulturkampf. – Ich erkläre Ihnen, warum das etwas von Kulturkampf hat: weil es in dem einen Fall, als es um das Pulver von der – wie hieß sie noch? – Grillheuschrecke ging, eine vietnamesische Unternehmerin war, die allerdings in Europa studiert hat und hier lebt usw., die, nachdem Sie angefangen haben, mittlerweile tagtäglich Hasskommentare und Todesdrohungen kriegt. Das ist das Spiel der AfD, wie bei Corona schon: die Feindlichkeit gegenüber asiatisch gelesenen Menschen. Meine Damen und Herren, wir brauchen so was nicht. Wir brauchen das nicht. Wir haben auch keine Angst vor Allergien. Ein Antrag zur Zulassung war 100 Seiten lang. Das Verfahren hat das Unternehmen 150 000 Dollar gekostet und drei Jahre gedauert. Die EFSA, die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit, hat rund 300 Fragen gestellt. Am Ende gab es keine Bedenken, und es wurde zugelassen, meine Damen und Herren. Es wird gekennzeichnet, dass es möglicherweise allergen ist. Also, wovor machen Sie sich also eigentlich Sorgen? Sie tun so, als ginge es Ihnen um Allergene. Ich sage mal: Wenn das so wäre, dann würden Sie hier einen Antrag im Hinblick auf Milch, Eier, Schalentiere und Schweinefleisch stellen – in unserer Fraktion gibt es einen, der jetzt aber nicht hier ist, der allergisch gegen Schweinefleisch ist; darum geht es Ihnen aber überhaupt nicht –, oder Sie würden einen Antrag wegen Resistenzen bei Antibiotika stellen, die in der Humanmedizin nicht mehr genutzt werden können. Sie würden dann sagen: Die dürfen in der Tiermast nicht benutzt werden. Oder Sie würden sagen: Wir brauchen mehr Smileys bei der Lebensmittelkontrolle, damit man weiß, ob allergene Stoffe enthalten sind. Oder es ginge Ihnen um fehlende Hygiene in der Gastronomie. Das bringt mich auf einen Punkt: Warum stellen Sie nicht einen ganz anderen Antrag? Nach meiner Erkenntnis werden die meisten Insekten nicht absichtlich Produkten beigefügt, sondern unabsichtlich gegessen. Sie wissen, was ich meine. Auch dazu gibt es keinen Antrag. Meine Damen und Herren, wir sollten uns hier statt um solche populistischen Anträge vielleicht mehr um die Proteine der Zukunft kümmern, um die Frage: Wie sehen denn die Zukunftsproteine aus? Wie befähigen wir unsere Landwirtschaft, die Flächen für Linsen, Soja, Erbsen zu nutzen, um daraus Tofu, Seitan oder Würste zu machen? Über Precision Farming, selbst über kultivierte Proteine könnten wir reden. Das wäre eine Veränderung dieses Systems. Das wäre klimaneutraler, könnte sogar Senken haben, bindet Stickstoff. Da hätten wir die ganze Breite von pflanzlichen Proteinen bis zu tierischen Proteinen – von Tieren, die ordentlich gehalten werden. Das wäre was. Nichts anderes, als an der Stelle ein EU-Bashing zu betreiben, haben Sie doch beabsichtigt. So organisieren wir aber nicht die Zukunft. Ich habe ein bisschen gegoogelt, und das Beste, was ich gefunden habe, war was aus Bayern. Ein bayerischer Traditionsmetzger hat ein Insekten-Start-up aufgekauft und entwickelt jetzt Burgerpattys neu. Ich weiß nicht, ob ich das essen werde; aber es geht offensichtlich, selbst wenn man traditionsbewusst ist. Danke.