Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich muss schon sagen – und ich habe schon einige Debatten hier im Hause miterlebt –, diese Debatte hat wirklich Pfeffer. Aber das zeigt ja, dass wir damit genau den richtigen Punkt getroffen haben. Wer mich kennt, der weiß, dass ich hier weder das Plenum zusammenschreie noch zu Rechthaberei neige, aber ein paar Punkte seien erwähnt: Erstens. Man muss sich die Zeiträume vergegenwärtigen: Die selbsternannte Fortschrittskoalition ist mit so viel Pathos und Engagement angetreten, adressiert aber wichtige Programme wie das Startchancen-Programm erst für 2024/25; dann ist der Jahrgang 2015/2016 schon fast durch die Grundschule durch. Zweitens. Im Programm sollen 4 000 Schulen verortet sein. Das ist toll: 4 000 Schulen. Aber es ist leider Gottes wiederum selektiv, und die anderen müssen dann wieder sehen, wo sie bleiben. Drittens soll es wieder ein kompliziertes Antragsverfahren für das Programm geben, das die Sache sicherlich weiter verzögern wird. Das durften wir leider Gottes schon beim DigitalPakt Schule erleben. Bürokratieabbau? Wahrscheinlich Fehlanzeige. Viertens ist das Programm absehbar unterfinanziert. Die eine Bildungsmilliarde pro Jahr, die der Finanzminister für das Programm zusätzlich aufwenden will, wird Ihren Ansprüchen und Ihrem Pathos vorne und hinten nicht gerecht. Setzen Sie die eine Milliarde doch mal ins Verhältnis: Die Länder verausgaben jedes Jahr 116 Milliarden Euro. Selbst zwei kleine Landkreise, die zu meinem Wahlkreis gehören, haben in den letzten 20 Jahren 1 Milliarde Euro in den Schulbau investiert. Das sind Zahlen, die Ihren Riesenbatzen etwas zusammenschrumpfen lassen. Fünftens, und das ist aus meiner Sicht der zentrale Punkt: Zu viele Köche verderben den Brei. Wir brauchen beim Ausgleich der Lerndefizite klare Zuständigkeiten, und die liegen meines Erachtens nun einmal leider Gottes eindeutig bei den Ländern. Deshalb sollten wir uns vielleicht die Frage stellen – auch wenn es ketzerisch klingt –: Ist der Bund bei der Konzeption des Startchancen-Programms wirklich die richtige Adresse? Da habe ich so meine Zweifel. Aber das noch viel Tragischere ist: Warum sollten sich, solange der Bund beim Startchancen-Programm hoffnungsheischend Geld ins Schaufenster stellt, die Länder anstrengen und ihre Hausaufgaben selbst machen? Es ist mittlerweile für Kultusminister und ‑ministerinnen in den Ländern einfacher, Geld vom Bund zu fordern als von ihren eigenen Finanzministern. Daher ist der Faktor Zeit aus meiner Sicht entscheidend. Liebe Bundesministerin – Herr Staatssekretär, Sie können es ihr ja ausrichten –, ein Rat aus alter kommunaler Verbundenheit; denn Frau Stark-Watzinger war lange bei mir in der Stadtverordnetenversammlung in der Opposition: Wenn man etwas Neues nicht hinkriegt, dann sollte man die bisher Verantwortlichen in die Pflicht nehmen, also in diesem Fall die Länder. Denn nur klare Zuständigkeiten bringen auch klare Ergebnisse. Herzlichen Dank.