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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die EU ist ja manchmal ein abstraktes Konstrukt. Für mich persönlich ist die Europäische Union aber jeden Tag erlebbar. Ich komme aus Trier, mein Wahlkreis liegt im Dreiländereck – Frankreich und Luxemburg sind direkt um die Ecke. Gerade letzte Woche habe ich mich mit meinem Vater unterhalten, und er hat mir eine Geschichte erzählt, wie er mit seiner Mutter über die Brücke in Grevenmacher nach Luxemburg fahren wollte. Meine Großmutter hatte ihren Reisepass vergessen, und es war ein Riesenbrimborium, bis sie dann trotzdem nach Luxemburg fahren durften. Für meine Generation ist es schier unvorstellbar, dass man innerhalb dieses Binnenmarkts nicht frei reisen kann, dass man seinen Arbeitsplatz nicht frei wählen kann – free movement of labour. Das ist eine Riesenerrungenschaft, die wir hier mit der Europäischen Union geschaffen haben.
Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Aber natürlich – der Bundeskanzler hat das eben hinreichend beschrieben –: Wir leben in Zeiten von Krieg, wir leben in Zeiten von Krisen. Bei all dem, was in der Welt passiert – in Amerika, in China –, werden wir als einzelnes Mitgliedsland der EU die Probleme nicht alleine lösen können. Deswegen ist es ganz wichtig, dass wir das in der EU zusammen tun. Am Ende muss ich aber sagen: Wenn viele etwas zusammen tun, darf es nicht komplizierter werden, sondern es muss schneller werden, und wir müssen pragmatischer sein.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Deswegen sage ich nicht „Europe First“, sondern „Europe Fast“, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Wir leben in Zeiten eines stetigen Wandels. Die Welt um uns herum dreht sich schneller, als uns das vielleicht lieb ist. Und ja, in der EU haben wir gute Instrumente. Es gibt gar keinen Wettstreit mit den USA darüber, wer die höchsten Subventionen zahlt. Vielmehr müssen wir dafür sorgen, dass die Mittel aus den guten Programmen, die wir miteinander entwickeln, schneller abfließen.
Ich will hier mal auf ein Beispiel eingehen, nämlich auf IPCEI. Bei diesem Projekt fragt man: Was ist uns besonders wichtig? Es gibt Schlüsseltechnologien, da wollen wir mal den Turbo einlegen. – Spricht man dann mit den Unternehmen, sagen die: Das ist ein ganz schön harter Antrag, den man da ausfüllen muss. Wir brauchen zwei Jahre, bis wir so ein Projekt miteinander auf die Kette kriegen. – Das können wir nicht hinnehmen. Wir müssen da mal einen Zahn zulegen, damit das Geld zur Transformation unserer Wirtschaft auf diesem Kontinent nicht nur da ist, sondern auch ankommt.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Ja, der Blick über den Atlantik zeigt, dass das im Inflation Reduction Act ein bisschen einfacher konzipiert ist. Deswegen ist der Net-Zero Industry Act – kompliziertes Wort; vielleicht können Sie sich ja noch einen einfacheren Namen einfallen lassen, damit wir das locker-flockig abkürzen können – genau die richtige Stoßrichtung. Wir zeigen, wie auch wir die Schlüsseltechnologien grün herstellen können. Wir zeigen, wie eine Umweltprüfung auch mal in 30 Tagen gelingen kann. Und wir werden sogar europäische Valleys bauen. Jeder kennt das Silicon Valley; wir werden europäische Valleys haben, und da geht alles noch mal eine Nummer schneller als bisher.
Wo ich gerade beim Thema Schnelligkeit bin: Herr Merz, Sie haben hier schnell mal ein paar Fakten rausgehauen, unter anderem, dass der Historiker Ash das Wort „scholzen“ erfunden hat.
Sie können gerne auf www.zdf.de gucken: Er hat das von sich gewiesen; das ist gar nicht seine Erfindung. Auf der anderen Seite haben Sie hier über das „Sondervermögen“ hergezogen. Wir haben mit unserem Verteidigungsminister Boris Pistorius alles andere getan, als zu sagen: Die 100 Milliarden Euro horten wir jetzt mal. – Nein, große Teile davon sind gebunden, große Teile davon fließen ab.
Großgeräte kann man nicht mal eben bestellen.
Können Sie das irgendwie nachweisen?)
Und da wird bezahlt, wenn geliefert wird. Das ist nichts, was heute oder morgen passieren kann.
Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Deswegen schlage ich vor: Das Wort „merzen“ heißt, schnell mal eben falsche Fakten verbreiten in diesem Hause.
Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP
Das interessiert aber niemanden in der Welt, was Sie vorschlagen!
Ihre Rede hält dem Faktencheck nicht stand!)
Wenn wir schnell etwas miteinander hinkriegen wollen, Herr Merz, dann brauchen wir auch mal ein paar Lösungsvorschläge und keine Beschreibung von Problemen und Dingen, die Sie hier alle ganz toll regeln würden. Wir brauchen jetzt ein Miteinander.
Und für diesen Industriestandort brauchen wir vor allen Dingen den Wasserstoff.
Das können wir, glaube ich, mal festhalten. Wir werden jetzt in Europa die Weichen dafür stellen und die bisherige Infrastruktur ertüchtigen, uns also beim Unbundling auf eine pragmatische Lösung zubewegen und die bestehende Infrastruktur nutzbar machen. Es wird viel darüber philosophiert, was eigentlich die DNA der EU ist. Sind das die Vereinigten Staaten von Europa? Ich finde, wir könnten uns mal ein zukunftsfähiges mittelfristiges Ziel geben: die European States of Hydrogen. Warum kriegen wir es nicht hin, dass wir beim Wasserstoff vorne mit dabei sind und wir uns mit Sonne im Süden, Wind im Norden und Wasserstoffautobahnen über den ganzen Kontinent zukunftsfit machen? Damit das gelingt, können Sie gerne mit anpacken, statt nur zu lamentieren und zu sagen, was alles nicht geht.
Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP
Ist das jetzt ernst gemeint oder Satire?)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist nicht einfach, in Zeiten von Krise und Wandel Lösungen zu finden. Aber diese Ampel ist eine Kraft des Fortschritts, eine Kraft des Zusammenhalts. Um Fortschritt erreichen zu können, muss man auch mal Reformen angehen. Wir werden am Freitag im Deutschen Bundestag zeigen, dass auch Parlamente das können, indem wir uns verkleinern.
Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Ich freue mich darauf, auch auf EU-Seite ein paar Wege schneller miteinander zu gehen, und lade Sie herzlich zum Mitmachen ein. Nicht „Europe First“, sondern „Europe Fast“! Unser Kanzler zeigt, wie wir es machen. Ich würde sagen: Machen wir doch mal alle mit!
Beifall bei der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Nächster Redner: für die CDU/CSU-Fraktion Stefan Müller.
Beifall bei der CDU/CSU)