Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dass Journalismus auch Gegenstand politischer Debatten ist, das ist nicht neu, und das ist auch nicht verwunderlich. Medien gelten als die vierte Gewalt im Staat; entsprechend machtvoll sind sie ja auch. Aber sie sind unter Druck in diesen Zeiten; digitale Medien sind auf dem Vormarsch. Verlage verzeichnen schwindende Auflagen, Fernsehsender mangelnde Zuschauerzahlen, sinkende Werbeeinnahmen, und das hat Auswirkungen auf Journalisten, vor allen Dingen auf die freien. Während öffentlich-rechtliche Sender zwar so manchen Quizmaster fürstlich entlohnen, gibt es für die sogenannten freien Mitarbeiter die Regelung, nur 36 Tage in 6 Monaten arbeiten zu dürfen, weil sie sich sonst auf ihren Arbeitsplatz einklagen könnten. Von 36 Tagen Arbeit kann kein Journalist leben. Journalisten zu untersagen, eine Moderation oder Vorträge anzunehmen, käme einem Berufsverbot gleich. Natürlich müssen sich auch Journalisten und Medien der kritischen Betrachtung stellen. Das ist dann übrigens keine Einschränkung der Pressefreiheit. Wenn aber ein Kanzleramt sich seine eigene Wohlfühlinterviewerin bestellen kann – nicht für die eigene Veranstaltung, sondern für die Veranstaltung von Dritten – und das nicht bekannt gemacht wird, dann ist das in der Tat verwunderlich und kritikwürdig. Wenn dann die Moderatorin stolz darauf ist, dass sie den Kanzler zum Lachen gebracht hat, und den Hashtag #greathonour – also „große Ehre“ – postet, dann ist das sicherlich kein Ausweis journalistischer Distanz. Ja, ich bin der Meinung, dass Journalisten auch Regierungsveranstaltungen moderieren sollen dürfen, aber sie sollen das dann auch maximal transparent angeben. Für die Glaubwürdigkeit von Medien und ihren Journalisten sind unabhängige Berichterstattung, transparentes Handeln und Korruptionsprävention wichtig. Denn nur ein freier, unabhängiger Journalismus ist fähig, Missstände aufzudecken, zu benennen, zu verfolgen, und deshalb gibt es auch einen verfassungsrechtlichen Schutz für unsere Medien. Die Bezeichnung „unabhängiger Journalismus“ wird sehr routiniert genutzt, aber man muss sich dort zu Recht immer wieder fragen lassen, ob die Unabhängigkeit gewahrt ist. Das müssen wir uns als Politiker ja auch zu Recht fragen lassen. Deshalb ist es notwendig, dass es festgeschriebene Verhaltenskodizes gibt. Und: Medien müssen über vertragliche Regelungen sicherstellen, dass auch über Nebentätigkeiten der freien Autoren und Moderatoren Transparenz hergestellt wird. Aber klar ist und muss auch bleiben: Das Grundrecht auf freie Meinung und freie Meinungsäußerung gilt natürlich auch für Journalisten. Dementsprechend muss es ihnen auch erlaubt sein, Veranstaltungen und Publikationen zu begleiten. Ich frage mich: Meint die AfD denn, dass Journalisten nur Veranstaltungen der AfD begleiten dürfen? Will die AfD etwa die berufliche Freiheit von Journalisten einschränken? Was überhaupt nicht tragbar ist, sind die Einschüchterungsversuche der AfD. Wir haben von den Journalisten gehört, die eines Landesparteitages der AfD verwiesen worden sind. Wie wenig manche in der AfD von Pressefreiheit wirklich halten, weiß die Öffentlichkeit mittlerweile aus einem Whatsapp-Chat der AfD Sachsen-Anhalt. Ich zitiere aus diesem Chat. Ich zitiere einen Chatteilnehmer der AfD – Zitat –: Eine solche Sprache zeigt, wes Geistes Kind Sie sind. Ihnen geht es nicht um journalistische Unabhängigkeit, sondern Ihre Sichtweise soll unsere Gesellschaft infiltrieren, und deshalb ist Ihnen jeder Journalist, der unabhängig ist, der nicht nach Ihrer Pfeife tanzt, unangenehm. Deshalb kann ich Ihnen sagen: Unsere Verfassung passt zu unserem Land; aber Sie passen mit Ihrer Haltung nicht zu unserer Verfassung. Dass sich ein Journalist und SPD-Mitglied im Berliner Bezirk Pankow offensichtlich unter falschem Namen für die Partei engagierte und gegen die Koalition mit der CDU mobil machte, das hat zu Recht – ganz aktuell – die Reaktion seines Arbeitgebers, des „Handelsblatts“, nach sich gezogen, als die Chefredaktion davon erfuhr. Ein getarnter Journalist, der sich politisch massiv einbringt, mit gefälschtem Namen, das ist mitnichten ein Massenphänomen. Richtig ist deshalb die Reaktion des Arbeitgebers, der dessen Texte nun genau untersuchen lässt. Kurzum und zum Schluss: Medien und Journalisten müssen ein ureigenes Interesse daran haben, hohe Transparenz bei ihren Nebeneinkünften an den Tag zu legen, so wie wir Abgeordnete. Ich erwarte aber auch, dass keine Kungeleien mit NGOs oder mit anderen Gruppierungen, die übrigens auch durch Regierungsgelder finanziert werden, stattfinden, auch wenn es für die vermeintlich gute Sache ist. Distanz ist notwendig; erst dann ist es Journalismus.