Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dass ich hier noch mal stehe, lieber Hubertus Heil, und sage: „Top Gesetz aus diesem Haus!“, habe ich vier Jahre lang nicht vermutet; jetzt sind wir in dieser Situation. Und genauso ist es: Dieser Entwurf zu einem ersten Punkt, zur Verbesserung des inklusiven Arbeitsmarktes, ist bereits ein großer Wurf, und zwar ein großer Wurf mit Blick auf die Stellschrauben, die klassischerweise Durchlässigkeit im Arbeitsmarkt schaffen. Das beginnt bei der Ausgleichsabgabe. Die hat noch gar nicht jeder hier im Haus verstanden, habe ich gerade gehört. Wir schaffen eine vierte Stufe der Ausgleichsabgabe für die Nullerbetriebe: 720 Euro im Monat pro Pflichtarbeitsplatz, Herr Kollege Springer. Das sind knapp 10 000 Euro im Jahr. – Ja, aber er hat die Zahlen in der Weise verglichen, als müsste man die 10 000 Euro aus den Bußgeldern gegen die 720 Euro einmalig aufrechnen. Wenn Sie sich die Zahlen der Vergangenheit mal ansehen, dann stellen Sie fest, dass es bundesweit so zwischen 80 und 140 Bußgeldverfahren im Jahr gegeben hat. In den letzten Jahren, zu denen ich die Zahlen gefunden habe, sind darauf bundesweit Bußgelder in Höhe von 21 000 Euro pro Jahr rechtskräftig festgesetzt worden. Wir haben in Deutschland derzeit etwa 44 300 Betriebe, die keinen einzigen Menschen mit Schwerbehinderung beschäftigen, obwohl sie dazu verpflichtet sind. Die zahlen künftig monatlich 720 Euro. Unterstellte man, dass die alle ihre Zahllast nicht durch Abgaben an die Werkstätten oder durch andere Dinge senken, stehen hier also 450 Millionen Euro 20 000 Euro gegenüber. Das zeigt, was wir hier machen: Wir setzen einen massiven Anreiz zur Mehrbeschäftigung von Menschen mit Behinderung im Arbeitsmarkt, und zwar im ersten Arbeitsmarkt. Das ist genau der richtige Weg, Herr Kollege Springer. Dass das möglich ist, hängt auch miteinander zusammen. Wir gehen nämlich weg von diesen oft ideologisch befrachteten Instrumenten wie Bußgeldvorschriften, die in den letzten Jahren faktisch nichts gebracht haben. Wir reden von 20 000 Euro Bußgeldern, die verhängt wurden, oft verbunden damit, dass der entsprechende Arbeitgeber danach gar nicht mehr mit der Bundesagentur für Arbeit spricht, und vor dem Hintergrund einer Zahl am Arbeitsmarkt, die die Bußgeldvorschrift an sich bereits rechtlich schwierig macht; denn wir haben derzeit etwa 290 000 unbesetzte Pflichtarbeitsplätze in Deutschland, aber nur 170 000 arbeitslose Menschen mit Schwerbehinderung. Selbst die Unterbeschäftigung, die die Bundesagentur ausweist, liegt deutlich unterhalb der Zahl der Pflichtarbeitsplätze. Das heißt, selbst wenn alle Unternehmen alle Menschen einstellen würden, die derzeit schwerbehindert, arbeitslos und arbeitsuchend sind, wären nicht alle Pflichtarbeitsplätze besetzt. Das dann mit Bußgeld zu bewehren, erscheint sehr wenig sinnvoll. Deswegen machen wir genau das Richtige: Wir gehen einen ideologiefreien Weg, der tatsächlich Anreize dafür setzt, dass Menschen in den Arbeitsmarkt integriert werden. Wir machen das konsequent, nicht nur beim Bußgeld und bei der Ausgleichsabgabe, sondern wir gehen ausdrücklich weiter. Wir sagen, dass andere Instrumente wie das Budget für Arbeit genutzt werden sollen – dazu werden wir in der öffentlichen Anhörung Sachverständige hören, die dazu sehr viel beitragen können –; denn die Menschen sind häufig hoch qualifiziert; der Minister hat das ausgeführt. Derzeit wird aber über die Kopplung an den § 18 SGB IV erreicht, dass man im Grunde nur einen Zuschuss auf der Höhe des Mindestlohns bekommt. Was wir jetzt machen, ist, zu sagen: Wir anerkennen die hohe Qualifikation, die Menschen mit Teilhabebedarf auf dem Arbeitsmarkt häufig haben. Genau da setzen wir mit unserer Förderung auch an, indem wir die Kopplung an den § 18 SGB IV loslösen – auch das ein ganz wichtiger Schritt, die hochqualifizierten Menschen in den Arbeitsmarkt zu bringen. Wir lösen mit diesem Gesetzentwurf ein weiteres Problem; denn mit der Ausgleichsabgabe nehmen wir ganz erheblich Mittel ein, die dazu dienen sollen, über Anträge bei den Integrationsämtern Arbeitsplätze so einzurichten, dass, wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer sich einig geworden sind, einen Arbeitsplatz zu besetzen, die technischen und sonstigen Voraussetzungen geschaffen werden können, und zwar schnell und unbürokratisch, damit das auch möglich wird. Das scheitert heute häufig daran, dass die Anträge an das Integrationsamt zwar gestellt werden, aber die Bearbeitungszeiten sehr lang sind, weil es, erstens, eine extrem komplizierte Rechtsmaterie ist, die in den Bundesländern von den zuständigen Gerichten unterschiedlich beschieden wird, und weil, zweitens, eine gewisse Überlastung da ist. Wir sagen jetzt: Das geht nicht mehr zulasten der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer, die sich einig geworden sind, sondern, wenn nach sechs Wochen keine Entscheidung getroffen ist, dann gilt die Genehmigungsfiktion, und alles andere kann man hinterher regeln. Auch das ist ein ganz wichtiger Beitrag, auf die aktuelle Situation einzugehen und diese zu verbessern. Natürlich kann man das Gesetz immer noch verbessern. Interessant, dass der Minister uns dazu auffordert. Ich finde es schon ziemlich gut. Lassen Sie uns auf diesem Weg gemeinsam weitergehen! Das ist ein richtiger Weg. Vielen Dank.