Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Renner, bei Ihnen habe ich immer die Assoziation: Das muss dabei herausgekommen sein, wenn Menschen in der Vergangenheit nicht kontrolliert Absinth trinken konnten. Das ist für mich sonst wirklich nicht erklärbar. Aber es ist ja auch interessant, dass Sie sich hier in Ihrer geübt manierierten Art als Feuerlöscher gerieren und dabei der einzige Brandstifter sind. Und es ist auch wunderbar und irgendwie eine Ironie der Geschichte, dass Sie hier in unnachahmlicher Weise eine Verschwörung von Politik und Medien wittern – alle haben es eben gehört – und selbst die größten Verschwörungstheoretiker sind. Das muss man erst einmal hinbekommen. Sie haben das, was vielleicht Ihre Referentinnen und Referenten in mühsamer Hintergrundarbeit als Vorbereitung auf diese Aktuelle Stunde versucht haben aufzubauen, mit Ihrem verbalen Hintern eingerissen, aber so richtig, und ganz klar deutlich gemacht, worum es Ihnen geht: Es geht Ihnen überhaupt nicht um Pressefreiheit, um die Sicherstellung der Trennung der Gewalten, um Medien als vierte Gewalt und kritische Instanz. Es geht Ihnen nur darum, Ihr Denken von der sogenannten Systempresse und von dem Staatsfunk und der links-ökologischen Verschwörung von Medien und Politik zu verbreiten. Das haben Sie eben wunderbar vorgeführt. Ihr Problem ist: Es waren nicht Sie, sondern die Medien selbst – übrigens teilweise auch Zeitungen, um deren Journalistinnen und Journalisten es geht –, die in den letzten Wochen, aber auch schon im vergangenen Jahr und in den vergangenen Jahren immer wieder über Beauftragungen von Journalistinnen und Journalisten kritisch berichtet haben. Es ist übrigens auch völlig legitim, eine Aktuelle Stunde zu diesem Thema zu beantragen, aber es ist illegitim, dieses Thema für einen denkbar dämlichen und durchschaubaren Feldzug gegen Medien, gegen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu instrumentalisieren. Das, worum es tatsächlich geht, ist nämlich überhaupt kein Skandal. Der Skandal, den Sie da entdecken, sind letztlich Sie selbst. Wir haben zum Glück – und das schätze ich sehr – für Journalistinnen und Journalisten in diesem Land das Recht verankert, dass sie, wenn sie freiberuflich arbeiten, auch Aufträge annehmen dürfen, übrigens auch Aufträge von Bundesämtern und Bundesbehörden. Das ist verbrieftes Recht. Ich plädiere stark dafür, dass wir dieses Recht nicht antasten. Zum Zweiten ist es auch das Recht von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowohl in öffentlich-rechtlichen als auch in privatrechtlichen Anstalten, Nebentätigkeiten auszuüben. Diese Nebentätigkeiten müssen genehmigt werden. Dafür gibt es – um es Ihnen einmal zu erklären und Ihnen zu helfen, aus Ihrem Kosmos der Verschwörung herauszukommen – bei den Öffentlich-Rechtlichen genügend Grundlagen. Es gibt beispielsweise Medienstaatsverträge, es gibt den ZDF-Staatsvertrag, es gibt innerhalb der Sender Kodizes, Leitfäden usw.; das gibt es analog in der Privatwirtschaft. Das heißt, der Skandal, den Sie konstruieren, ist mitnichten ein Skandal. Vielmehr geht es darum – das ist der Kern der heutigen Debatte, und das wäre auch die sachliche Frage –, wie innerhalb von Sendern, aber auch innerhalb von Medienunternehmen sichergestellt wird, dass die Einhaltung der Prinzipien unabhängiger journalistischer Arbeit sichergestellt ist. Das ist eine Compliance-Frage. Das ist eine Frage von Transparenz. Und das ist im Einzelfall zu prüfen. Das ist aber kein Skandal. Und überhaupt ist es in keiner Weise verwerflich, wenn freie oder feste Mitarbeiter/-innen, ob nun von privaten Rundfunksendern oder vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk, solche Aufträge annehmen. Problematisch ist – es wäre schön, wenn Sie darüber gesprochen und einmal den Anschein erweckt hätten, dass Sie Ahnung und ein sachliches Interesse haben –, wenn zum Beispiel ein Journalist, der für einen CEO, einen DAX-Vorstand eine Rede schreibt, dann über diese Veranstaltung und die Rede berichtet und dann auch noch schreibt, dies sei eine starke Rede. Da ist in der Tat die Grenze zu journalistischer Unabhängigkeit überschritten. Das ist im Einzelfall anzuschauen, aber mitnichten generell zu unterstellen. Sehr wohl bestätigen alle journalistischen Verbände, der Deutsche Journalisten-Verband und andere, dass nichts daran falsch und nichts daran fragwürdig ist, wie Bundesregierung und Bundesämter hier agiert haben und agieren. Zu achten ist darauf, dass journalistische Unabhängigkeit gewährleistet ist. Zu achten ist darauf, dass im Zusammenspiel von Medienunternehmen, Journalistinnen und Journalisten und Auftraggebern kritischer Journalismus stattfindet. Das heißt, Sie haben eine Aktuelle Stunde zu einem Skandal beantragt, der kein Skandal ist. Alles beruht auf geltendem Recht. Das ist die Aufgabe der kritischen Selbstauseinandersetzung des Journalismus, nicht Ihre. Vielen Dank.