Ich habe zwischendurch mal nachgeschaut: Die Bundeszentrale für politische Bildung könnte Sie aufklären, Herr Merz, und zwar mit einem Artikel vom 5. Dezember 2006, also vom Beginn der Ära Merkel. Dort wird gesagt, Deutschland sei nicht ausreichend durchsetzungsfähig in Europa wegen des German Vote, meine Damen und Herren. Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Europäische Union ist kein Sammelsurium von Nationalstaaten. Wäre sie das – das ist das Bild, das diese Partei von Europa gerne zeichnen möchte –, hätten wir in dieser schwierigen geopolitischen Zeit keine Chance gegen den russischen Aggressor gehabt, meine Damen und Herren. Keine Chance hätten wir gehabt. Es hätte kein Sanktionsregime gegeben, und es hätte die europäische Solidarität in diesem Winter, von der der Bundeskanzler gerade sprach, nicht gegeben. Die Tatsache, dass die Welt auch angesichts eines furchtbaren Angriffskrieges Russlands auf die Ukraine zusammenhält, die Tatsache, dass das gelingt, ist auch dem Zusammenhalt in der Europäischen Union zu verdanken, meine Damen und Herren. All den Europafeinden muss das gesagt werden. Gleichzeitig braucht Europa natürlich auch Reformfähigkeit; Sie haben Timothy Garton Ash, den ich schon öfter in Berlin treffen konnte, vorhin zitiert. Gerade die Frage der Reformfähigkeit bleibt für die Europäische Union wichtig. In diesem Zusammenhang hat der Fraktionsvorsitzende der CDU/CSU ja vom „German Vote“ gesprochen und davon, dass das ein neuer Begriff sei, der jetzt in Brüssel umgehen würde. Ich finde das spannend, Herr Merz, und fragte mich kurz, in welchem Jahrzehnt Sie unterwegs sind. Die Tatsache, dass wir jetzt Debatten in Europa führen, auch über deutsche Positionen, ist dieser Bundesregierung zu verdanken. Sie sind das personifizierte German Vote, liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU/CSU! So sieht es aus. Unfassbar! Ich fand das deshalb spannend, weil Sie das im Zusammenhang mit Technologieoffenheit gesagt haben, Herr Merz. Ja, wir ringen gerade um einen Kurs. Wir haben zur Frage der Antriebe der Zukunft etwas im Koalitionsvertrag fixiert und ringen jetzt mit der Europäischen Kommission, zuletzt in Meseberg, wo die Kommissionspräsidentin zu Besuch war – die, nebenbei gesagt, der CDU angehört; das vergessen in diesen Tagen ja auch manche bei der Union –, um den richtigen Kurs, was ich für absolut richtig halte. Technologieoffenheit, Antriebe der Zukunft, Diversität: Was, mit Verlaub, hat denn Markus Söder in den letzten Jahren gesagt? Das war doch der Vorkämpfer gegen den Verbrennungsmotor, meine Damen und Herren! Der sitzt doch dort! Immer wieder war es allen voran der bayerische Ministerpräsident. Das ist übrigens interessant, weil gerade BMW eine komplett andere Strategie fährt. Technologieoffenheit ist das, was sich diese Bundesregierung auf die Fahnen geschrieben hat, um die Klimaschutzziele zu erreichen. Ich will einen zweiten Punkt ansprechen, der auch eine europäische Dimension hat – Herr Merz, Sie haben das Thema hier zu Recht benannt –, nämlich die Frage einer zukünftigen europäischen Migrationspolitik. Der Innovationsraum Europa ist die Grundlage für unsere Wettbewerbsfähigkeit und unseren Wohlstand. Aber gleichzeitig ist Europa ein Raum, der gleichermaßen wie Deutschland vor demografischen Herausforderungen steht. Die Migrationspolitik der letzten Jahre war in Europa davon geprägt, dass man sich nicht einig war. Deswegen setze ich auch viel Hoffnung in diesen Rat. Gleichzeitig war auch die Migrationspolitik in Deutschland davon geprägt, dass man sich hier nicht einig war, meine Damen und Herren. Der Bundeskanzler hat es gerade zu Recht gesagt: Dieses Land ist ebenso wie die Europäische Union darauf angewiesen, endlich Einwanderung in den Arbeitsmarkt zu haben. Es war Ihre Partei, die das jahrelang verhindert hat. Es war doch die Union, die eine moderne Migrationspolitik für Europa und Deutschland verhindert hat. Sie sitzen dort und beklagen jetzt die Fehler Ihrer eigenen Politik. Wie unanständig ist das! Ich will zum Schluss noch zwei Punkte ansprechen: erstens das, was Sie zur Bundeswehr gesagt haben. Herr Merz, sprechen Sie bitte mit Ihren Haushälterinnen und Haushältern. Ja, die ersten Milliarden fließen zum Glück langsam ab. Ich würde mir manchmal auch wünschen, dass das schneller geht. Aber richtig ist, dass das erste Geld jetzt bei der Bundeswehr ankommt, und wir werden auf diesem Weg weitermachen. Es ist Quatsch, dass wir die Truppe nicht unterstützen wollen. Hier sitzt die Regierungsmehrheit, die die Bundeswehr endlich wieder fit macht für das 21. Jahrhundert. Das waren wir, das machen wir – nicht Sie, Herr Merz! Zum Schluss – das fand ich, mit Verlaub, am Rande der Schäbigkeit –: Sich hierhinzustellen und darüber zu philosophieren und zu beklagen, dass die Unionskultusministerinnen und ‑kultusminister nicht beim Bildungsgipfel erschienen sind, das, meine Damen und Herren, finde ich schäbig. Das ist Politik auf den Rücken der Schülerinnen und Schüler in Deutschland. Diese Bundesregierung wird sich dessen annehmen. Sie haben das jahrelang verhindert. Nichts ist passiert beim Digitalpakt. Das machen wir jetzt, liebe Kolleginnen und Kollegen. An der Stelle wünsche ich mir eines: Ja, alle tragen Verantwortung, auch für Fehler, die in der Vergangenheit gemacht wurden. Aber die Verantwortung für die Zukunft, die sollten wir gemeinsam tragen. Aus dieser Verantwortung darf sich die Union nicht stehlen. Ich danke Ihnen.