Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Schon der Titel der Aktuellen Stunde wird den wirklichen Herausforderungen dieser Zeit nicht gerecht. Die Union verschweigt, welche Auswirkungen der russische Angriffskrieg auf die deutsche Energiepolitik hat, erklärt nicht, wie die Klimaziele erreicht werden sollen, und will dann noch erklären, welche Bürgerinnen und Bürger mündig sind oder nicht. Mein Eindruck ist: Hier sollen reale Sorgen genutzt werden, um politische Spiele zu betreiben. Wir machen da nicht mit, liebe Kolleginnen und Kollegen. Das heißt eben nicht, dass man keine berechtigte Kritik an Gesetzesvorhaben vorbringen darf, sondern meint, in einen ehrlichen demokratischen Diskurs einzusteigen, der die Bürgerinnen und Bürger nicht für dumm verkauft, sondern die realen Sorgen ernst nimmt. Diese Aktuelle Stunde mit dem Namen „Freiheit statt Verbote – Den mündigen Bürger stärken“ zu titulieren, wird diesem Anliegen nicht gerecht. Das schafft keinen offenen und ehrlichen Diskurs, sondern zieht direkt gesellschaftliche und politische Gräben, wo gar keine sind. Abgesehen von dem Titel dieser Aktuellen Stunde kann man das Anliegen dennoch als richtig und wichtig empfinden. Wir müssen tatsächlich über die Herausforderungen, vor denen viele Bürgerinnen und Bürger in unserem Land aktuell stehen, sprechen und über die Parteigrenzen hinweg schnelle Lösungen finden. Und genau das können wir hier machen. Grundsätzlich stimmt: Der Zweck und die Motivation, die viele mit den Neuregelungen, insbesondere dem Gebäudeenergiegesetz, verfolgen, sind offensichtlich und wohl unstreitig richtig. Wir brauchen gemeinsame Anstrengungen in allen Bereichen, um unsere Klimaziele, die wir uns gemeinsam gesetzt haben, bis 2045 zu erreichen. Dazu zählt natürlich auch eine Wärmewende im Gebäudebereich, da hier noch unglaublich viel Potenzial steckt. Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, eines muss auch klar sein: Wir müssen aufpassen, dass Neuregelungen keine soziale Schieflage haben. Die Energiewende darf eben keine Luxuspolitik für Gutverdiener und Besserverdiener vor allen Dingen in Großstädten werden, sondern muss doch immer auch die Lebensrealitäten der vielen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, der vielen Rentnerinnen und Rentner besonders in den ländlichen Gebieten erfassen. Für sie muss eine Wärmewende in Zukunft doch genauso bezahlbar sein. Wissen Sie, ich komme aus einer eher ländlich geprägten Region, aus einem ländlich geprägten Wahlkreis im Saarland, dem Bundesland mit der höchsten Eigenheimdichte in ganz Deutschland – aber nicht mit den höchsten Einkommen. Viele sind stolz darauf, sich durch harte Arbeit nach vielen Jahren ein Haus, eine Wohnung erarbeitet und sie abbezahlt zu haben. Dort, im Saarland, haben mich in den letzten Wochen und Tagen viele mit einer ernstzunehmenden Sorge kontaktiert. Sie fragen sich: Kann ich mir mein mühsam aufgebautes und nach langen Jahrzehnten abbezahltes Eigenheim in Zukunft wirklich noch leisten? Was kommt als Nächstes? – Ich finde, genau darum geht es, und das müssen wir ernst nehmen. Wir dürfen natürlich nur eine Neuregelung erlassen, die die Lebensrealität auch von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern im ländlichen Raum berücksichtigt und ernst nimmt. Es geht darum, dass wir sicherstellen, dass die Bürgerinnen und Bürger sich auch in Zukunft ihr Zuhause leisten können. Dafür setzen wir uns in der SPD zusammen ein, liebe Kolleginnen und Kollegen. Es lohnt sich, bei den vieldiskutierten Vorhaben im Gebäudeenergiebereich genau hinzuschauen, auch, um eben nicht so plump und eindimensional, wie wir es heute von der Union gehört haben, daherzukommen. Und dabei ist es wichtig, klar zwischen Regelungen für Neubauten und für Besitzerinnen und Besitzer von Bestandsheizungsanlagen zu unterscheiden. Man muss doch wirklich kein Experte sein, um zu wissen, dass Vorgaben, die sich auf Neubauten beziehen, jetzt sinnvoll sein können. Wenn wir ehrlich sind, setzen viele Bauherren bei Neubauten doch längst darauf, Wärmepumpen zu installieren. Warum sollte die Politik hier also langsamer als die Realität sein? Die Probleme, die ich sehe und die viele sehen, beziehen sich viel mehr auf die Bestandsgebäude. Ich finde, darauf sollten wir noch mal genau schauen; denn eine offene Frage bleibt: Was passiert, wenn in bestehenden älteren Gebäuden eine Gas- oder Ölheizung in Zukunft kaputtgeht? Eigentlich müsste in vielen Fällen das ältere Haus selbst erst mal saniert werden. Wer einfach eine Wärmepumpe in ein unsaniertes Haus einbaut, läuft Gefahr, das Gerät überzudimensionieren – mit entsprechend hohen Stromkosten. Das ist es ja nicht, was wir erreichen wollen. Hier komme ich zu meinem Ausgangspunkt: Wir dürfen kein Gesetz mit einer sozialen Schieflage in diesem Bereich auf den Weg bringen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das dürfen wir nicht zulassen. Deswegen ist doch klar: Vorgaben für Bestandsgebäude kann es nur dann geben, wenn diese mit einem starken Förderprogramm, einem flexibleren Zeitrahmen und einer gewissen Technologieoffenheit einhergehen. Bei all den Vorschlägen, die derzeit in Rede stehen, gilt also: richtige Motivation, richtige Zielsetzung, aber nur ohne soziale Schieflage – sonst scheitert jede gutgemeinte Idee, – – noch bevor sie umgesetzt ist. Vielen Dank.