Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich in dieser Debatte vier Dinge auseinandersortieren: die Gefühlslage, die wahre Lage, die Rechtslage und die Motivlage. Der erste Punkt: die Gefühlslage. Die AfD will mit ihrer These „Verdrängung Einheimischer auf dem Wohnungsmarkt“ Stimmung machen. Als Anlass nimmt sie die Erklärung der Wohnbau Lörrach, 30 Wohnungen zu kündigen. Dabei ist längst bekannt, auch den Mietern, dass es sich wegen des Zustandes dieser 30 Wohnungen um Abrissobjekte handelt, die in Kürze Neubauten weichen sollten. Die Räumungsabsicht der Wohnbau Lörrach ist den Mietern längst bekannt, und die Suche nach Alternativen ist längst im Gange. Deswegen ist, zweitens, die wahre Lage gar nicht geeignet, die These der AfD in dieser Debatte zu unterstützen; denn in Wirklichkeit wissen wir doch alle, dass es auf dem Wohnungsmarkt, insbesondere auf dem Privatwohnungsmarkt, sicherlich keine Inländerdiskriminierung gibt. Es fällt – das ist doch die Tatsache –, sagen wir, Helmut und Christine immer noch leichter, eine Wohnung zu finden als Ali und Emine, selbst wenn Ali und Emine in Deutschland geboren sind, deutsche Staatsbürger sind, hier Steuern zahlen und die Miete bezahlen können. In diesem Punkt klaffen die Gefühlslage und die wahre Lage weit auseinander. Deswegen lohnt sich, drittens, ein Blick auf die Rechtslage. Ich habe mich, als ich die Zeitungsmeldungen gelesen habe, die ich auch, na ja, vergleichsweise schräg fand, gefragt: Ist denn Flüchtlingsunterbringung ein Kündigungsgrund nach § 573 BGB? Ist das ein berechtigtes Interesse an der Kündigung? Ich habe nur ein über 30 Jahre altes Urteil des AG Göttingen gefunden – Aktenzeichen 25 C 13/91 –, in dem in einer wirklich singulären Entscheidung – ich konnte nicht mehr finden – eine Flüchtlingsunterbringung als berechtigtes Interesse apostrophiert wurde. Dieser Auffassung ist niemand gefolgt, kein anderes Gericht in Deutschland. Auch die herrschende Meinung in der Lehre sagt: Das ist kein berechtigtes Interesse, kein Kündigungsgrund nach § 573 BGB. Deswegen lohnt sich ein Blick auf den wahren Hintergrund dieser Debatte, auf, viertens, die Motivlage der AfD. Bekanntermaßen liegt der AfD daran, zu spalten, zu polarisieren, Unruhe zu stiften; denn sie profitiert von Unwahrheiten und Halbwahrheiten. Das ist der wahre Grund, weshalb wir heute hier stehen und diese Debatte führen. Was wir suchen, sind sachliche Lösungen. Diese wurden auch schon beim Flüchtlingsgipfel von Bund, Ländern und Gemeinden am 16. Februar angedeutet. Sie enthalten vieles, unter anderem eine Übersichtstafel – das ist das deutsche Wort für Dashboard –, in der Unterkünfte bundesweit strukturell gesammelt werden sollen, um zu sehen, wo noch Unterkünfte in den Gemeinden vorhanden sind. Das ist ein Versuch einer sachlichen Lösung des Problems. Was wir auch mal diskutieren könnten, was ab und zu auch diskutiert wird, ist die Frage, ob in einer angespannten Lage wie der jetzigen – nicht im Normalfall, aber in einer Krisensituation wie der jetzigen – die Pflicht der Flüchtlinge, in staatlichen Aufnahmeeinrichtungen zu wohnen – § 47 Asylgesetz –, gelockert werden kann und in bestimmten Sachlagen die Erlaubnis erteilt werden kann, bei Freunden und Bekannten unterzukommen, wie es auch Ukrainer bei uns ja vielfach tun. Solche Dinge kann man diskutieren; das sind sachliche Ansätze. Das, was Sie hier insinuieren und intendieren, ist jedenfalls alles andere als sachlich. Deswegen wäre ich froh gewesen, diese Diskussion hier heute nicht führen zu müssen. Vielen Dank und ein schönes Wochenende.