Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen! Mit der Anpassung des Allgemeinen Eisenbahngesetzes setzen wir die EU-Verordnung über die Rechte und Pflichten der Fahrgäste im Eisenbahnverkehr konsequent um und gehen sogar noch ein Stück weiter. Gerade in diesen Zeiten, in denen uns Netzausbau, Baustellen, Personalmangel zumindest kurzfristig das Leben schwermachen, in denen große Verspätungen und auch Ausfälle im Bahnverkehr leider keine Seltenheit sind, sind unsere Fahrgastrechte eine echte Errungenschaft: ab 20 Minuten keine Zugbindung mehr, 25 Prozent Entschädigung ab 60 Minuten Verspätung, 50 Prozent ab 120 Minuten, Erstattung von Taxi- oder Hotelkosten, wenn es wirklich mal sehr spät wird. Das sind unkomplizierte Regelungen, an die wir uns bereits – mehr oder minder freiwillig – gewöhnt haben und die uns die Zeit, in der wir massiv in den Ausbau des Schienennetzes und damit zwangsläufig leider auch in Baustellen investieren, etwas leichter machen. Künftig machen wir ebendiese Erstattungsleistungen noch leichter; denn wir verpflichten die Eisenbahnunternehmen, Erstattungs- und Entschädigungsanträge elektronisch anzubieten. Also Schluss mit dem Sich-Fragen, woher genau man den langen grauen Umschlag mit dem Entschädigungsformular bekommt, ob man denn noch genug Briefmarken zu Hause hat und wie man so ein Handyticket eigentlich ausdruckt – und all das nach dem obligatorischen rekordverdächtigen Sprint zum Ersatzzug. Nein, all das muss künftig auch digital und unkompliziert machbar sein. Das ist längst überfällig, und mit diesem Gesetz heben wir die Entschädigungsverfahren auf die Höhe der Zeit. Darüber hinaus werden wir im Allgemeinen Eisenbahngesetz eine zentrale Anlaufstelle für Fahrgäste mit Behinderung oder eingeschränkter Mobilität festschreiben. Was bisher freiwillige Absprachen zwischen Verkehrsunternehmen und Bahnhofsbetreibern sind, wird dadurch Rechtssicherheit für alle Betroffenen. Wer sowieso schon ständig durch Treppen, defekte Aufzüge und falsche Bahnsteighöhen aufgehalten wird, soll nicht noch von Hotline zu Hotline geschickt werden, wenn es darum geht, eine barrierefreie Reise zu planen, um dann letztlich doch ohne Hebebühne vor einem Treppenaufgang des ICE zu stehen. Damit muss nun wirklich endlich Schluss sein. Die Bahnunternehmen und Bahnhofsbetreiber sind dazu verpflichtet, gemeinsam Verantwortung in diesem Bereich zu übernehmen. Das ist genau der richtige Schritt, nicht zuletzt, weil wir damit das Hin und Her zwischen verschiedenen Unternehmen und Betreibern beenden, indem eine zentrale Stelle den gesamten Reiseverlauf im Blick hat, statt nur einzelne Teilabschnitte. Unkompliziert, ganzheitlich, rechtssicher, so soll barrierefreies Reisen sein. Dafür machen wir uns stark – im Rahmen der Anpassung dieses Gesetzes, aber auch darüber hinaus. Und sosehr ich mich über diese Anpassung freue, sosehr weiß ich auch, dass solche Regelungen noch keine Revolution sind, sosehr weiß ich, dass es oft um sehr viel Grundsätzlicheres geht. Spreche ich mit Verbänden und Inklusionsnetzwerken in meinem Wahlkreis, dann höre ich oft, dass es vor allem darum geht, die Betroffenen bei Barrierefreiheitsangelegenheiten endlich miteinzubeziehen, deren Stimme hörbar zu machen und in Entscheidungsprozesse einfließen zu lassen. Wenn wir jetzt darüber reden, die Planung barrierefreier Reisen einfacher zu machen, dann ist das ein wichtiger Schritt. Wir haben in den nächsten Monaten und Jahren aber noch eine lange Strecke vor uns, wenn wir es wirklich ernst meinen mit der Barrierefreiheit. Dann geht es auch um die schnellere Sanierung von Bahnhöfen, den Einbau von Fahrstühlen, gut zugängliche Züge, lesbare Ansagen, hörbare Durchsagen und vor allem ein für alle zugänglichen Bahnhofsvorplatz und, und, und … Denn auch das ist schlicht und ergreifend eine Frage des Respekts. Ich bedanke mich.